Keine Dunkle Materie in der Milchstrasse

prim_ass

Registriertes Mitglied
Nachdem schon in der Nachbarschaft des Sonnensystems keine Dunkle Materie gefunden wurde, haben nun Bonner Wissenschaftler festgestellt, dass auch in unserer Milchstrasse keine Dunkle Materie mehr Platz findet, was dem Standardmodell der Kosmologie widerspricht.

Dazu eine Link zur Meldung Keine Dunkle Materie in der Milchstrasse

Das dürfte in der Astronomie eine interessante Diskussion entfachen...
 

Sissy

Registriertes Mitglied
Hallo miteinander,

ich verstehe nicht, warum die Wissenschaftler zu ihrem Schluß kommen. Wenn der "Polare Ring" das Ergebnis einer Kollision zweier Galaxien ist, wieso soll er beweisen, daß es im Halo unserer Milchstraße keine DM gibt? :confused:

Nach meinem Verständnis der Gravitationswirkung ist doch egal, in welcher räumlichen Anordnung (äqutoriell oder polar) die Umlaufbahnen fester Körper bzw. Gaswolken um das Zentrum einer GXangeordnet sind.

Um zu postulieren, daß keine DM da ist, müßte die Geschwindigkeitsverteilung der Sterne / Gasmassen vom Zentrum nach außen unterschiedlich sein bei Anwesenheit von DM und beim Fehlen derselben. Eben wegen der Diskrepanz der gemessenen Geschwindigkeiten in der Scheibenebene unserer Galaxie wurde ja postuliert, daß DM mit ihrer Gravitation dafür zuständig ist.

Jetzt hat man einen senkrecht dazu verlaufenden Ring gefunden. Für mich geht aus dem Artikel nicht heraus, ob die angegebene Entfernung von 1 Million LJ der Radius oder der Durchmesser des Rings ist. Ich vermisse auch die Angabe, wie "dick" der Ring ist.

Ich kenne viele Aufnahmen von Galaxien mit Ring nach einer Kollision, da sind die Ringe immer sehr dünn im Vergleich zur innenliegenden Galaxie. Ist es überhaupt möglich, aus den Bewegungsdaten der Sterne/Gasmassen innerhalb eines "dünnen Rings" auf Anwesenheit oder Abwesenheit von DM zu schließen?

Bei einem frontalen Zusammenstoß zweier senkrecht zueinander angeordnetter Galaxien würde ich erwarten, das sich die DM beider GX in dem von den Autoren angegebenen Zeitraum von 10 bis 11 Milliarden Jahren zu einer gleichmäßig verteilten Anordnung entwickelt. Vorzugsweise zu einer Kugel oder einem rotationssymetrischen Elipsoid.

Für Sterne/Gaswolken in der Scheibe spielt es nach meinem Verständnis keine Rolle, ob Kugel oder Elipsoid. Für einen Ring senkrecht zur Galaktischen Scheibe dagegen schon...

Kann mir bitte jemand den Weg erklären, auf dem die Schlußfolgerung basiert? :confused:

Ich habe auch Verständnisprobleme damit, daß alle beobachteten Begleitgalaxien zu dieser Struktur gehören sollen. Unsere Milchstraße schluckt doch seit Milliarden von Jahren kleinere GX aus der lokalen Gruppe. :confused:

Grüße
Sissy
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Sissy,

um es zu erklären, müßte ich die Veröffentlichung lesen und verstehen (Abstract und Conclusions reichte nicht) Dazu brauche ich Zeit, die ich im Moment nicht ausreichend habe.

Die Arbeit dazu findest Du in http://arxiv.org/abs/1204.5176

Wenn diese Arbeit etwas mit Geschwindigkeiten zu tun hat, dann gibt es dazu Gegenbeispiele. Zwei davon
http://fr.arxiv.org/abs/astro-ph/0606240
http://fr.arxiv.org/abs/astro-ph/0508457
hatte mir UMa vor einigen Jahren hier:
http://www.astronews.com/forum/showthread.php?1004-dunkle-Materie&p=13739#post13739
verlinkt. Die haben damals 3D Bewegung, also nicht nur Radialgeschwindigkeit gemessen und beide, GMC und SMC können ohne DM-Halo der Milchstraße, nicht an sie gebunden sein.

Herzliche Grüße

MAC
 

Kosmo

Registriertes Mitglied
Habe davon auch schon gelesen. Wenn wir überall DM indirekt nachweisen außer bei uns, ist dann nicht die Frage erlaubt, ob wir existieren, weil es hier keine DM gibt?
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Angesichts dessen, dass unsere Galaxie dieselbe Rotationskurve zeigt wie viele andere (die auf die Anwesenheit von mehr Masse hindeutet, als durch die leuchtende Materie erklärt werden kann - mit anderen Worten, DM), müsste man eher vermuten, dass diese Erklärung der Rotationskurve falsch ist - was dann aber natürlich universumsweit die DM in Frage stellt. Aber dann kann es natürlich auch sein, dass unsere Annahmen, auf denen die lokale nicht-beobachtung von DM basiert, falsch sind.
 

Knallfrosch

Registriertes Mitglied
Nachdem schon in der Nachbarschaft des Sonnensystems keine Dunkle Materie gefunden wurde, haben nun Bonner Wissenschaftler festgestellt, dass auch in unserer Milchstrasse keine Dunkle Materie mehr Platz findet, was dem Standardmodell der Kosmologie widerspricht.
Das dürfte in der Astronomie eine interessante Diskussion entfachen...

Die Dunkle Materie existiert seit mindestens 2.000 Jahren. Leider lassen sich in diesem Forum keine Abbildungen zum Weltbild des Ptolemaeus einfügen, der die Planeten um dunkle Materien kreisen ließ. Bis zum Vergehen der modernen dunklen Materie werden aber gewiss keine 2.000 Jahre vergehen.
 

CatherinaSforza

Registriertes Mitglied
Solche Erkenntnisse veranlassen mich, dazu der MOG Theorie mehr Beachtung zu schenken, und etwaige Platzhalter der Standartteilchentheorie zu überdenken ;-)
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Catherina,

Solche Erkenntnisse veranlassen mich, dazu der MOG Theorie mehr Beachtung zu schenken, und etwaige Platzhalter der Standartteilchentheorie zu überdenken ;-)
Wenn es tatsächlich so wäre, daß unsere Galaxis keine DM enthält, aber, so wie es für sehr viele Galaxien gemessen wurde, andere doch, dann wäre das das vorzeitige Aus für jede MOG.

Willkommen im Forum!

Herzliche Grüße

MAC
 

CatherinaSforza

Registriertes Mitglied
Vielen Dank für das Willkommen!

Die MOG zeichnet sich doch aufgrund der Modifikation der Gravitationstheorie dadurch aus, komplett auf DM verzichten zu können, oder?

Bisherige Messdaten passen sich immanent gängigen Theorien an, bis jene beginnen, Lücken aufzuweisen ;-)
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Catherina,

Die MOG zeichnet sich doch aufgrund der Modifikation der Gravitationstheorie dadurch aus, komplett auf DM verzichten zu können, oder?
Ja, sie hat aber dasselbe Handicap wie Newton - sie muß für alle beobachteten Galaxien/Galaxienhaufen, nun aber ohne DM, ihre Dynamik erklären. Wenn nun unsere Milchstraße sich anders verhält, als andere, vergleichbare Galaxien, hat sie ein größeres Problem, als die DM Erklärung. Die ist nicht auf eine, zur beobachteten Materie proportionale DM-Menge angewiesen.

Bisherige Messdaten passen sich immanent gängigen Theorien an, bis jene beginnen, Lücken aufzuweisen ;-)
Catherina, wenn es so wäre, gäbe es z.B. diese Veröffentlichung nicht, und damit auch nicht diesen Thread.

Herzliche Grüße

MAC
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Ja, sie hat aber dasselbe Handicap wie Newton - sie muß für alle beobachteten Galaxien/Galaxienhaufen, nun aber ohne DM, ihre Dynamik erklären.

So viel ich weiss, gibt es bisher keine Beobachtungen, die der MOG direkt widersprechen. John Moffat, der Hauptentwickler von MOG, fasst das in diesem Arxiv-Preprint http://arxiv.org/abs/1101.1935 so zusammen:

Modified Gravity (MOG) has been used successfully to explain the rotation curves of galaxies, the motion of galaxy clusters, the Bullet Cluster, and cosmological observations without the use of dark matter or Einstein's cosmological constant.

Wenn man auf Arxiv.org nach "MOG" sucht, sieht man, dass sich zunehmend auch andere Wissenschaftler mit dieser Form der modifizierten Gravitation beschäftigen.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
So viel ich weiss, gibt es bisher keine Beobachtungen, die der MOG direkt widersprechen.
Aus dem englischen Wikipedia-Artikel zur MOG bekommt man den Eindruck, dass die MOG so viele freie Parameter hat, dass man das auch künstlich erzeugen kann, was als Erklärung für natürliche Vorgänge zwar unschön, aber erlaubt ist. Den Masseparameter des Vektorfeldes als Skalarfeld zu behandeln, empfinde ich persönlich allerdings als ziemlich gewagt.

Das Vektorfeld der MOG könnte man letztlich einfach wieder Dunkle Materie nennen.

Den im Eröffnungspost verlinkten Artikel zur Milchstrasse deute ich momentan einfach als neue Erkenntnis zur Masseverteilung rund um die Milchstrasse. Kosmische, bzw. kosmologische Daten mit Hilfe der Dunklen Materie zu modellieren wird dadurch vorerst sicher nicht obsolet.
Gruß
 

CatherinaSforza

Registriertes Mitglied
Lieber Mac,

mit "Lücke" meinte ich gerade jene neue Erkenntnis, und somit die Entstehung dieses Threads. Vielleicht hätte ich bzgl. MOG ein neues Thema erstellen sollen (falls ein solches nicht bereits existiert,sry muss mich hier noch etwas einlesen) :) Qui, es gibt keine direkten Widerlegungen gegen die MOG, sowie auch keine Verifizierungen, so bleiben Theorien stets lebendig^^
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

So viel ich weiss, gibt es bisher keine Beobachtungen, die der MOG direkt widersprechen.
aus der Zusammenfassung des Artikels in ‚Wissenschaft aktuell‘ hatte ich zunächst verstanden, daß es bei den beobachteten Objekten keine, zur leuchtenden Masse unpassenden Geschwindigkeiten geben kann. Das war der Stand, auf dem ich alle dazu passenden Antworten gegeben hatte. Nach einer weiteren halben Stunde lesen (beim Frühstück) im arXiv-Paper, verstehe ich den Artikel ganz anders (möglicherweise aber immer noch nicht richtig). Es geht gar nicht um Geschwindigkeiten, sondern um die, beim Vorhandensein von DM, theoretisch erforderlichen Zwerggalaxien.

Die eh‘ schon zu wenigen der Milchstrasse, gehören nun also noch nicht mal zu einer erwarteten homogenen Verteilung, sondern scheinen zum großen Teil zu einer organisierten Struktur zu gehören.


Was ich aber dabei bisher noch gar nicht verstehe: Welcher Vorgang sorgt dafür, daß bei der Verschmelzung von Galaxien solche Substrukturen homogen verteilt und erhalten bleiben müssen?

Herzliche Grüße

MAC
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Catherina,

mit "Lücke" meinte ich gerade jene neue Erkenntnis, und somit die Entstehung dieses Threads.
OK. Man unterliegt sicher in gewissem Maße der menschlichen Versuchung Beobachtungen nach Vorlieben zu gewichten, aber gerade die Kontroverse zwischen modifizierter Gravitation und DM macht nahezu jeden Versuch, sowas nur einseitig zu sehen, unmöglich.

Herzliche Grüße

MAC
 

SCHWAR_A

Registriertes Mitglied
Das Vektorfeld der MOG könnte man letztlich einfach wieder Dunkle Materie nennen.
Im Prinzip ja, da "DM" ursprünglich mal nur ein Arbeitstitel war.
Inzwischen verknüpft "man" damit aber leider eine ganz bestimmte Vorstellung: die mit Teilchen irgendwelcher Art.
Daher würde ich ganz bewußt MOG abgrenzen von DM, da darin keine Teilchen nötig sind.

Leider ist MOG aber ziemlich verknüpft mit der Moffat'schen MOG, eben: viele freie Parameter!
Daher sollte man doch eine neue Bezeichnung finden:
f(r)-Theorien tun das doch schon, oder?

Herzliche Grüße.
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Daher sollte man doch eine neue Bezeichnung finden:
Hallo SCHWAR_A,

ich bin da noch nicht wirklich überzeugt. Das Vektorfeld der Moffatschen Arbeit ist doch ein einfach ein Proca-Feld und kann damit sofort durch einen Vergleich mit den Eichbosonen der schwachen Wechselwirkung anschaulich gemacht werden, was rückwärts wiederum einen interessanten Aufhänger im Sinne von WIMPs bildet.

Dann allerdings herzugehen und die Ruhemasse dieser Feldquanten einfach als Skalarfeld zu definieren empfinde ich persönlich als ziemlich schräg bis eigenartig :rolleyes: . Sollte das gut gehen, wäre das IMHO ein ziemlicher Glücksgriff.

f(r)-Theorien tun das doch schon, oder?
Was soll ich mir unter f(r)-Theorien genau vorstellen? Ich steh da grade auf dem Schlauch...
Gruß
 
Oben