Hintergrundstrahlung - warum immer noch?

Sisek

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hallo zusammen,
gerade sehen wir, welch faszinierend detailliertes Bild die Sonde Planck von den winzigen Unregelmäßigkeiten liefert,
die vom Augenblick der "Freilassung" der Hintergrundstrahlung berichten.
Eine Frage aus Diskussionsrunden, die ich nicht wirklich verständlich erklären kann:
Warum ist die Hintergrudstrahlung - entstanden zum Zeitpunkt ca 400000 Jahre nach Urknall - nicht längst an unserem
Beobachter-Ort vorbeigeschossen.
Oder so gefragt:
Jeder Punkt des damaligen Raumes sei eine LED. Sie sendet ihr 3000 K heißes Licht in alle Richtungen aus,
während der Raum immer weiter aufquillt.
An einem beliebigen Punkt mitten dazwischen bin eines Tages ICH als Beobachter.
Dann müssen doch alle Photonen, die mal "in meiner Nähe" freigelassen wurden, längt über alle Berge sein
(wenn die Quelle aus ist?).
Blieben die Photonen, die infolge der Ausdehnung "in größere Entfernung" davongetragen wurden ???
und jetzt so nach und nach eintrudeln.
Aber auch die müssten doch mal alle werden???
Wo liegt der Fehler?
(bitte um Nachsicht für einfache Sprache, die ist dann für die Zuhörer gedacht).
 

TomS

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Stell dir vor, du sitzt in einem großen Raum. Zu einem bestimmten Zeitpunkt t=0 werden an JEDEM Punkt des Raumes Blitzlampen gezündet. Dann erreicht dich nach einer Zeit t=x/c das Licht aller Blitzlampen im Abstand x, also von einer Kugelschale mit Radius x, n deren Mitte du sitzt. Umgekehrt ist die Kugelschale, von der dich Lichtblitze zum Zeitpunkt t erreichen, x=ct von dir entfernt.

Wenn der Raum unendlich groß ist, werden dich auch in Zukunft zu jedem beliebigen Zeitpunkt t, t', t', ... noch Lichtblitze aus der Entfernung x, x', x', ... erreichen.
 

sanchez

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Hallo sisek,

vor dem Urknall gab es "keinen" Raum. Es gibt keinen Ort im Universum von dem der Urknall stattgefunden hat. Mit dem Urknall ist Raum erst entstanden. Jeder beliebige Punkt des Universum ist sozusagen der Ursprung des Universums.
Wenn du als Beobachter an verschiedenen Orten die Hintergrundstrahlung zum gleichen Zeitpunkt t (nach Urknall vergleichst) erhälst du das gleiche Ergebnis (die Temperatur der Hintergrundstrahlung).
Wie das mit den Ergebnissen der Planck Sonde vereinbar ist (Anisotropie der Verteilung der Hintergrundstrahlung), oder mit der Raumexpansion bei Beibehaltung der Behauptung das jeder Punkt des Universums Ursprung des Universums ist, weiss ich auch nicht (durch Expansion gibt es ja immer mehr Punkte)
. Vielleicht gibt es Forenuser die mehr dazu beitragen können.

viele Grüsse
sanchez
 

TomS

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Nochmal zu meinem Beitrag: ich wollte zunächst mal sicherstellen, dass das einfache Bild mit den Blitzlampen verstanden ist.

Im Falle des Urknalls kommen noch weitere begriffliche Schwierigkeiten hinzu, nämlich zum einen das expandierende Universum, zum zweiten die Problematik, dass der Urknall nicht an einer Stelle im Raum stattfand, sondern dass er die Entstehung von Raum selbst bedeutet. Und nicht zuletzt dürfen wir uns den Urknall nicht als punktförmiges Singularität vorstellen, wenn wir heute ein unendlich ausgedehntes Universum vorfinden (worauf die aktuellen kosmologischen Modelle und Daten hinweisen). Diese Probleme muss man begrifflich und teilw. anschaulich zu erklären versuchen, aber zunächst sollte - wie erwähnt - das einfachste Beispiel verstanden worden sein.
 

Sisek

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verstanden - oder doch nicht

danke TomS
will wiedergeben, was ich von deinem vereinfachten Kugelschalenmodell verstanden habe - und was nicht.
Also die Kugelschalen sind klar.
Jetzt blitzt es auf unendlich vielen solcher Kugelschalen, und ich gehe davon aus: gleichzeitig.
Frage 1: Geht "gleichzeitig" in einem unendlichen Raum überhaupt?
Weiter in obigem Modell:
Wenn dann das Licht von den näher gelegenen Kugelschalen bei mir "durch" ist, kommen die weiter weg und unendlich so weiter.
Also die Htgr.Strahlg strahlt immer.
Frage 2: Müsste sie dann nicht stetig langwelliger werden, ich meine, mit merklicher Geschwindigkeit langwelliger,
einfach weil die kurzwellige vom Radius x durch ist, und die vom Radius x'' aus großer Entfernung alsbald folgt?
 

TomS

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OK, dsas mit den Kugelkschalen ist so eratmal verstanden; gut

Jetzt blitzt es auf unendlich vielen solcher Kugelschalen, und ich gehe davon aus: gleichzeitig.
Frage 1: Geht "gleichzeitig" in einem unendlichen Raum überhaupt?
In dem von mir genannten Modell ist das eine berechtigte Frage, in der Allgemeinen Relativitätstheorie ist das irelevant, da der Urknall zwar "überall gleichzeitig" stattfand, aber zum Urknall selbst Raum und Zeit singulär waren, d.h. Erklärung und Frage sollte so schon gar nicht gestellt werden.

Wenn dann das Licht von den näher gelegenen Kugelschalen bei mir "durch" ist, kommen die weiter weg und unendlich so weiter.
Also die Htgr.Strahlg strahlt immer.
Genau

Frage 2: Müsste sie dann nicht stetig langwelliger werden, ich meine, mit merklicher Geschwindigkeit langwelliger,
einfach weil die kurzwellige vom Radius x durch ist, und die vom Radius x'' aus großer Entfernung alsbald folgt?
Die Veränderung der Wellenlänge resultiuert nur aus der Tatsache, dass sich der Raum nach Urknall zusätzlich ausdehnt. Das habe ich in meinem Modell bewusst noch weggelassen, aber duhast recht, im Falle des Urknalls muss man das natürlich berücksichtigen.
 

Bernhard Kletzenbauer

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Hallo,

die obigen Überlegungen gingen mir auch schon durch den Kopf. Ehe ich einen neuen Thread eröffne, oder bei aktuelleren Diskussionen einsteige, hänge ich mich lieber hier dran.
Das Beispiel mit den Blitzlampen ist geeignet für eine statische RaumZeit. Da sich die RaumZeit aber ausdehnt, kommt irgendwann mal eine Entfernung, in der die effektive Ausdehnungsgeschwindigkeit der RaumZeit so groß ist wie die Lichtgeschwindigkeit der Blitzlampen-Strahlung. Das Licht aus dieser Entfernung, und noch weiter weg, kommt also nie an unserem Beobachterstandort an.

3000K Temperatur ist meines Wissens nach rötlich-orange. Die "ersten" Beobachter im Universum hätten also rings um sich eine rotglühende Wand gesehen, die immer dunkler rot wird, und heute als Mikrowellen-Wand rings um uns "leuchtet".

Meine Unklarheit bezieht sich nicht auf das Ende der Mikrowellenstrahlung - sondern auf eventuelle Veränderungen. Denn bevor das heiße Ur-Plasma unter 3000K abkühlte war es ja ziemlich turbulent. Auch unter 3000K sollte es wohl recht verwirbelt werden.
Wir haben in einem neuen Gedankenexperiment also keine statischen Blitzlampen, die alle schön den gleichen Abstand zum Nachbarn haben, sondern turbulent umherfliegende, kugelförmige Blitzlampen.
Ein Beobachter von Anfang an (seit Durchsichtigwerden des Plasmas) würde ein stets anderes Muster an Blitzlampen auf der Innenseite seiner immer größer werdenden Lichtwand sehen. Die am weitesten entfernte, jemals für ihn theoretisch wahrnehmbare Strahlung wäre kurz vor derjenigen Blitzlichtschale, die sich zusammen mit der RaumZeit mit Lichtgeschwindigkeit von ihm entfernt. Auf diese Strahlung müßte er fast ewig warten. Da uns aber immer noch Strahlung erreicht, kommt sie noch nicht von dieser End-Wand in Maximalentfernung.
Ich stelle mir deshalb vor, daß für einen Beobachter auch jetzt immer noch turbulente Musteränderungen in der Hintergrundstrahlung erkennbar sein müssen, wenn er 2 Bilder vergleicht, die er in großem Zeitabstand machte.
Wenn man sich aber in Erinnerung ruft wieviel Herausrechnen von Störungen nötig ist, um die Bilder von COBE, WMAP oder PLANCK (Vergleich) zu bekommen, ist es wohl unwahrscheinlich jemals solche Musteränderungen zu erkennen. So etwas wird wohl leider innerhalb der Verfahrenstoleranzen untergehen.

Clear Sky

Bernhard Kletzenbauer
 
Zuletzt bearbeitet:

Ich

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Ein Beobachter von Anfang an (seit Durchsichtigwerden des Plasmas) würde ein stets anderes Muster an Blitzlampen auf der Innenseite seiner immer größer werdenden Lichtwand sehen.
Ja, so ist es.
kurz vor derjenigen Blitzlichtschale, die sich zusammen mit der RaumZeit mit Lichtgeschwindigkeit von ihm entfernt.
Raumzeit kann sich nicht bewegen, und ob der Raum (der sich eigentlich natürlich auch nicht bewegen kann) sich mit LG entfernt oder nicht, sagt nichts aus. Wichtig ist der Ereignishorizont, in gut 46 Mrd. Lichtjahren Entfernung.
Wenn man sich aber in Erinnerung ruft wieviel Herausrechnen von Störungen nötig ist, um die Bilder von COBE, WMAP oder PLANCK (Vergleich) zu bekommen, ist es wohl unwahrscheinlich jemals solche Musteränderungen zu erkennen. So etwas wird wohl leider innerhalb der Verfahrenstoleranzen untergehen.
Ja, vollkommen hoffnungslos. Außer die Menschheit sammelt Daten über viele Millionen Jahre.
 
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