Poincare-Invarianz und die Erhaltung des Energie-Impuls-Vektors

ralfkannenberg

Registriertes Mitglied
Hallo zusammen,

aus der Diskussion über die Psychologie der Trolle hat sich eine Fachfrage ergeben, die den Thread unheimlich spannend macht. Ich denke aber, dass ein solches interessantes Thema in einen angemesseneren Bereich gehört.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Hallo Ralf,

da ich diese Diskussion im verlinkten Thema mit angeregt habe, möchte ich die Thematik hier grob zusammenstellen.

In der klassischen Mechanik (relativistisch und nichtrelativistisch) kann man für ein freies Teilchen eine Lagrange-Funktion angeben. Diese Lagrange-Funktion hängt nur von der Geschwindigkeit des Teilchens ab. Daraus läßt sich dann die Energie- und Impulserhaltung bei der Bewegung des Teilchens ableiten. Die Details dazu kann man in Mechanik-Lehrbüchern nachlesen.

Ein anderer Aspekt liegt in der Struktur der Poincare-Gruppe. Diese Gruppe entspricht der Lorentzgruppe erweitert um raumzeitliche Translationen. Die Poincare-Gruppe ist zehndimensional und zusätzlich eine Lie-Gruppe. Dies bedeutet wiederum, dass über die exp-Funktion jedes Element der Gruppe durch ein Element der zugehörigen Lie-Algebra dargestellt werden kann. In der Quantenmechanik funktioniert das relativ direkt, wenn man einmal von einigen physikalischen Konstanten absieht. So wirkt beispielsweise der Operator exp(iHt) tatsächlich als Zeitverschiebungsoperator auf die Zustände des Hilbertraumes der schrödingerschen Mechanik, also den quadratintegrablen Funktionen.

In der klassischen Mechanik finde ich diesen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Hamilton-Funktion und einer Translation in der Zeit formal weniger direkt. An die Stelle der e-Funkion treten hier vielmehr die hamiltonschen Bewegungsgleichungen. Man könnte hier eventuell eine erweiterte Abbildung O als Generator einer Zeittranslation definieren, die dann Punkte im Phasenraum in der Zeit - gemäß den Bewegungsgleichungen - verschiebt.
MfG
 

TomS

Registriertes Mitglied
Dies bedeutet wiederum, dass über die exp-Funktion jedes Element der Gruppe durch ein Element der zugehörigen Lie-Algebra dargestellt werden kann. In der Quantenmechanik funktioniert das relativ direkt, wenn man einmal von einigen physikalischen Konstanten absieht. So wirkt beispielsweise der Operator exp(iHt) tatsächlich als Zeitverschiebungsoperator auf die Zustände des Hilbertraumes der schrödingerschen Mechanik, also den quadratintegrablen Funktionen.

In der klassischen Mechanik finde ich diesen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Hamilton-Funktion und einer Translation in der Zeit formal weniger direkt. An die Stelle der e-Funkion treten hier vielmehr die hamiltonschen Bewegungsgleichungen.
Das ist aber ausreichend. Es gilt ja

dA/dt = -i[A,H]

dA/dt = {A,H}

Beide Gleichungen kann man formal integrieren.

In unserem Fall geht es aber weniger um die Integration der Bewegungsgleichung, sondern um die Symmetrie. Und diese Symmetrie ist ja direkt auf Ebene der infinitesimalen Gleichungen formulierbar, d.h. wenn eine Observable (Operator, Phasenraumfunktion) A mit H vertauscht, dann ist die A eine Erhaltungsgröße (u.u.). Im Falle der Poincare-Invarianz sind gerade die Generatoren für raumzeitliche Translationen sowie Rotationen Erhaltungsgrößen, d.h. die Poissonklammer / der Kommutator mit H verschwindet.

Innerhalb der Mechanik kann ich mir das nicht recht vorstellen, denn die Funktion exp(Ht) hat dort (im Gegensatz zur QM) keine sinnvolle Bedeutung. Es ist lediglich von der Anschauung her klar, dass die Hamilton-Funktion eine Zeittranslation bewirkt.
Die infinitesimale Variante ist ausreichend.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Im Falle der Poincare-Invarianz sind gerade die Generatoren für raumzeitliche Translationen sowie Rotationen Erhaltungsgrößen, d.h. die Poissonklammer / der Kommutator mit H verschwindet.
Das ist schön formuliert. Bei der mathematisch exakten Umsetzung sind allerdings Begriffe wie symplektische Mannigfaltigkeit hilfreich bis notwendig und das sprengt dann wirklich jeden populärwissenschaftlichen Rahmen.

Interessant fand ich noch die Erwähnung des Casimir Elements.
 
Oben