Hallo Kibo,
Ist ein Planet, schwer genug um Wasserstoff zu halten, so wird er in einem jungen Sternensystem um ein Vielfaches mehr Wasserstoff ansammeln, als das mit Sauerstoff möglich wäre.
Das ist richtig. Das Problem für die Entstehung von Leben ist dann, dass sich in diesem Fall Druck- und Temperaturverhältnisse einstellen, die ein Entstehen von Polymeren unmöglich machen. Schauen wir uns die kleineren Gasplaneten Uranus und Neptun mit 14 bzw. 17 Erdmassen an, haben wir dort keine Grenzflächen - weder von gasförmig zu flüssig noch von flüssig zu fest, weil mit Überschreiten der kritischen Drücke der Übergang fließend erfolgt. Nehmen wir an, wir könnten beide Planeten in die solare habitable Zone versetzen, würde sich die Atmosphäre infolge des großen Wasserdampfanteils zusätzlich aufheizen. Der dicke Wassermantel geht nach einigen Hundert Kilometern kontinuierlich in eine darunter liegende Schicht hochkomprimierten Eises über, die sich mehrere Tausend Kilometer dick über dem Kern aus Silikaten und Eisen erstreckt und somit den Zustrom von Spurenelementen in die darüber liegenden Wasserschichten wirksam isoliert. Ohne diese sind aber Katalysen nicht möglich.
Polymere nach Art von Polypeptiden entstehen über Polykondensationsreaktionen, bei denen Wasser als Nebenprodukt entsteht. In einer wässrigen Umgebung muss das Reaktionswasser aber abgeführt werden können, da anderenfalls das chemische Gleichgewicht in Richtung der Ausgangsstoffe verschoben ist. In einem mehrere Hundert Kilometer tiefen Ozean mit einem allmählich immer mehr sich verfestigenden Untergrund aus Hochdruck-Eis gibt es jedoch keine Möglichkeit, das Reaktionswasser wieder loszuwerden, so dass die aus der Atmosphäre vielleicht herabrieselnden Aminosäuren, die über Miller-Urey-Synthesen entstanden sind, im Ozeanwasser verbleiben, bis sie sich wieder in die Ausgangsmoleküle CH4, NH3 und H2O zersetzen, aus denen sie hervorgegangen sind.
Da in den Bereichen, wo sich Wasser befindet, zugleich sehr hohe Temperaturen und sehr hohe Drücke vorhanden sind, könnten längere Molekülketten ohnehin nicht für längere Zeit bestehen, falls sie entstehen sollten. Makromoleküle sind aber nötig, um hinreichend komplexe Stoffwechselvorgänge überhaupt erst zu ermöglichen, die dann in der Summe ein System hervorzubringen, das man als lebendig bezeichnen kann. Folglich sind die Verhältnisse auf Planeten, die ihren Wasserstoff in der Atmosphäre halten können, denkbar ungünstig, dass darauf Leben entstehen könnte. Aber bereits eine Nummer kleiner - die sogenannten Ozeanplaneten - ist aus den genannten Gründen zur Hervorbringung von Organismen denkbar ungeeignet, da auch hier das schiere Überangebot an Wasser eine Synthese sowie eine nachfolgende Anreicherung von Polymeren wirksam ausschließt. Mehr als ein Promille der Gesamtmasse eines Gesteinsplaneten darf die Wassermenge nicht überschreiten, um Uferzonen zu ermöglichen, wo eine Chance besteht, dass aus Monomeren langkettige Polymere werden können.
Leben ohne freien Sauerstoff in der Atmosphäre geht übrigens wunderbar, da auch auf der Erde vor etwa 4 Milliarden Jahren kein Sauerstoff vorhanden gewesen ist. Wäre er vorhanden gewesen, hätten sich die Ausgangsstoffe der Monomere, also Methan, Ammoniak und Schwefelwasserstoff zu Kohlenstoffdioxid, elementarem Stickstoff und Schwefeloxiden zersetzt und wir hätten schon sehr zeitig auf der Erde Verhältnisse gehabt wie heute auf der Venus. Ich habe das
hier (im Abschnitt "Wo entsteht Leben?") übrigens ausführlicher ausgearbeitet.
Viele Grüße!