"Viele-Welten-Deutung"

zabki

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alle Welten

Und damit ist Information verloren gegangen, denn aus dem kollabierten Zustand ist der ursprüngliche Zustand nicht rekonstruierbar; der Kollaps ist nicht umkehrbar; mathematisch: es existiert kein Inverses; physikalisch: aus dem Ort des Elektrons auf dem Schirm hinter dem Doppelspalt ist der Überlagerungszustand des Elektrons nicht rekonstruierbar.

Das ist der wesentliche Unterschied zwischen MWI und orthodoxer Interpretation


Pardon, wenn ich in einer Diskussion, die sich weit, weit außerhalb meines Horzintes abspielt, eine Zwischenfrage stelle:

Müßten nicht, damit eine "Rekonstruktion des Überlagerungszustandes eines Elektrons" möglich ist, alle Welten bekannt sein, die mit dem Auftreffen des Elektrons auf dem Schirm entstanden sind?
 

Dgoe

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Pardon, wenn ich in einer Diskussion, die sich weit, weit außerhalb meines Horzintes abspielt, eine Zwischenfrage stelle
Was soll ich denn sagen, ich hab noch nichtmals so verständnisreiche Fragen.

@Ralf:
Danke für die Blumen. Tatsächlich verspüre ich einen Hauch von Zusammenhang zu den besprochenen Bilinearformen, Körper, Gruppen, etc.
Gleichzeitig allerdings noch weit davon entfernt das Bild des Puzzles als ganzes zu sehen, vom großen AHA.

Ganz toll zugleich, dass Du mir den Einstieg sozusagen etwas geebnet hast, so wie auch Bernhard und alle anderen, Mac, Ich, Tom, Bynaus und wen auch immer ich gerade nicht liste.

Gruß,
Dgoe
 

TomS

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Pardon, wenn ich in einer Diskussion, die sich weit, weit außerhalb meines Horzintes abspielt, eine Zwischenfrage stelle:

Müßten nicht, damit eine "Rekonstruktion des Überlagerungszustandes eines Elektrons" möglich ist, alle Welten bekannt sein, die mit dem Auftreffen des Elektrons auf dem Schirm entstanden sind?
Offensichtlich ist das nicht außerhalb deines Horizontes, denn du stellst exakt die richtige Frage.

Die Frage ist, was "bekannt" bedeutet. Gemäß der VWI xistieren alle Welten im Quantenzustand und somit ist eine reale Rekonstruktion möglich - wenn das Experiment = die Messung exakt rückwärts durchführbar ist. Für genügend gut kontrollierte, mikroskopisch kleine Vorrichtungen funktioniert das; insbs. im Bereich der Quantenoptik ist das bereits Standard. Im makroskopischen Bereich verhindert die Dekohärenz durch das "unkontrollierte Abfließen" der Information in die Umgebung (Apparat, Luft, ...) diese Rekonstruktion. In diesem Fall ist die Kenntnis der Information dadurch limitiert, dass diese anderen Welten für uns sozusagen "verschleiert" werden.

Gemäß der orthodoxen Interpretation verschwindet die Information jedoch tatsächlich.

Kurz gesagt ist die Rekonstruktion gemäß der VWI prinzipiell real möglich, wenn auch praktisch schwierig bis unmöglich. Gemäß der orthodoxen Interpretation ist sie prinzipell unmöglich.
 

Dgoe

Gesperrt
Gibt es denn nicht auch andere Interpretationen, weniger haarsträubend als die VWI und etwas smarter als diese "klassische"?
 

ralfkannenberg

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somit ist eine reale Rekonstruktion möglich - wenn das Experiment = die Messung exakt rückwärts durchführbar ist. Für genügend gut kontrollierte, mikroskopisch kleine Vorrichtungen funktioniert das
Hallo Tom,

bist Du Dir in diesem Punkte sicher ? Es könnte nicht-deterministisches, also chaotisches Verhalten vorliegen und da ist es prinzipiell unmöglich, "rückwärts" zu gehen, weil man in jeder Epsilon-Umgebung Punkte findet, die zu verschiedenen Attraktoren laufen.

Das hat zur Folge, dass eine minimale Abweichung auf einen falschen "Rückwärtspfad" führt.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

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Ja, da bin ich mir sicher.

Prinzipiell umkehrbar bzw. rekonstruierbar bedeutet, dass bei genügend exakter Information ein genügend langer Zeitraum rekonstruierbar ist. Genauere Kenntnis bedeutet genauere Rekonstruktion. Daran ändert auch klassisches Chaos nichts, insbs. weil es prinzipiell quantenmechanisch kein Chaos gibt, denn die Dynamik ist exakt unitär und exakt linear.

Insofern bedeutet Chaos keine prinzipielle Unmöglichkeit sondern eine praktische Beschränkung.
 

ralfkannenberg

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Ja, da bin ich mir sicher.

Prinzipiell umkehrbar bzw. rekonstruierbar bedeutet, dass bei genügend exakter Information ein genügend langer Zeitraum rekonstruierbar ist. Genauere Kenntnis bedeutet genauere Rekonstruktion. Daran ändert auch klassisches Chaos nichts, insbs. weil es prinzipiell quantenmechanisch kein Chaos gibt, denn die Dynamik ist exakt unitär und exakt linear.

Insofern bedeutet Chaos keine prinzipielle Unmöglichkeit sondern eine praktische Beschränkung.
Hallo Tom,

ich bin beleibe kein Chaos-Spezialist, aber ("ja ... - aber"):

Wie kannst Du ausschliessen, dass die Umkehrfunktion einer nicht-deterministischen Funktion ebenfalls nicht-deterministisch ist ? Insbesondere sehe ich nicht, wie Dich Exaktheit vor dem Chaos bewahren kann, da die Exaktheit dank der obigen Epsilon gewährleistet ist.

Ok, die Linearität könnte einen davor möglicherweise bewahren, das liesse sich evtl. noch einfach zeigen. Ich sehe aber momentan nicht, wie.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

TomS

Registriertes Mitglied
Hallo Tom,

ich bin beleibe kein Chaos-Spezialist, aber ("ja ... - aber"):

Wie kannst Du ausschliessen, dass die Umkehrfunktion einer nicht-deterministischen Funktion ebenfalls nicht-deterministisch ist ? Insbesondere sehe ich nicht, wie Dich Exaktheit vor dem Chaos bewahren kann, da die Exaktheit dank der obigen Epsilon gewährleistet ist.

Ok, die Linearität könnte einen davor möglicherweise bewahren, das liesse sich evtl. noch einfach zeigen. Ich sehe aber momentan nicht, wie.


Freundliche Grüsse, Ralf
aber in der QM sind beide Entwicklungen natürlich deterministisch; das Problem ist nicht, dass die Entwicklung nicht-deterministisch wäre; das Problem ist eher, wie aus einer streng deterministischen quantenmechanischen Dynamik eine klassische chaotische Dynamik entstehen kann
 

Dgoe

Gesperrt
Hier wird's für den Mitleser schön einfach zusammengefaßt
Danke 27,

Nur der Link geht nicht. Hier ist er nochmal funktionierend:
http://www.spektrum.de/lexikon/physik/quantenmechanik-und-ihre-interpretationen/11871

Dort steht:
Die Vielwelten-Theorie ist vor allem auf Grund epistemologischer Einwände (insbesondere auf Basis des als Ockham's razor bekannten methodologischen Ökonomieprinzips) kritisiert worden als eine Interpretation, die selbst einer Interpretation bedarf.


Auch Toms Link zu Wikipedia liest sich hervorragend, sehr gut erklärte Übersicht. Dort steht im letzten Satz der Einleitung:
Allerdings löst auch die Dekohärenz das Messproblem nicht vollständig, da sie nicht beschreibt, wie es zum Auftreten eines konkreten Ereignisses (z. B. des Zerfalls eines Atoms) kommt. Hierfür müssen auch im Rahmen des Dekohärenz-Programms zusätzliche Annahmen, wie z. B. das Postulat eines Kollapses oder die Annahmen der viele-Welten-Interpretation, zugrunde gelegt werden.

Melde mich wieder,

Gruß,
Dgoe
 
Zuletzt bearbeitet:

TomS

Registriertes Mitglied
Hier wird's für den Mitleser schön einfach zusammengefaßt ...
Nur leider nicht immer korrekt:

Dort steht:

Die Vielwelten-Theorie ist vor allem auf Grund epistemologischer Einwände (insbesondere auf Basis des als Ockham's razor bekannten methodologischen Ökonomieprinzips) kritisiert worden als eine Interpretation, die selbst einer Interpretation bedarf.
Ockham's razor greift eben gerade nicht auf Ebene der abgeleiteten Phänomene, sondern auf Ebene der Annahmen, Postulate, Axiome etc. Und da ist die VWI sparsamer als alle anderen Interpretationen, d.h. bzgl. Ockham's razor schneidet sie besser ab!

Wie gesagt, ich empfinde die MWI auch als ontologische Zumutung und kann nachvollziehen, dass man da Bauchweh hat. Es gibt gute Gründe, die MWI zu kritisieren. Aber leider wird sie häufig aufgrund elementarer Missverständnisse aus der falschen Perspektive kritisiert. Anders gesagt: Viele Kritiken richten sich nicht gegen die MWI, sondern gegen das, was man fälschlicherweise für die MWI hält!
 
Zuletzt bearbeitet:

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
aber in der QM sind beide Entwicklungen natürlich deterministisch; das Problem ist nicht, dass die Entwicklung nicht-deterministisch wäre; das Problem ist eher, wie aus einer streng deterministischen quantenmechanischen Dynamik eine klassische chaotische Dynamik entstehen kann
Hallo Tom,

da merkt man eben, dass ich kein Physiker bin, obgleich ich dieses Resultat in meinem Vordiplom vermutlich sogar (auswendig gelernt ...) gewusst habe:

Die Schrödingergleichung ist eine partielle Differentialgleichung erster Ordnung in der Zeitkoordinate, die Zeitentwicklung des quantenmechanischen Zustands eines geschlossenen Systems ist also vollständig deterministisch.

Ich lass das nun mal einfach so stehen, zur Verdauung ...


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Ich lass das nun mal einfach so stehen, zur Verdauung ...
Ich ergänze da mal, dass ich Toms Ansicht hier nicht teile, weil aufgrund der Mathematik der Schrödingergleichung lediglich die Zeitentwicklung der Wellenfunktion eindeutig festgelegt ist. Ein Determinismus folgt daraus erst, wenn man - wie in der VWI (?) - annimmt, dass die Wellenfunktion keinen stochastischen Vorgang mit unbekannten Parametern beschreibt.
MfG
 

Dgoe

Gesperrt
lediglich die Zeitentwicklung der Wellenfunktion eindeutig festgelegt ist.
versus

die Zeitentwicklung des quantenmechanischen Zustands eines geschlossenen Systems ist also vollständig deterministisch.

Sehe da nicht so den Unterschied, ausser zwischen
quantenmechanischen Zustand und Wellenfunktion, was ich zuerst synonym verstanden hatte.

Jedenfalls ist mit den unbekannten Parametern doch die Hidden-Variables-Interpretation gemeint, richtig?

Gruß,
Dgor
 

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Sehe da nicht so den Unterschied, ausser zwischen
quantenmechanischen Zustand und Wellenfunktion, was ich zuerst synonym verstanden hatte.
Hallo Dgoe,

da ist m.E. auch kein Unterschied.

Der Unterschied ist eine Stufe darüber, d.h. dass Bernhard der Meinung ist, dass die vollständig deterministische Zeitentwicklung eines quantenmechanischen Zustands nicht ausreichend ist, um von "Determinismus" zu sprechen.

Jedenfalls ist mit den unbekannten Parametern doch die Hidden-Variables-Interpretation gemeint, richtig?
Wo hast Du das denn aufgeschnappt ?


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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