Ist uns der Mond für die Crash-Theorie zu ähnlich?

Kosmo

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Wenn der Mond also wie angenommen durch einen Einschlag entstanden ist, sollte er zu mindestens 40 Prozent aus dem Material von Theia bestehen - und seine Isotopenverhältnisse sollten sich deutlich von den irdischen unterscheiden. Denn es gilt als sehr unwahrscheinlich, dass Theia exakt dieselbe Isotopenzusammensetzung besaß wie die Erde.

Schön, dass im SPON-Artikel Bynaus zitiert wird. :D Da frage ich (hiermit) doch direkt mal nach Alternativen, die mit der Isotopenzusammensetzung in Einklang zu bringen sind?
 

Alex74

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Was spricht gegen eine beinahe identische Zusammensetzung wenn Theia ein Trojaner-Planet der Erde war und somit gleichzeitig und in gleicher Umgebung wie die Erde entstand? Das bildet soweit ich weiß ja auch die übliche Annahme dafür.
 

Bynaus

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Was spricht gegen eine beinahe identische Zusammensetzung wenn Theia ein Trojaner-Planet der Erde war und somit gleichzeitig und in gleicher Umgebung wie die Erde entstand?

Das kann helfen, aber es ist halt eine "ad-Hoc"-These, für die es keinerlei unabhängige Bestätigung gibt (es gibt auch keinerlei Voraussagen, die man daraus ableiten könnte).

Nun, da es Giant Impact Modelle gibt, bei denen auch der zu vermutende Unterschied in den Wolfram-Isotopen zwischen Erde und Mond in der Messungenauigkeit verschwindet, kann man (leider) auch nicht mehr sagen, dass Theia und Erde aller Wahrscheinlichkeit nach verschiedene Entwicklungsgeschichten hatten, die sich in verschiedenen Wolframisotopenverhältnissen niederschlagen sollten (dh, wenn es so wäre, und die neueren Modelle korrekt sind, würden wir den Unterschied nicht sehen). Da wird man jetzt einfach auf genauere Wolfram-Analysen warten müssen. Wenn Erde und Mond im Wolfram auch bei viel höherer Auflösung immer noch ähnlich sind, kann man das "Theia war ein trojanischer Planet"-Szenario wohl ausschliessen.
 

Heiner Prahm

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Es gab 2005 die gemeinsame Studie der ETH Zürich und der Universitäten Münster, Köln und Oxford die sich mit dem Zerfall von Hafnium-182 zu Wolfram-182 in Mondgestein beschäftigte und daraus das Alter des Erde - Erdmond Systems ableiteten.

Diese Studie ergab, dass sich zum Zeitpunkt der Entstehung des Erdmondes bereits Planeten, wie den Mars im Sonnensystem gab, also im Hadaikum auch die Akkretion der Protoerde aus dem Staub und Gas des frühen Sonnensystems bereits abgeschlossen war und es daher für die verspätere Entstehung des Erdmondes als plausible Erklärungen eigentlich nur der Giant Impact von Theia blieb.

Die neuen Messdaten-Daten scheinen dieser Studie zu widersprechen, es kann sich natürlich um Messungenaugigkeiten bei beiden Studien handeln, oder um falsche Interpretation der Daten usw., aus meiner Sicht ist jedoch die Giant Impact Theorie weiterhin plausibler, denn ich könnte mir nicht vorstellen, wie sich sonst ein solch eher ungewöhliches System gebildet hätte.

http://idw-online.de/pages/de/news138356
 

Bynaus

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Diese Studie ergab, dass sich zum Zeitpunkt der Entstehung des Erdmondes bereits Planeten, wie den Mars im Sonnensystem gab, also im Hadaikum auch die Akkretion der Protoerde aus dem Staub und Gas des frühen Sonnensystems bereits abgeschlossen war und es daher für die verspätere Entstehung des Erdmondes als plausible Erklärungen eigentlich nur der Giant Impact von Theia blieb.

Ja, der Mars hat sich früh gebildet. Aber das heisst nicht zwingend, dass auch die Erde sich so früh gebildet haben muss. Simulationen der Akkretion der Felsplaneten legen nahe, dass man Marsgrosse Körper in wenigen Millionen Jahren machen kann, erdgrosse aber deutlich länger (mehrere 10 Mio Jahre) brauchen. Da wir darüber hinaus keine Proben von Venus und Merkur haben (anhand derer wir deren Alter bestimmen könnten), ist es schwierig, hier generelle Zusammenhänge abzuleiten.

Das Alter des Mondes ist nun schon mehrere Male revidiert worden, und ich würde sagen, irgendwas zwischen 30 und 130 Mio Jahren (nach den ersten Kondensaten, dh, 4568 minus 30 oder 4568 minus 130) wird es wohl sein. Er ist also tatsächlich deutlich später als Mars entstanden, und das legt durchaus einen Giant Impact nahe.

Die neuen Messdaten-Daten scheinen dieser Studie zu widersprechen, es kann sich natürlich um Messungenaugigkeiten bei beiden Studien handeln, oder um falsche Interpretation der Daten usw., aus meiner Sicht ist jedoch die Giant Impact Theorie weiterhin plausibler, denn ich könnte mir nicht vorstellen, wie sich sonst ein solch eher ungewöhliches System gebildet hätte.

Die Giant Impact Theorie ist sicher nach wie vor die plausibelste Erklärung (vor allem, was die physikalischen Grundparameter des Erde-Mond-Systems angeht). Aber vielleicht verstehen wir den Giant Impact (oder was unmittelbar danach kam) im Detail eben nicht ganz so gut, wie wir bisher dachten.
 

DELTA3

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Da wir darüber hinaus keine Proben von Venus und Merkur haben (anhand derer wir deren Alter bestimmen könnten), ist es schwierig, hier generelle Zusammenhänge abzuleiten.

Wieviele Proben braucht man denn für eine genaue Analyse? Ich könnte mir vorstellen, dass eine einzige Gesteinsprobe für eine globale Analyse nicht ausreicht. So könnte ich mir auch vorstellen, dass die Proben, die wir vom Mond haben, nicht unbedingt repräsentativ sind. Könnte es da nicht regional grössere Unterschiede geben, so dass die Isotopenverhältnisse in den Proben variieren könnten und die gemessenen Unterschiede innerhalb der Variationsbreite liegen?

Geht man eigentlich bei der Giant Impact Theorie davon aus, dass sich Erd- und Impactmaterial homogen vermischt hat? Dann müsste das Material ja auch auf der Erde gut vermischt sein und es sollte keine grösseren Unterschiede zwischen Erde und Mond geben.

Gruss, Delta3.
 

Bynaus

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Wieviele Proben braucht man denn für eine genaue Analyse? Ich könnte mir vorstellen, dass eine einzige Gesteinsprobe für eine globale Analyse nicht ausreicht. So könnte ich mir auch vorstellen, dass die Proben, die wir vom Mond haben, nicht unbedingt repräsentativ sind. Könnte es da nicht regional grössere Unterschiede geben, so dass die Isotopenverhältnisse in den Proben variieren könnten und die gemessenen Unterschiede innerhalb der Variationsbreite liegen?

Nun, alle Mondproben, die in der Arbeit von Zheng et al. untersucht wurden, haben innerhalb enger Grenzen identisches Isotopenverhältnis (nach Korrektur der Effekte der galaktisch kosmischen Strahlung), und diese Proben stammen von ganz unterschiedlichen Gebieten. Man müsste also schon postulieren dass, sagen wir, der Mond tief im Inneren (oder auf der Rückseite) isotopisch anders zusammengesetzt ist als an der Oberfläche (bzw. der Vorderseite, wo die Mondlandungen stattfanden). Gleiches gilt für die Erde. Da sowohl Erde und Mond wohl zu einem Zeitpunkt gleich dem Giant Impact vollständig aufgeschmolzen waren, nimmt man in der Regel an, dass sie intern homogen sein sollten.

Geht man eigentlich bei der Giant Impact Theorie davon aus, dass sich Erd- und Impactmaterial homogen vermischt hat? Dann müsste das Material ja auch auf der Erde gut vermischt sein und es sollte keine grösseren Unterschiede zwischen Erde und Mond geben.

Das ist ja gerade das Problem. In allen Giant Impact Simulationen bildet sich der Mond immer zu mindestens 40% aus Impaktormaterial (bis hinauf zu etwa 80%). Die heutige Erde besteht aber aus weniger als 10-20% Impaktormaterial (weil der Impaktor 10-20% der Erdmasse hatte). Entsprechend ergeben sich isotopische Unterschiede, wenn 1) der Impaktor isotopisch verschieden war und 2) das Material in der Scheibe, aus der sich später der Mond bildet, nach dem Giant Impact nicht mit der darunter liegenden Erde homogenisiert wurde.
 

Heiner Prahm

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Die Giant Impact Theorie ist sicher nach wie vor die plausibelste Erklärung (vor allem, was die physikalischen Grundparameter des Erde-Mond-Systems angeht). Aber vielleicht verstehen wir den Giant Impact (oder was unmittelbar danach kam) im Detail eben nicht ganz so gut, wie wir bisher dachten.

Deine und meine Antwort haben sich überschnitten, daher bleibt für mich die Frage (die sich mir eigentlich seit meiner Kindheit stellt): "Woher kommt 'dieser' doch sehr spezielle Erdmond"?

Also beim Titan kann ich es mir noch gut vorstellen, auf Grund seiner für einen Mond einmaligen dichten und wolkenreichen Atmosphäre, dass er eigentlich mal ein Planet war und dann vom Saturn lediglich eingefangen wurde, aber das denke ich nicht beim Erdmond. Auch Überlegnungen wie die Abspaltungstheorie, die Schwesterplanet - Theorie. die Öpik -Theorie, die Viele – Monde - Theorie machen irgendwie wenig Sinn ... daher denke ich Theia und der Giant Impact machen Sinn!

Ich persönlich habe auch noch andere Überlegungen, die sind zwar nicht wissenschaftlich begründet, aber was wäre wenn z.B. ein kleines schwarzer Loch mit sagen wir mal acht bis zehn Sonnenmassen unser Sonnensystem gestreift hätte? Das würde zumindest erklären warum die Dichte an interstellarem Material (also Asteroiden und Kometen die z.B. die Erde bedrohen in unserem Sonnensystem in Erdnähe vergleichsweise gering ist). Es könnte aber auch erklären, wie es möglich ist das ein kleiner 'Planet' wie der Mond, der in etwa so groß ist wie der Merkur aus seiner Bahn geraten ist und von einer Protoerde eingefangen wurde. Und da sich beide Objekte praktisch im gleichen Abstand befunden haben, sind auch ihre chemischen Elemente nahezu identisch. Letztlich ist der Erdmond, der sich bis dahin aus demselben Material wie die Erde gebildet hat, rein auf Grund seiner Nähe zur Erde, nichts weiter als ein fünfter Gesteinsplanet.
 

Bynaus

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Also beim Titan kann ich es mir noch gut vorstellen, auf Grund seiner für einen Mond einmaligen dichten und wolkenreichen Atmosphäre, dass er eigentlich mal ein Planet war und dann vom Saturn lediglich eingefangen wurde

Das Einfangen eines Planeten ist gar nicht so einfach - denn wenn der künftige Mond sich dem Planeten nähert, hat er ja eine Geschwindigkeit, die über der Fluchtgeschwindigkeit des Planeten liegt (an allen Punkten seiner Bahn während des Vorbeiflugs). Diese Geschwindigkeit bzw. dieser Impuls muss irgendwie abgebaut werden, etwa durch Bremsung in einer grossen Zirkumplanetaren Wolke, oder durch den Verlust eines Satelliten. Man geht deshalb davon aus, dass Titan wie alle anderen regulären Saturnmonde in einer "protoplanetaren" Scheibe um Saturn entstanden ist. Die irregulären Satelliten an den Rändern der Stabilitätszone der Gasriesen (sowie Triton) hingegen sind wohl eingefangene Asteroiden.

Das würde zumindest erklären warum die Dichte an interstellarem Material (also Asteroiden und Kometen die z.B. die Erde bedrohen in unserem Sonnensystem in Erdnähe vergleichsweise gering ist).

Um den Kuipergürtel bei 60 AU zu "beschneiden", braucht es kein Schwarzes Loch - ein naher Vorbeiflug eines Sterns reicht auch. Aber bei dem Verlust an Asteroiden und Kometen haben wohl auch die Gasriesen bzw., nach dem "Nizza-Modell", deren Instabilität etwa 700 Mio Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems einen Teil beigetragen. Es gilt auch zu beachten, dass unser Sonnensystem wohl eher sowas wie eine "mittlere" Konzentration von solchen Objekten aufweist. Planetensysteme mit exzentrischen Gasriesen etwa haben typischerweise viel weniger Staub, dh, viel weniger staubproduzierende Körper, als das Sonnensystem.

Es könnte aber auch erklären, wie es möglich ist das ein kleiner 'Planet' wie der Mond, der in etwa so groß ist wie der Merkur aus seiner Bahn geraten ist und von einer Protoerde eingefangen wurde.

Das stelle ich mir sehr schwierig (= sehr viele verkettete, grosse Zufälle) vor... Zudem darfst du gleichzeitig nicht auch noch die Bahnen der anderen Planeten destabilisieren.

Der Erdmond als unabhängiger Gesteinsplanet hat auch noch ein weiteres Problem: den geringen Eisengehalt des Mondes. Der Mond hat knapp 10% Eisen, selbst wenn man das mit Sauerstoff verbundene Eisen im Mantel dazuzählt. Die Erde, zum Vergleich, hat 30%, ebenso wie Chondriten, die primitivsten Meteoriten, aus denen sich wohl die Planeten gebildet haben. Wenn der Mond einst ein unabhängiger Planet war, muss man eine Erklärung anbieten können, warum er so eisenarm ist. Formt man ihn hingegen aus den Trümmern des Mantels von Theia und der Erde, ergibt sich die Eisenarmut schlüssig aus dem Modell.
 

DELTA3

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Das ist ja gerade das Problem. In allen Giant Impact Simulationen bildet sich der Mond immer zu mindestens 40% aus Impaktormaterial (bis hinauf zu etwa 80%). Die heutige Erde besteht aber aus weniger als 10-20% Impaktormaterial (weil der Impaktor 10-20% der Erdmasse hatte). Entsprechend ergeben sich isotopische Unterschiede, wenn 1) der Impaktor isotopisch verschieden war und 2) das Material in der Scheibe, aus der sich später der Mond bildet, nach dem Giant Impact nicht mit der darunter liegenden Erde homogenisiert wurde.

OK, das Argument habe ich verstanden. Aber warum geht man denn davon aus, daß die Isotopenzusammensetzung bei dem Impaktor anders war als bei der Erde? Wenn er mit der Erde kollidierte, dann muß er sich doch in einer ähnlichen Bahn wie die Erde um die Sonne bewegt haben und wahrscheinlich auch dort unter ähnlichen Bedingungen wie die Erde entstanden sein.

Was die Mondproben betrifft, da bin ich eigentlich erstaunt, daß die so weitgehend identisch sind. Die Mondoberfläche besteht doch überwiegend aus Einschlagskratern, da müssten die Proben doch viel mehr unterschiedliches Impaktmaterial aufweisen.
Ich denke, daß man einfach nicht genügend Bodenproben vom Mond hat, die solche globalen Schlussfolgerungen erlauben. Schliesslich ist es nicht so einfach, dort rumzulaufen und Bodenproben in beliebiger Menge an gezielten Orten und Bodentiefen einzusammeln, wie auf der Erde.

Gruss, Delta3.
 

Bynaus

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Aber warum geht man denn davon aus, daß die Isotopenzusammensetzung bei dem Impaktor anders war als bei der Erde?

Weil ausser dem Mond praktisch jedes andere Objekt im Sonnensystem (das wir kennen: sprich, Asteroiden + Mars) eine andere Isotopenzusammensetzung als die Erde hat. Das deutet darauf hin, dass die Scheibe, aus der sich die Planeten bildeten, grosse isotopische Unterschiede aufwies. Wenn man sogenannte "n-body"-Simulationen von Planetenakkretion macht, dann kommt dort in der Regel raus, dass es eine relativ starke radiale Durchmischung der Planeten-Embryos gibt, dh, die Erde kann z.B. zu 20% Material von innerhalb der Venusbahn, 30% Material von innerhalb der Erdbahn und 50% Material von ausserhalb der Erdbahn bestehen. Deshalb würde man annehmen, dass die Erde eine Art "Durchschnitt" der gesamten Scheibe wiedergibt (=> Voraussage: Erde = Venus), während der Impaktor eher die Zusammensetzung seiner Herkunftsregion wiederspiegeln sollte (=> Voraussage: Erde =/= Mars, wenn Mars ein überlebender Embryo ist => wird auch so beobachtet). Klar kann diese "zufälligerweise" gerade ähnlich wie die Scheibe als ganzes gewesen sein - aber es gibt keinen Grund, warum man das a priori annehmen sollte, denn zumindest was diese Simulationen angeht, kann der Impaktor von überall her kommen. Vielleicht sogar von jenseits der Schneelinie.

Die Mondoberfläche besteht doch überwiegend aus Einschlagskratern, da müssten die Proben doch viel mehr unterschiedliches Impaktmaterial aufweisen.

Gibt es schon auch, aber solche Dinge kann man rechnen, und die spielen heute keine grosse Rolle mehr (es verteilt sich zu gut).

Ich denke, daß man einfach nicht genügend Bodenproben vom Mond hat, die solche globalen Schlussfolgerungen erlauben.

Ich stimme dir sofort zu, dass wir nicht genügend Bodenproben haben. Aber wenn die 400 kg Mondmaterial allesamt dieselbe isotopische Zusammensetzung aufweisen, obwohl sie an verschiedensten Orten und geologischen Umgebungen gesammelt wurden (und auch starke Unterschiede in der Hauptelementzusammensetzung und der Enstehungsgeschichte aufweisen), dann scheint es zumindest plausibel, dass diese in allen Proben beobachtete isotopische Zusammensetzung jene des Mondes insgesamt wiederspiegelt.
 

ismion

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Wenn man sogenannte "n-body"-Simulationen von Planetenakkretion macht, dann kommt dort in der Regel raus, dass es eine relativ starke radiale Durchmischung der Planeten-Embryos gibt, dh, die Erde kann z.B. zu 20% Material von innerhalb der Venusbahn, 30% Material von innerhalb der Erdbahn und 50% Material von ausserhalb der Erdbahn bestehen. Deshalb würde man annehmen, dass die Erde eine Art "Durchschnitt" der gesamten Scheibe wiedergibt (=> Voraussage: Erde = Venus), während der Impaktor eher die Zusammensetzung seiner Herkunftsregion wiederspiegeln sollte (=> Voraussage: Erde =/= Mars, wenn Mars ein überlebender Embryo ist => wird auch so beobachtet).

Hast Du dazu ein Paper oder einen Link? Das würde mich mal interessieren. Die Vermischung innerhalb der Scheibe muss ja getriggert werden durch "globale" Instabilitäten, die ein großes Drehimpuls-Austausch-Wirrwarr ergeben. Zudem fänd ich die Anfangsbedingungen der Simus mal ganz interessant. Ob man von einer bestimmten Verteilung ausgeht?Wenn ja, durch welche Argumentation wird diese gestützt?

Ich bin mir nicht sicher, inwieweit meine Aussage jetzt Mumpitz ist. Aber könnte nicht in der Frühzeit eine Supernova einige Elemente in unsere Nähe befördert haben? Dann hätte man eine Element-Vielfalt und die Einfang-Theorie würde wieder plausibeler...Als Gegenargument fällt mir jedoch direkt ein, dass man bestimmt Supernova-"reste" finden müsste.

Zum Thema Einfang: Eine Kombination aus Runaway-Akkretion und Impulsverlust durch Reibung mit der Scheibe könnte den Einfang unterstützen. Aber das ist nur Brainstorming am Abend, aber jeder Kommentar/jede Berichtigung ist mir willkommen :)
 

DELTA3

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...dann scheint es zumindest plausibel, dass diese in allen Proben beobachtete isotopische Zusammensetzung jene des Mondes insgesamt wiederspiegelt.

Da stimme ich dir auch zu. Aber warum sollte die Tatsache, daß die Isotopenverhältnisse der Mondproben sich nur minimal von denen der Erde unterscheiden, die Giant Impact Theorie in Frage stellen? Dazu muss es doch keine zwingende Voraussetzung sein, daß der Impaktor eine andere Isotopenzusammensetzung hatte!

Gibt es denn alternative Theorien, die durch die gefundenen Isotopenverhältnisse wahrscheinlicher werden?

Gruss, Delta3.
 

Bynaus

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@ismion: Ich hab das hier gefunden: http://adsabs.harvard.edu/abs/2008IAUS..249..233R (inkl. Link zu Arxiv-Publikation) aber ich bin sicher, man würde mehr dazu finden, wenn man mehr Zeit investiert (einfach bei ADS nach "terrestrial planet formation radial mixing" o.ä. suchen).

@DELTA3:
Dazu muss es doch keine zwingende Voraussetzung sein, daß der Impaktor eine andere Isotopenzusammensetzung hatte!

Ja, aber aus den oben genannten Gründen (Variation in anderen Sonnensystem-Objekten, Hinweise auf radiale Variation in bestimmten Isotopenzusammensetzungen quer durch das Sonnensystem, Erde als grosse Scheibenmischung vs. Impaktor/Mars als lokale Mischung) erwartet man das auch.

Ein interessanter Aspekt ist übrigens, dass die Erde und der Mond die gleiche Silizium-Isotopenzusammensetzung haben, die sich ihrerseits stark von allen anderen unterscheidet. Man vermutet, dass dies davon kommt, dass die Erde gross genug ist, um Silizium teilweise in den Kern einzubinden, was das Silizium fraktioniert. Dieser Prozess wird aber erst ab ca. 15-20% der Erdmasse effektiv, vorher erwartet man das nicht (der Mars mit 11% der Erdmasse oder Vesta mit einer nochmals deutlich kleineren Masse etwa zeigen den Effekt nicht, ebensowenig wie die sog. Enstatit-Chondriten, eine Klasse von Meteoriten, deren Isotopenzusammensetzung ansonsten der Erde sehr ähnlich ist). Da der Mond die gleiche Silizium-Isotopenzusammensetzung wie die Erde hat, aber natürlich kein Silizium in seinen Kern eingebunden haben kann, muss er entweder hauptsächlich aus Erdmaterial bestehen, oder aber der Impaktor selbst hatte eine Masse von 15-20%.

Und nein, zur Zeit gibt es keine plausiblen, alternativen Theorien.
 

DELTA3

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Ein interessanter Aspekt ist übrigens, dass die Erde und der Mond die gleiche Silizium-Isotopenzusammensetzung haben, die sich ihrerseits stark von allen anderen unterscheidet. Man vermutet, dass dies davon kommt, dass die Erde gross genug ist, um Silizium teilweise in den Kern einzubinden, was das Silizium fraktioniert.

Davon verstehe ich leider nicht viel, aber das ist für mich überraschend. Wie lange dauert denn dieser Fraktionierungs- Prozess? Denn das bedeutet ja, daß der Fraktionierungsprozess schon vollständig abgeschlossen sein musste, als der Mond von der Erde getrennt wurde, da im Mond keine Fraktionierung mehr stattfinden konnte. Das wiederum bedeutet, daß die Erde deutlich vor dem Mond entstanden sein muss und stützt damit die Giant Impact Theorie. Allerdings muss diese Fraktionierung dann auch schon beim Impaktor vorhanden gewesen sein, denn sonst müsste es ja Unterschiede zwischen Erde und Mond geben.

Da der Mond die gleiche Silizium-Isotopenzusammensetzung wie die Erde hat, aber natürlich kein Silizium in seinen Kern eingebunden haben kann, muss er entweder hauptsächlich aus Erdmaterial bestehen, oder aber der Impaktor selbst hatte eine Masse von 15-20%.

Müsste dann der Impaktor nicht auch aus Erdmaterial bestanden haben? Andernfalls müsste es ja irgendwelche Unterschiede geben.

Und nein, zur Zeit gibt es keine plausiblen, alternativen Theorien.

Wer weiss? Vielleicht haben wir ja die ganze Planetenentstehung noch nicht richtig verstanden...

Weil ausser dem Mond praktisch jedes andere Objekt im Sonnensystem (das wir kennen: sprich, Asteroiden + Mars) eine andere Isotopenzusammensetzung als die Erde hat. Das deutet darauf hin, dass die Scheibe, aus der sich die Planeten bildeten, grosse isotopische Unterschiede aufwies.

Wie kommen diese Unterschiede zustande? Bei der Sternentstehung kollabiert doch eine weitgehend homogene Gas- und Staubwolke, aus der dann eine protoplanetare Gas- und Staubscheibe um die entstehende Sonne hervorgeht. Da müsste doch auch schon ein Fraktionierungsprozess stattgefunden haben, um diese radialen Unterschiede zu erklären?

Gruss, Delta3.
 

Bynaus

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Allerdings muss diese Fraktionierung dann auch schon beim Impaktor vorhanden gewesen sein, denn sonst müsste es ja Unterschiede zwischen Erde und Mond geben.

Eben. :) Entweder kommt fast alles Mondmaterial von der Erde, oder der Impaktor muss massiv genug gewesen sein, um Silizium in den Kern zu packen.

Müsste dann der Impaktor nicht auch aus Erdmaterial bestanden haben?

Der Impaktor selbst? Das wäre recht seltsam, wie wird er denn zum Impaktor, wenn er mal Teil der Erde war?

Wie kommen diese Unterschiede zustande? Bei der Sternentstehung kollabiert doch eine weitgehend homogene Gas- und Staubwolke, aus der dann eine protoplanetare Gas- und Staubscheibe um die entstehende Sonne hervorgeht. Da müsste doch auch schon ein Fraktionierungsprozess stattgefunden haben, um diese radialen Unterschiede zu erklären?

Tja, da machst du jetzt ein riesiges Diskussionsfeld auf, auf dem seit bald Jahrzehnten bittere Schlachten ausgetragen werden. :)

Beim Sauerstoff scheint es eine gewisse Einigkeit zu geben, dass das "self-shielding" eine Rolle spielt. UV-Strahlung von der frühen Sonne spaltet häufige Moleküle, in denen es Sauerstoff gibt (vorwiegend CO und H2O). Da Sauerstoff-16 so häufig ist, werden bald alle UV-Strahlen, die die richtige Frequenz haben, um 16O-Verbindungen zu trennen, rausgefiltert, während UV-Strahlen, die 17O und 18O trennen, weiter durch die Wolke fliegen und auch noch tief in der Wolke drin solche Verbindungen spalten, so dass sie häufiger bzw. weniger häufig in sich aus dem Gas bildenden Gesteinen vorhanden sind. Daraus ergibt sich eine steile Linie mit Steigung 1 im Sauerstoff-Dreiisotopendiagramm. Siehe hier:

http://www4.nau.edu/meteorite/Meteorite/Images/MeteoriteOxygen9.jpg

Die primitivsten Chondriten (die kohligen Chondriten, mit "C" in der Typenbezeichnung) plotten auf dieser Geraden. Die Linien mit Steigung 1/2, die davon weggehen, sind massenabhängige Fraktionierunslinien, wie sie bei "normalen" Fraktionierungen auftreten. Im Diagramm eingezeichnet ist beispielhaft die Linie für die Erde (dh, wenn man irdisches Material nimmt und z.B. aufheizt, so dass es verdampft, werden sich die gemessenen Sauerstoffisotopenverhältnisse immer auf dieser Linie befinden). Wie man sieht, plottet der Mond auf der Linie der Erde. Mit Ausnahme der Enstatit-Chondriten und Aubriten plottet keine andere Meteoritengruppe auf dieser Linie (man beachte, dass die im Diagramm zwar alle scheinbar sehr nahe beieinanderliegen - tatsächlich ist die Auflösung bei der Messung dieser Isotope aber viel höher, als das Diagramm nahelegt. Der Massstab wurde nur so gewählt, um alle wichtigen Gruppen auf einem Diagramm zu vereinen).

Es gibt noch andere radiale Gradienten (dh, die isotopische Zusammensetzung hängt von der Entfernung zur Sonne ab), zum Beispiel für Chrom-Isotope. Aber dort ist man sich nicht so wirklich sicher, weshalb das so ist. Es könnte vielleicht was mit der Produktion von 53Mn durch die Sonne zu tun haben (das zu 53Cr zerfällt), aber dafür ist der Gradient verkehrt (wenn ich mich recht erinnere).
 

Kosmo

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Als Gegenargument fällt mir jedoch direkt ein, dass man bestimmt Supernova-"reste" finden müsste.
Ich bin mir nicht sicher, wie realistisch dein Szenario ist. Aber 'Supernovarest' ist sicherlich kein Gegenargument. Erstens sind Supernovareste sicherlich nicht über Jahrmilliarden sichtbar und zweitens wäre der 'Ort der Supernova' heute ganz woanders.
 

ismion

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Ich bin mir nicht sicher, wie realistisch dein Szenario ist. Aber 'Supernovarest' ist sicherlich kein Gegenargument. Erstens sind Supernovareste sicherlich nicht über Jahrmilliarden sichtbar und zweitens wäre der 'Ort der Supernova' heute ganz woanders.
Ist halt die Frage, zu welcher Zeit der Entstehung die Supernova von außen eingewirkt hat. Das Supernovae Einfluss haben ist ja klar. Ich zweifel auch stark an meinem Szenario, aber ich wollte mal ein Gedankenspiel einbringen. Zu meinem Gegenargument: Da hast du vollkommen recht, Kosmo.
 

Bynaus

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@ismion: Supernovae haben ganz charakteristische Element- und Isotopenzusammensetzungen. Im Staub, aus dem sich das Sonnensystem gebildet hat, ist sicher auch Supernova-Staub dabei, und es ist denkbar, dass diese Supernova Beiträge inhomogen gemixt wurden, dh, gewisse Meteoritenklassen haben (mehr oder minder zufällig) mehr Supernovastaub als andere. Das gilt natürlich aber auch für andere nukleosynthetische Quellen. Man denkt, dass inhomogene Vermischung von Staub aus verschiedenen Quellen sicher einen Teil der beobachteten Variation (in gewissen Isotopensystemen, vielleicht gerade auch beim Titan, um das es in der eingangs erwähnten neuen Arbeit geht) erklären kann. Aber bei den Sauerstoffisotopen etwa versagt die Erklärung vollkommen.
 

DELTA3

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Der Impaktor selbst? Das wäre recht seltsam, wie wird er denn zum Impaktor, wenn er mal Teil der Erde war?

Da habe ich mich leider unklar ausgedrückt. Ich meinte natürlich nicht, daß der Impaktor aus Material von der Erde bestand, sondern aus erdgleichem oder ähnlichem Material, um die geringen Unterschiede in der Isotopenzusammensetzung zwischen Erde und Mond zu erklären. Und als Unterschiede meinte ich nicht nur die bei den Silizium-Isotopen, sondern auch bei anderen Elementen.

Hat man eigentlich keine Vorstellung, wie lange der vermutete Fraktionierungsprozess und die Bindung des Siliziums im Erdkern dauern konnte? Das wäre doch ein wichtiger Hinweis darauf, in welchem Zeitraum nach der Entstehung der Erde der Mond von dieser abgespaltet worden sein könnte.

Was die unterschiedliche Zusammensetzung des Materials der Protoplanetaren Scheibe in unterschiedlichen Entfernungen zur Sonne betrifft, so entnehme ich deinen Ausführungen, dass dies auf die Strahlung der neu entstandenen Sonne zurück zu führen ist, die in unterschiedlichen Entfernungen unterschiedlich wirkt.
Wenn sich diese Unterschiede auch auf die Zusammensetzung der Planeten/Asteroiden auswirkt, dann bedeutet das, dass sich die Planeten erst deutlich nach dem Aufleuchten der Sonne gebildet haben können, da solche Prozesse sicher einige Zeit dauern.

@ismion: Supernovae haben ganz charakteristische Element- und Isotopenzusammensetzungen. Im Staub, aus dem sich das Sonnensystem gebildet hat, ist sicher auch Supernova-Staub dabei, und es ist denkbar, dass diese Supernova Beiträge inhomogen gemixt wurden

In dem Sternentstehungsgebiet, in dem unsere Sonne mehr oder weniger gleichzeitig mit vielen anderen Sternen aus einer Gas- und Staubwolke entstanden ist, gab es mit Sicherheit Supernova-Staub, denn sonst gäbe es keine schweren Elemente im Sonnensystem. Ich denke aber, dass diese Elemente ziemlich gleichmässig verteilt waren. ismion meinte aber vermutlich, dass eine Supernova-Explosion in der Nähe stattgefunden haben könnte, während, oder nachdem sich das Sonnensystem gebildet hat.

Es ist anzunehmen, dass in dem Sternentstehungsgebiet, in dem auch die Sonne entstanden ist, auch massereiche Sterne entstanden sind, die nach kurzer Lebensdauer als Supernova explodiert sind. Die Frage ist nun, ob die Planetenbildung des Sonnensystems abgeschlossen war, bevor ein gleichzeitig mit der Sonne entstandener massereicher Stern explodiert ist, d.h. ob der Supernova-Staub die protoplanetare Scheibe angereichert hat und damit bei der Planetenbildung und bei der Zusammensetzung der Isotope eine Rolle gespielt hat oder nicht.

Wie die Lebensdauer eines Sterns ist, hängt von dessen Masse ab und ist ziemlich genau bekannt. Wie genau die Dauer der Planetenbildung bekannt ist, weiss ich nicht.

Gruss, Delta3.
 
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