Das Guiness-Buch der Weltrekorde algebraischer Körper

ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

mal ein bisschen Small-Talk über algebraische Körper. Wer in der Schule gut aufgepasst hat, hat im Rahmen von mathematischen Themen bei der Algebra noch die Begriffe der Gruppe, des Ringes und des Körpers in Erinnerung. Man kann die Details, was das genau ist, in der Wikipedia oder in jedem Algebrabuch nachlesen, wir wollen das hier nicht tun.

Aber man kann auch etwas populärwissensschaftlich beschreiben, was diese Strukturen können.

So ist eine Gruppe eine Menge von Objekten, auf der man sinnvoll eine Addition und eine Subtraktion machen kann; was sinnvoll bedeutet steht dann in der Wikipedia oder im Algebrabuch.

Ein Ring ist eine Menge von Objekten, auf der man sinnvoll eine Addition, eine Subtraktion und eine Multiplikation machen kann.

Ein Körper ist eine Menge von Objekten, auf der man sinnvoll alle 4 Grundrechenarten machen kann, also eine Addition, eine Subtraktion, eine Multiplikation und mit Ausnahme durch 0 eine Division machen kann.

Auch hier findet man jeweils in der Wikipedia bei den Definitionen, was "sinnvoll" bedeutet. Im Wesentlichen ist das die Abgeschlossenheit, d.h. das Ergebnis liegt wieder in der Menge, es ist stets das Assoziativgesetz und wo vorhanden das Distributivgesetz. Es ist "manchmal" das Kommutativgesetz, d.h. bei der Gruppe gar nicht, beim Ring für die Addition und beim Körper für die Addtion und für die Multiplikation; ausserdem gibt es jeweils auch Neutralelemente und inverse Elemente, mit der Einschränkung, dass das Nullelement kein multiplikatives Inverses haben kann - ein solches könnte man nicht widerspruchsfrei definieren, wobei das nichts mit Unendlichkeiten zu tun hat, das folgt bereits elementar auch in endlichen Mengen.

Ein Ring ist allerdings genügend allgemein definiert, dass hier ein Neutralelement und inverse Elemente nur für die Addition, nicht zwingend aber für die Multiplikation gefordert wird: der Ring der geraden Zahlen ist zweifelsohne eine sinnvolle Struktur, aber er hat kein Element 1.


Ich will den ersten Beitrag nicht überladen, die meisten von Euch kennen diese Begriffe vermutlich schon sehr gut, aber auch für die Laien, damit sie das mal in den richtigen Zusammenhang einordnen können.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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ralfkannenberg

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Hallo zusammen,

üblicherweise fährt man jetzt mit der Gruppentheorie fort. Ich fange aber mal umgekehrt bei den Körpern an, weil diese die strengste Struktur bilden, d.h. eine Struktur, die unserem üblichen Rechnen am meisten verwandt ist.

Vorbemerkung:
Der Körper der rationalen Zahlen (also der positiven und negativen Brüche) dürfte hinreichend bekannt sein. Obgleich dessen Mitglieder dicht liegen, d.h. es gibt keine Löcher bzw. korrekt formuliert: zwischen zwei rationalen Zahlen findet man stets noch eine weitere (z.B. den Mittelwert, da der Mittelwert zweier rationaler Zahlen ebenfalls rational ist), kennt man seit der Antike Zahlen, die sich nicht als Bruch darstellen lassen.

So kann man mit Hilfe von Zirkel und Lineal und Einheitsmassstab ein Quadrat der Seitenlänge 1 konstruieren, dessen eine Ecke im Nullpunkt liegt. Nun piekst man im Nullpunkt einen Zirkel ein und zieht einen Kreis durch die Ecke (1,1), also am Ende der Diagonale. Nach dem Satz des Pythagoras hat diese Diagonale die Länge Quadratwurzel aus 2 und dort, wo dieser Kreis also die x-Achse schneidet, liegen gerade die beiden Lösungen Quadratwurzel aus 2 und minus Quadratwurzel aus 2. Diese sind somit richtige Zahlen, sie sind aber nicht als Bruch darstellbar.

Natürlich ist es nicht verboten, mal die Menge aller Zahlen der Gestalt p + q* sqrt(2) zu betrachten, wobei sqrt(2) = square root(2) die Quadratwurzel aus 2 ist und p und q rationale Zahlen sein sollen. Man nennt diese Menge IQ[sqrt(2)] und nennt sie "die rationalen Zahlen adjungiert Quadratwurzel von 2".

Da 1 / (p+q*sqrt(2) ) mit dem Term p-q*sqrt(2) erweitert werden kann, ist er gleich (p-q*sqrt(2) ) / (p^2 – 2*q^2), also auch von dieser Gestalt. Mit diesem Trick ist es nun einfach, zu zeigen, dass auch IQ[sqrt(2)] ein Körper ist und nennt diese Menge deswegen IQ(sqrt(2)).

Das ist also eine Körpererweiterung.

Völlig analog kann man die rationalen Zahlen statt mit der sqrt(2) auch mit der sqrt(-1) adjungieren, oder auch die reellen Zahlen mit der sqrt(-1); im ersten Falle erhält man die rational-komplexen Zahlen und im zweiten Fall die komplexen Zahlen.

Zu den reellen Zahlen die sqrt(2) zu adjungieren macht indes wenig Sinn, da die sqrt(2) zwar keine rationale, aber natürlich eine reelle Zahl ist.


Nun wollen wir einmal das Guiness-Buch der Körper aufstellen:

Der grösst-mögliche anordbare Körper (bis auf Isomorphie, d.h. letztlich Schreibweise) ist der Körper der reellen Zahlen, d.h. er ist der grösst mögliche Körper, in dem man bei 3 verschiedenen Zahlen r, s und t eine Reihenfolge angeben kann, z.B. r < s < t.

Wenn man auf die Anordbarkeit verzichtet, so gibt es noch einen grösseren Körper, nämlich den Körper der komplexen Zahlen; wie wir in der Vorbemerkung gesehen haben, erhalten wir diesen, wenn man zu den reellen Zahlen noch das imaginäre Element i = sqrt(-1) adjungiert.

Man kann zeigen, dass der Körper der komplexen Zahlen bis auf Isomorphie der grösstmögliche Körper überhaupt ist. Er ist somit auch die grösstmögliche Menge, auf die der Hauptsatz der Algebra anwendbar ist.

Was passiert, wenn man nun noch ein weiteres imaginäre Element j zum Körper der komplexen Zahlen adjungiert ?

Wenn man das richtig macht, d.h. das Produkt i*j einer weiteren imaginären Einheit k zuordnet und j^2 = -1 definiert, so erhält man den Schiefkörper der Quaternionen und erneut kann man zeigen, dass dieser bis auf Isomorphie der grösstmögliche Schiefkörper ist. Ein Schiefkörper ist also eine Verallgemeinerung des Körpers, bei dem die Gültigkeit des Kommutativgesetztes für die Multiplikation nicht gefordert wird. Der Preis ist der, dass der Hauptsatz der Algebra nicht mehr anwendbar ist, aber ansonsten hat auch ein Schiefkörper nach wie vor schöne und starke Eigenschaften.


Freundliche Grüsse, Ralf
 
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ralfkannenberg

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Das ist ja eine eigenartige Grammatik :confused: . Im Hauptsatz fehlt ein Verb und der Nebensatz liest sich auch irgendwie unvollständig :confused: .
Hallo Bernhard,

danke für den Hinweis; das ganze kommt daher, dass ich den Beitrag vorgängig aufgeschrieben und dann noch beim Eintragen geändert und Teile auch noch kopiert habe. Ursprünglich waren die 3 Sätze nur 1 Satz und das Prädikat stand bei der Gruppe und brauchte entsprechend beim Ring und beim Körper nicht wiederholt zu werden. Aus gründen der hoffenltich besseren verständlichkeit habe ich diesen langen Satz dann in 3 Sätze aufgespalten, einen für die Gruppe, einen für den Ring und einen für den Körper. Und ursprünglich hatte ich im Passiv geschrieben, also "auf der ... gemacht werden kann".

Ich habe das nun korrigiert; leider kann ich die Überschrift aber nicht mehr korrigieren, denn Guinness schreibt man mit 2n.


Freundliche Grüsse, Ralf
 

Dgoe

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Hallo Ralf,

ich hatte diesen Thread hier zuerst für einen ganz alten Thread gehalten, den ich mir in Ruhe durchlesen wollte, was ich nun getan habe - und zu meiner Überraschung festgestellt, dass er ganz aktuell war/ist.

Eine Frage: Wie kommst du gerade genau auf p+q ? Warum nicht einfach nur p zum Beispiel? Und diesae dann mal sqrt(2), warum nicht plus? Alles zufällig oder welche genau Absicht verbirgt sich dahinter?

Davon abgesehen, habe ich eine ganze Wolke an Wikipedia-Artikeln aufgeschlagen, inspiriert durch deine Begriffe im Text und auch von in den Artikeln enthaltenen Links.


Hier (aber noch nicht alle gelesen):

Fundamentalsatz der Algebra – Wikipedia
Isomorphismus – Wikipedia
Polynom – Wikipedia
Hierarchie mathematischer Strukturen – Wikipedia
Bijektive Funktion – Wikipedia
Zahl – Wikipedia (Zahlenmenge)
+ viele wegen adjungieren:
Adjunktion – Wikipedia
Adjunktion (Algebra) – Wikipedia
Adjungierte Matrix – Wikipedia
Adjungierter Operator – Wikipedia

kann 'was dauern...

Gruß,
Dgoe


P.S.: ich hatte das Ergebnis im Nenner erst nicht verstanden und dann selber nachgerechnet. Dann war's klar. Für wen es ähnlich erging:
1 / (p+q*sqrt(2) ) mit dem Term p-q*sqrt(2) erweitert => (p-q*sqrt(2) ) / (p^2 – 2*q^2)
Der Nenner: (p+q*sqrt(2) )*(p-q*sqrt(2) )= p^2* - p*q*sqrt(2) + p*q*sqrt(2) - q*sqrt(2)*q*sqrt(2) [letzteres=q^2*2]
= p^2 - 2*q^2
 
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