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Mahananda

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Du behauptest hier so nebenbei, dass Biochemie nicht naturwissenschaftlich erklärbar ist. Das musst du sehr​ gut begründen.

Unsinn. Es geht nicht um Biochemie, sondern um den Schritt der Translation bei der Proteinbiosynthese. Diese vollzieht sich freilich im Rahmen der Naturgesetze, ist aber allein aus diesen nicht ableitbar, sondern erfordert die Berücksichtigung des organisatorischen Kontextes. Beispielsweise lässt sich die Replikation der DNA ohne weiteres aus dem Prinzip der komplementären Basenpaarung ableiten. Ebenso der Schritt der Transkription, wo aus einer DNA-Vorlage ein RNA-Strang erzeugt wird. Bei der Translation hingegen genügt das nicht. Hierbei müssen andere Prozesse einbezogen werden, um aus einer RNA-Vorlage einen Polypeptidstrang zu erzeugen. Und erst die Gesamtheit dieser Prozesse im Zusammenspiel ergibt das, was man üblicherweise als genetischer Code veranschaulicht. Daher ist die Translation nicht einfach auf Chemie reduzierbar, obwohl die Einzelschritte auf chemischen Reaktionen beruhen. Weitergehend sind Organismen als Ganze nicht einfach nur Chemie, sondern darüber hinaus komplexe Organisation, die sich nicht aus der Chemie herleiten lässt, die im Organismus abläuft.
 

Dgoe

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... der eine andere Ebene von Wechselwirkungen darstellt als eine rein chemische bzw. physikalische.
Genau, nämlich eine biologische Ebene. Diese ist nämlich eigentlich so völlig absurd unwahrscheinlich in ihrer Entstehung (so würde ich grob zusammenfassen, was ich von Dir zuletzt gelernt habe), selbst auf Erden, unserer Welt, unserer Erde, dass dies schon das nächsthöhere, insgesamt vielfach komplexere, Level des Daseins einläutet.
Den nächsten Sprung sehe ich im intelligenten Leben, nämlich derart, darüber beispielsweise hier texten zu können.

Dabei sind diese Level, wie ich sie gerade nenne, nicht unbedingt unter sich je komplexer, desto 'höher', sondern jedes für sich enorm. Nur aufbauend aufeinander, wenn man zugrunde liegende miteinbezieht, steigt der Komplexitätsgrad. Damit meine ich, wenn man sinnvoll unterteilt, hat man idealerweise Stufen, wie bei einer Treppe. Dessen Stufen werden nicht größer, sind aber sequenziell abhängig von den unteren.

Finde ich eine anschauliche Vorstellung zumindest.

Gruß,
Dgoe
 
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Mahananda

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Hallo Dgoe,

neben der Unkalkulierbarkeit der Entstehungshäufigkeit von Translation kommt noch hinzu, dass bei der eindeutigen Zuordnung von Aminosäuren zu RNA-Tripletts selektive Prozesse stattgefunden haben, die ebenfalls nichts mit Chemie, dafür aber um so mehr mit Biologie zu tun haben, weil es zunehmend um Effizienz und Fehlerminimierung ging, um das Gesamtsystem (präzelluläre Matrix, aus der sich später echte Zellen entwickelten) stabil zu erhalten. Die damit verbundenen chemischen Prozesse lassen sich zwar detailliert beschreiben, aber dass daraus am Ende biologische Systeme entstehen, leitet sich wiederum nicht aus der Chemie (und der diese zu Grunde liegenden Physik) ab, sondern ergibt sich im Zuge des Zusammenwirkens im Kontext der Umgebungsbedingungen.

Interesseant für dieses Thema ist nun, ob eine ToE auch die Ebene der biologischen Wechselwirkungen (und darauf aufbauend dann die Ebene der Psyche und des Denkens) beschreiben kann, oder ob sie allein auf das physikalische Fundament für dieselben beschränkt bleibt. Falls letzteres zutreffen sollte, würde diese Theorie eben nicht "everything" beschreiben, sondern nur den fundierenden Teilausschnitt desselben und wäre dann eben keine ToE.

Viele Grüße!
 

TomS

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@Mahananda:

Glaubst du, dass insgesamt und auf allen Ebenen Naturgesetze gelten?
Wenn ja, welche?
Wenn nein, welche Prozesse folgen keinen Naturgesetzen? Welchen Gesetzen folgen sie dann?
Welche Naturgesetze auf höherer Ebene können nicht auf Gesetze darunterlegender Ebenen (*) zurückgeführt werden?

(*) ich kenne eigtl. nur Bsp. wo das funktioniert; z.B. sind biochemische Prozesse auf die QM, diese wiederum auf die QED zurückführbar; viele makroskopische / phänomenologische Gleichungen für Festkörper folgen aus der QM
 
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Bernhard

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Diese vollzieht sich freilich im Rahmen der Naturgesetze, ist aber allein aus diesen nicht ableitbar, sondern erfordert die Berücksichtigung des organisatorischen Kontextes.
Da möchte ich mal ganz leise Zweifel anmelden. Bekannt ist vielmehr, dass die Berechnung chemischer Eigenschaften von Molekülen mit Hilfe der Quantenchemie sehr aufwändig wird, weswegen man das aus Zeitgründen bei sehr komplizierten Molekülen schlicht bleiben lässt. Der organisatorische Kontext könnte damit eventuell auf sprachliche Definitionen reduziert werden.

Man kann die Problematik auch mit der Lösbarkeit mathematischer Gleichungssysteme beschreiben. Dort gibt es auch Gleichungen mit mehreren Lösungen (=>Redundanz) oder gar keinen Lösungen, woraus man dann normalerweise einen Satz an Naturgesetzen, bzw. so etwas wie Gesetze eines Metasystems ableiten kann. Mir ist dabei durchaus klar, dass es bei ausreichend komplexen Axiomensystemen Sätze geben kann, die weder beweisbar noch nicht beweisbar sind (Gödelscher Unvollständigkeitssatz) und deshalb als Erweiterungen des Axiomensystems betrachtet werden können. Ob dieser Fall hier vorliegt müsste aber erst bewiesen werden.
 
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Mahananda

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Hallo TomS,

Naturgesetze gelten überall. Was ich anmerke, ist, dass z.B. die Belegung der RNA-Tripletts mit Aminosäuren gemäß des hier zutreffenden genetischen Codes keinem naturgesetzlichen Zwang unterliegt, sondern ein Zufallsresultat ist, dass sich aus den vorliegenden und wirkenden Naturgesetzen nicht ableiten lässt, ohne Prozesse zu berücksichtigen, die ihrerseits Zufallsprodukte sind, obwohl sie sich innerhalb des gültigen Rahmens der Naturgesetze vollziehen.

Und was die Nichtrückführbarkeit betrifft: Der Verlauf der biologischen Evolution ist zwar a posteriori reproduzierbar, wie man anhand der Erstellung von Stammbäumen sehen kann, aber hinsichtlich der verschiedenen Selektionsdrücke im Verlauf der Evolutionsgeschichte nicht auf Physik und Chemie reduzierbar. Was man reduzieren kann, ist der Mechanismus der Mutation.

Viele Grüße!
 

Mahananda

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Hallo Bernhard,

Bekannt ist vielmehr, dass die Berechnung chemischer Eigenschaften von Molekülen mit Hilfe der Quantenchemie sehr aufwändig wird, weswegen man das aus Zeitgründen bei sehr komplizierten Molekülen schlicht bleiben lässt.

Das Problem der Struktur des genetischen Codes geht über die Berechnung komplexer Moleküle hinaus. Du kannst meinetwegen die komplette Nukleinsäurechemie quantenmechanisch durchbuchstabieren, gelangst aber dennoch nicht auf die Entsprechungen zwischen RNA-Tripletts und Aminosäuren.

Viele Grüße!
 

Dgoe

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Man kann die Problematik auch mit der Lösbarkeit mathematischer Gleichungssysteme beschreiben. Dort gibt es auch Gleichungen mit mehreren Lösungen (=>Redundanz) oder gar keinen Lösungen, woraus man dann normalerweise einen Satz an Naturgesetzen, bzw. so etwas wie Gesetze eines Metasystems ableiten kann. Mir ist dabei durchaus klar, dass es bei ausreichend komplexen Axiomensystemen Sätze geben kann, die weder beweisbar noch nicht beweisbar sind (Gödelscher Unvollständigkeitssatz) und deshalb als Erweiterungen des Axiomensystems betrachtet werden können.
Hallo Bernhard,

das muss ich erst mal verdauen, die Unvollständigkeitssätze passen hier sehr gut zum Kontext. Ich hatte sie zwar schon gelesen irgendwann, aber längst wieder vergessen. Danke dafür. Machen sie alleine eine ToE nicht schon unmöglich?

@Mahananda:
#123 spiegelt genau wieder, was ich meinte, nur viel besser formuliert und überhaupt...
Ich suche mal einen passenden Deep-Link heraus zu dem einen Thread.

Gruß,
Dgoe
 

TomS

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... das muss ich erst mal verdauen, die Unvollständigkeitssätze passen hier sehr gut zum Kontext. Ich hatte sie zwar schon gelesen irgendwann, aber längst wieder vergessen. Danke dafür. Machen sie alleine eine ToE nicht schon unmöglich?
Das kommt darauf an, was du von der ToE erwartetest.

Wenn es "nur" um die Möglichkeit geht, alle Prozesse im Universum inkl. dem Universum selbst aus einer mathematischen Theorie (endliches, konsistentes Axiomensystem, Theoreme, ...) abzuleiten, dann stören Gödels Unvollständigkeitssätze nicht.

Wenn es um eine tiefere Begründung oder "Selbsterklärung" dieser Theorie geht, dann ist das offensichtlich nicht möglich, denn i.A. wird die Konsistenz und Vollständigkeit aufgrund von Gödels Sätzen nicht beweisbar sein.
 

Dgoe

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Wenn es um eine tiefere Begründung oder "Selbsterklärung" dieser Theorie geht, dann ist das offensichtlich nicht möglich, denn i.A. wird die Konsistenz und Vollständigkeit aufgrund von Gödels Sätzen nicht beweisbar sein.
Dann wird man also prinzipiell nie genau wissen, ob eine ToE, bzw. ein hervorragend passender ToE-Kandidat, wirklich eine ToE ist. Richtig?

Gruß,
Dgoe

Info: ToE=Theory of Everything, Weltformel
 
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Dgoe

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Glaubst du, dass insgesamt und auf allen Ebenen Naturgesetze gelten?
Du hast zwar Mahananda gefragt, aber ich würde dazu antworten, ja. Die Frage ist nur, wie man Naturgesetze definiert.

Auf der Suche nach schrägen Beispielen, fiel mir die Grammatik ein. Soweit ich weiß, glauben Forscher, dass grundlegende Grammatikstrukturen schon genetisch vorliegen, das Sprachzentrum im Gehirn diese beherbergt, nach der Geburt aber noch rund 2 Jahre und mehr Input und Vokabular, Erfahrung benötigen, sich entfalten zu können (kurz gesagt). Ich kann mich da auch irren und das ist gar nicht Mainstream, aber meine Frage dazu wäre, angenommen dies wäre korrekt:

Ist eine grundlegende abstrakte Grammatikstruktur, wie auch immer diese verdrahtet ist, eine Art Naturgesetz? Sozusagen etwas Fundamentales, das wenn, dann immer so gestaltet ist?


Hier noch kurz geantwortet:
Es existierte sozusagen niemals alleine (bewegungslos), erst in dem Moment in dem die Teilung beginnt, es also nicht mehr nur ein stabiles Etwas ist sondern prinzipiell schon unumstößlich auf dem Weg zwei zu sein und nicht mehr als eine einzelne Einheit betrachtbar, beginnt es/sie zu existieren.
Genau, nur dass die Bewegung auch nach 2 noch weitergeht. Aber "dazu später mehr" ;-)


Gruß,
Dgoe
 

Bernhard

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Das Problem der Struktur des genetischen Codes geht über die Berechnung komplexer Moleküle hinaus. Du kannst meinetwegen die komplette Nukleinsäurechemie quantenmechanisch durchbuchstabieren, gelangst aber dennoch nicht auf die Entsprechungen zwischen RNA-Tripletts und Aminosäuren.
Woher weiß man, dass der genetische Code nicht aus einem energetischen Optimierungsprozess abgeleitet werden kann? Üblicherweise laufen doch diejenigen chemischen Reaktionen ab, welche die Gesamtenergie des Systems minimieren. Vorstellbar wäre zusätzlich auch ein Wechselwirkungsprozess mit Licht, auf das Pflanzen ja sehr sensitiv reagieren. Irgendeine Ursache sollte der Code schon haben. Reiner Zufall ist hier schwer vorstellbar, weil es dann doch keine wiederkehrenden Elemente gäbe?

Leider mehr Fragen, als Antworten, aber das soll ja angeblich die Kreativität auch anregen :) .
 

Bernhard

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Das kommt darauf an, was du von der ToE erwartetest.
Hallo Dgoe,

die Grundlagen für den Begriff ToE wurde in der ersten Hälfte des 20ten Jahrhunderts durch Einstein gelegt. Innerhalb der Physik hat der Begriff ToE heutzutage eine relativ klar abgegegrenzte Bedeutung im Sinne eines Modells, das alle vier Grundkräfte der Physik ausreichend genau und vor allem semantisch widerspruchsfrei beschreibt. Ich denke, in dieser Hinsicht wird es wohl noch Fortschritte geben, aber wie du selbst schon sagst, kann man dabei nie ausschließen, dass man dabei nicht wieder neue Aspekte der Natur entdeckt. Die Zukunft wird es schon zeigen.
 

Mahananda

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Hallo Bernhard,

Irgendeine Ursache sollte der Code schon haben.

Es gibt dazu mehrere Hypothesen. Eine recht plausible ist die, dass zunächst wirklich rein zufällig eine Codon-Belegung mit den gerade zur Verfügung gestandenen Aminosäuren erfolgte, die als Basis-Satz späteren Optimierungen hinsichtlich Fehleranfälligkeit sowie Wechselwirkungen mit dem Aminosäure-Metabolismus unterlag, so dass dann die gängige Standard-Variante herauskam. Mit energetischer Optimierung hatte das nichts zu tun. Die drohende Fehlerkatastrophe infolge zu ungenauer Reproduktion von essentiellen Proteinen war hier der primäre Selektionsdruck. Noch mehr Einzelheiten sind in diesem Überblicksartikel zusammengefasst.

Viele Grüße!
 

TomS

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Das mit dem Zufall ist so eine Sache.

In der klassischen Physik gibt es keinen Zufall, sie ist (für ein abgeschlossenes System = das Universum) vollständig deterministisch.

Für die Quantenmechanik existiert eine Interpretation (relative states nach Everett, gemeinhin many worlds), die (über alle Zweige bzw. Welten hinweg ebenfalls vollständig deterministisch ist (Tegmark betrachtet sie als Ebene-3 Multiversum.
 

Bernhard

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Hallo Mahananda,

man kann mit Hilfe der Molekülphysik bereits einfache Zusammenhänge zwischen Umwelteinflüssen wie Temperatur, Druck, Helligkeit, usw. und der Molekülstruktur beschreiben. Man denke da beispielsweise an das Wasserstoffmolekül bis hin zu molekularem Design: http://en.wikipedia.org/wiki/Molecular_modelling. Inwieweit man diese physikalisch, technische Sichtweise für sich selbst in Anspruch nehmen will, muss aber jeder selbst entscheiden. Die Grenzen zwischen Physik, Chemie und Biologie werden dabei schon etwas fließend. Vielen Dank für die beiden interessanten Links deines Beitrages, inklusive Signatur.
 

Dgoe

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mit welchen Schwierigkeiten die Rekonstruktion der Entstehung der Translation behaftet ist.
Hallo Mahananda,

das klingt doch nach einer Lösung für das Henne-Ei-Problem. Ich kann mir vorstellen, je besser man die Entstehung (der Translation) versteht, desto klarer werden auch mögliche Variationen, zu denen es theoretisch auch hätte führen können.

Die Lektüre habe ich komplett gelesen, jedoch mit einiger Mühe, viele Absätze mehrmals und mit einer gewissen (Verständnis-)Toleranz. Aber spannend. :)

Gruß,
Dgoe
 
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Mahananda

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Hallo Dgoe,

na ja, eine Lösung ist das Modell noch nicht, sondern allenfalls eine Hypothese, die - unter bestimmten recht speziellen Voraussetzungen - vielleicht gangbar gewesen ist. Bereits das Konzept der RNA-Welt ist ein höchst fragiles, um nicht zu sagen, fragwürdiges Gebilde, welches zwar ein gewisses Maß an Plausibilität für sich beanspruchen kann, aber weit davon entfernt ist, ein experimentell abgesichertes Konzept zu sein. Im Artikel werden einige Reaktionen aufgeführt, die durch Ribozyme (RNA-Moleküle mit katalytischen Eigenschaften, vergleichbar mit Protein-Enzymen) bewältigt wurden und die zudem relevant sind für den Vorgang der Translation.

Kritikpunkt ist hier, dass dies unter Laborbedingungen nachgewiesen werden konnte, wo man mit einer Auswahl an Reinstoffen arbeitet, um das in-vitro-System überschaubar zu halten. Inwiefern solche Reaktionen unter Realbedingungen z.B. an hydrothermalen Schloten oder in porösem Vulkangestein ablaufen können, wo neben RNA und Aminosäuren noch andere Stoffe präsent sind, die sich ebenfalls abiogen gebildet haben, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Denkbar ist, dass es eine postulierte reine RNA-Welt möglicherweise nie gegeben hat, weil stets "Verunreinigungen" - auch in Gestalt spontan entstandener kurzkettiger Peptide, die in späteren Entwicklungsstadien des Modells eine Rolle spielen - präsent gewesen sind, die dann den Entwicklungsverlauf unvorhersehbar beeinflusst haben, so dass das vorgeschlagene Modell vielleicht nicht einmal eine grobe Annäherung an die wirklich vorhanden gewesenen Abläufe darstellt.

Einen weiteren Schwachpunkt des Modells benennen Wolf und Koonin selbst, indem sie auf die notwendigen Adaptoren eingehen, die über Selbstacylierung Aminosäuren an sich binden, um sie für die Verknüpfung mit dem späteren Proto-Ribosom bereitzustellen. Problematisch ist hier einerseits die Entstehung der Spezifität der Auswahl der Aminosäuren in Bezug auf die spätere Zuordnung zu den jeweiligen Anticodons (Region bei den späteren tRNA's, mit der sie sich an einen komplementären mRNA-Strang bilden) bzw. Codons (das Gegenstück der Anticodons auf dem mRNA-Strang). Dabei werden drei verschiedene Varianten durchgespielt (ARM, CRM und FAM im Modell), ohne hierbei eine Entscheidung treffen zu können, welche plausibler ist und welche eher nicht.

Der andere kritische Punkt ist die Entstehung einer Vielzahl von tRNA's aus einem einzelnen Vorläufermolekül, aus dem sich alle anderen abgezweigt haben. Es wird zwar von einem Flaschenhals-Ereignis gemutmaßt, aber dennoch ist das alles sehr vage ausgearbeitet, weil eigentlich nur schwer nachvollziehbar im Ablauf.

Ein weiterer Schwachpunkt ist meiner Ansicht nach der Schritt, wo aus dem gestreckten Anteil der kleinen Untereinheit RS ein davon abgelöster eigenständiger gestreckter Strang M wird. Hinreichend lange RNA-Stränge neigen zur Verknäuelung und Schleifenbildung - weshalb sowohl Ribozyme wie auch tRNA entsprechend kompakt aussehen - und können nur über Beteiligung von anderen Molekülen in einer gestreckten Form erhalten werden. Auch die mRNA, die heute als Vorlagestrang zur Proteinbiosynthese dient, bedarf der Flankierung von entsprechend geformten Proteinen, um den Weg zum Ribosom zu finden. Bei Bakterien erfolgt zwar unmittelbar nach der Transkription (Synthese eines mRNA-Strangs an der DNA-Vorlage) die Anheftung von Ribosomen, aber dafür sind heute auch entsprechend effiziente Proteine vorhanden, die dies ermöglichen. In einer RNA-Welt gibt es noch keine Proteine, die hier eingreifen könnten. Von daher ist das Entstehen von gestreckten RNA-Strängen in diesem Kontext eine Voraussetzung, die ihrerseits gewisse Schwierigkeiten aufweist.

Alles in allem ist es dennoch ein Modell, das als Grundlage für weitere Forschungen dienen kann, weil es einerseits sehr detailliert ist und andererseits weitestgehend dem Kontinuitäts-Prinzip verhaftet bleibt. Inwieweit daraus noch mehr werden kann, muss man abwarten. Eine Konkretisierung gibt es z.B. hier von Bernhardt und Tate, worin es insbesondere um die spätere mRNA geht. Vielleicht übersetze ich das auch noch einmal und stelle es als Artikel ein.

Viele Grüße
 

Dgoe

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Hm,

wieder so ein Moment für einen meiner Lieblingssprüche: "einfach ist das einfach nicht". Gemeint, das Nachvollziehen, während es für die Realität sicher ganz einfach und das Naheliegendste war.

In dem Konkretisierungslink steht:
A coding system had been acquired by stealth!
:cool: Irgendwie subversiv, sieht wie Vorsehung/heimliche Absicht aus, war aber gar keine...

Allgemein. Die Entstehung des Lebens und dessen Überlebensprinzipien hat die Natur, synonym zum Universum, hervorgebracht oder anders formuliert, gehört dazu, ist Bestandteil, unter gegebenen Bedingungen - wenigsten mindestens einmal, was ja schon mal nicht keinmal ist (Anthropisches Prinzip).

Meiner unmaßgeblichen Meinung nach hat das mit fundamentalen Naturgesetzen zu tun, die sich vielleicht aus noch fundamentaleren ergeben. Wie das Ganze 'tickt', kann man aber vielleich gerade an diesen komplexen Dingen erkennen, wenn man sie ursächlich aufzuschlüsseln vermag. Dies auch als Bogen zum Topic.

Einige Fragen.
Vorab, das Prinzip der Evolution "survival of the fittest" wurde in der letzten Übersetzung als Begründung genannt für eine eigentlich "vorevolutionäre" Ära, à la diese und jene Resultate waren fitter... Dabei wunderte mich wieder dies, was 'inner Evolution Alltag ist, warum eigentlich ist das so, was bringt das, hier wie dort, vorher wie nacher, allgemein? Warum nicht einfach immer willkürlich, ohne fittest, fitter...?

Vielleicht weil es einfach nicht einfacher ist? Vielleicht weil das schon von woanders bekannte Streben zum geringsten Energieniveau oder -verbrauch omnipräsent ist?

Und noch hypothetischer, aktuell mein Gedanke, vielleicht weil mehr Logik nicht nur mehr Sinn macht, sondern einfach einfacher ist? Alles dahin tendiert? Quasi je mehr Logik, desto weniger Energieaufwand...

Das käme auch wieder Richtung Mathematik iwie.

Also immer Unlogik vermeidend, so weit wie geht. Und weitere Fragen.
Das stelle ich mir gerade wie einen Oponenten zur Entropie vor. Die Entropie schreitet voran als Protagonist, das oben genannte hält dagegen als Antagonist - geht auch umgekehrt, Rollentausch je nach Perspektive.

Stelle ich mal zur Diskussion so...

Gruß,
Dgoe
 
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