weitere hypothetische Sirius-Begleiter

ralfkannenberg

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Ich habe folgenden Link gefunden, mit dem Webmaster als Autor:
http://www.astronews.com/news/artikel/2000/11/0011-038.shtml

Dabei ist mir folgender Satz aufgefallen, zu dem ich vor langer Zeit schon einmal (leider fehlt mir die Quellenangabe) etwas gelesen habe:

www.astronews.com/news/artikel/2000/11/0011-038.shtml schrieb:
"Dies würde helfen, beispielsweise Farbänderungen von Sirius zu erklären, die in historischen Texten erwähnt wurden."
So gibt es einen Text, der immer wieder gerne zitiert wird, in dem der Sirius als Roter Riese bezeichnet wird. Sogar seine Position wird genannt: Ein Frühlingsstern in der Verlängerung der Deichsel des Grossen Wagen. Wer schon einmal selber beobachtet hat, weiss, dass da ein heller Roter Riese steht, doch der heisst nicht Sirius, sondern Arktur. Trotzdem wird dieser offensichtlich falsche Artikel immer wieder als Quelle herangezogen ! Nicht auszuschliessen, dass der historische Autor mit "Sirius" nur einen "besonders hellen Stern" meinte.

Im Übrigen gibt es auch immer wieder sehr interessante Artikel über einen hypothetischen Begleiter von Proxima Centauri.
 

galileo2609

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Ich habe erst kürzlich wieder darüber gelesen. In dem Klassiker: Burnham's Celestial Handbook, Vol. One, 392ff.

Ich fasse gerne mal die dortigen Kenntnisse zusammen.
 

Bynaus

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Jaja, die Farbänderungen von Sirius...

Ich habe jetzt schon einige Male von einem hypothetischen zweiten Begleiter gelesen, der Sirius A einmal in 6 Jahren umkreisen soll - ein extrem leuchtschwacher roter Zwerg oder ein Brauner Zwerg. Zumindest weicht die Position von Sirius von der berechneten Position ab, und man glaubt, eine Periode von 6 Jahren dabei zu erkennen.
 

galileo2609

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Sirius bewegt halt seit Äonen die Gemüter. Sehr einflussreich bezüglich der Kulturen. Und dann auch noch der 'Dogon-Mythos' aus den modernen Zeiten! ;)
 

galileo2609

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Aber im Ernst: Die 'Farbveränderung' von Sirius geht zumindest auf quellenkritische Untersuchungen zurück.

Es ist auch nicht nur ein Text, sondern die Quellen der antiken Klassiker: Aratus, Cicero, Horaz, Seneca, Ptolemäus. Alte babylonische, ägyptische und weitere Quellen.

Ein ganz guter Überblick findet sich hier (open access): http://adsabs.harvard.edu/cgi-bin/nph-bib_query?bibcode=1995QJRAS..36..337C

In Burnhams Celestial Handbook und weiteren Texten werden folgende Thesen referiert.

Wenn Sirius in der Antike wirklich rot/rötlich erschien, kann das folgende Gründe haben:

1. Extinktion: Interstellare oder wahrscheinlicher atmosphärische. Da der Stern zu Kultzwecken nahe am Horizont beobachtet wurde, erschien er rötlich.
2. Sirius B befand sich zu der damaligen Zeit noch im Rote-Riesen-Stadium. Setzt allerdings eine Entwicklung zum Weißen Zwerg in einem Zeitraum von ~ 2000 Jahren voraus.
3. Die Farbsensitivität der damaligen Menschen war anders als heute. Begründet damit, dass auch weitere Sterne, die wir heute als 'gelb' sehen, von roter Farbe erschienen (Arktur, Pollux).

Es ist eine spannende Geschichte. Wie so vieles in der Geschichte der Astronomie.
 

Emil

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Ja, ich kenne die Geschichte vom "roten Sirius". Der Ursprung liegt darin, daß im Almagest von Ptolemäus eine eigenartige Anmerkung zum Hundsstern steht: "rot". Mehr nicht. Dieser Umstand wurde dann von diversen Beobachtern mehrmals thematisiert (sowohl in der Antike wie auch in der Moderne), und es hat lustige Debatten dazu geben. Ich habe selber vor ein paar Jahren eine ausführliche Recherche zu exakt diesem Thema gemacht und eine Abhandlung dazu geschrieben, aber aus Zeitgründen nie veröffentlicht (leider...).

Ohne jetzt auf die Details der Story einzugehen, kann ich ruhigen Gewissens sagen: Es ist alles ein Irrtum, der auf fehlerhaften Übersetzungen basiert. Sirius war niemals rot und wird es in historischer Zeit nicht werden. Einen zweiten, sternähnlichen Begleiter hat er genausowenig; allerhöchstens nur kleine, unbedeutende Planeten, die aber bis dato unbekannt wären. Die beiden französischen Autoren in dem obigen Artikel (ich kenne ihre Originalarbeit, sie stand in A&A) sind in ein Fettnäpfchen getreten: Bei ihren "Untersuchungen" haben sie sich auf sehr dünnes Eis begeben, jedoch versäumt, die Quellen um den "roten Sirius" im historischen Kontext zu betrachten.

Die "Dogon"-Legende ist ebenfalls Blödsinn!
 

M_Hammer_Kruse

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Hallo,

Richard Hinckley Allen schreibt in "Star Names, their lore and meaning" (1899): "Diese Frage [des Farbwechsels von Sirius] ist kürzlich diskutiert worden, und zwar von See zustimmend und von Schiaparelli ablehnend, in einem Umfang, der hier keine Wiedergabe erlaubt, das Gewicht der Argumente schien jedoch gegen irgendeine Farbänderung in geschichtlichen Zeiten zu sprechen."

Gruß, mike

P.S. Hallo Emil, das ergänzte sich ja; während ich noch bei Allen nachschlug, hast Du schon geantwortet. Allen führt weiter aus, daß die arabische Bezeichnung für Sirius (Barakish) "der mit den tausend Farben" bedeute und sich auf die Brillianz und das Flackern der Stern bezöge. (Der Griechische Name Sirius bedeutet laut Kunitsch übrigens auch "der Strahlende").
 
Zuletzt bearbeitet:

galileo2609

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Emil schrieb:
Die "Dogon"-Legende ist ebenfalls Blödsinn!

Yepp, so weit ich weiß, geht diese auf eine nicht ausreichende Distanz der Ethnologen zurück, der Mythos ist wohl von den Fragestellern erst 'induziert' worden.

Aber deine Abhandlung würde mich interessieren.

Ich komme zu dem ganzen Thema eigentlich eher peripher, nachdem ich über die historischen Längeneinheiten 'Siriusweite' und 'Siriometer' recherchiert habe!
 

M_Hammer_Kruse

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Hallo galileo,

mit dem Dogon-Unsinn setzt sich Markus Pössel in "Phantastische Wissenschaft" eingehend auseinander.

Gruß, mike
 

galileo2609

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Ist schon klar Mike,

ich wollte damit nur verdeutlichen, dass der 'Hundsstern' die Menschen bis in die heutige Zeit immer wieder bewegt. Da lässt man schon mal 'fünfe grade sein'! :)
 

Emil

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galileo2609 schrieb:
der Mythos ist wohl von den Fragestellern erst 'induziert' worden.
Ja, richtig: Soweit ich mich erinnere, war es in den 1920ern, als zwei Franzosen den Dogon-Stamm im Niger besucht haben und das Wissen um die Bahn des Weißen Zwerg mitbrachten. Dieses wurde wiederum in die Dogon-Religon "eingearbeitet". Nachfolgende Historiker stießen auf darauf und wunderten sich über das "fortschrittliche" Wissen des Stammes. Das ist so in etwa die Kurzfassung.

Danke für dein Interesse zu meiner Abhandlung - darin steht der "rote Sirius" eher im Mittelpunkt. Sie bedarf einer ordentlichen Überarbeitung, und vorher mag ich sie nicht herausgeben.
 

Bynaus

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@Emil: Der 6-jährige Begleiter (der wohl auch ein Brauner Zwerg sein könnte) ist aber nicht ausgeschlossen, nicht wahr? Oder kennst du ein Paper, das zeigt, dass es keinen solchen Begleiter geben kann?

Hier (unter "Hunt for Sirius C and Substellar Companions") finden sich weitere Infos: http://www.solstation.com/stars/sirius2.htm
 

Emil

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mike schrieb:
Hallo Emil, das ergänzte sich ja; während ich noch bei Allen nachschlug, hast Du schon geantwortet.
Ja, manchmal kommt man mit dem Antworten gar nicht nach, he he. Alle hier zitierten Quellen sind mir bekannt: Richard Allen, Kunitsch, TJJ See, Aratus, Burnham... Auch weitere große Namen haben sich dazu verleiten lassen, den "roten" Sirius ernst zu nehmen. Es steckt wirklich nicht mehr dahinter als heiße Luft.

Vielleicht nehme ich meinen Schrieb, der inzwischen gut 7 oder 8 Jahre alt ist, noch mal zur Brust...
 

galileo2609

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Ein Schlüsseltext für die historischen Quellen dürfte der Beitrag von Thomas J. J. See sein, der auch bei Allen und Burnham angegeben ist. See hat hier wohl zwei Fassungen veröffentlicht. Zuerst 1892 in Astronomy and Astrophysics, den zweiten 1927 in den Astronomischen Nachrichten. Leider sind beide Artikel über ADS nicht als Full Text zu erhalten. Für den Artikel von 1927 habe ich zumindest den Abstract gefunden:
http://adsabs.harvard.edu/cgi-bin/n...T&data_type=HTML&format=&high=433f1ce59a01947

Solltest du den Artikel irgendwo im Original finden, würde ich mich über den Link freuen.

See gilt zwar gemeinhin als sehr umstritten, aber seine Arbeiten über Doppelsterne waren substantiell. Ich gehe davon aus, dass auch seine historische Arbeit über den roten Sirius belastbar ist. So richtig driftete er erst ab, als er alle möglichen Planetenentdeckungen verkündete (70 Oph, weitere Planeten im Sol-System). Übrigens war er in seinem akademischen Niedergang ein sehr heftiger historischer Kritiker der RT und Verteidiger des Äthers.

Grüsse galileo2609
 

Emil

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@Bynaus:
Man sollte lieber vorne anfangen: Die Papers, die einen Sirius C verkünden (da gibt es wohl mehrere, angefangen in den 1940ern), sind nicht fundiert genug. Gänzlich ausschließen kann man gar nichts. Man kann aber eine Obergrenze für mögliche Begleiter angeben, und diese ist so niedrig, daß man mit Sicherheit einen Braunen Zwerg ausschließt.

@galileo2609:
T.J.J. See ist derjenige, der am härtesten für den "roten Sirius" geworben hat. Seine beiden Originalarbeiten habe ich als kopierte Papers rumliegen. Inhaltlich sind sie aber sehr wackelig - geradezu ein Wunder, daß sie in renommierten astronomischen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Seine Argumentation gleicht eher einem "Stern von Bethlehem".
 

galileo2609

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Emil schrieb:
T.J.J. See ist derjenige, der am härtesten für den "roten Sirius" geworben hat. Seine beiden Originalarbeiten habe ich als kopierte Papers rumliegen. Inhaltlich sind sie aber sehr wackelig - geradezu ein Wunder, daß sie in renommierten astronomischen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Seine Argumentation gleicht eher einem "Stern von Bethlehem".

Das ist interessant! Danke für den Hinweis.
Im Jahr 1892 erwarb See seinen Dr. an der Universität von Berlin und sein (eher kurzer) Aufstieg begann. Also auch da schon der Hang zum Profilieren? Gut 1927 hatte er längst seinen Zenit überschritten. Nachdem er 1899 von Publikationen im Astronomical journal ausgeschlossen wurde, veröffentlichten die Astronomischen Nachrichten und Popular Astronomy so ziemlich alles von ihm. Glaubt man den Quellen, war See zumindest in der interessierten Öffentlichkeit sehr populär.
 

Bynaus

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Auf der solstation.com-Seite werden "Benest & Duvent, 1995" als Quelle für den 6-Jahre Braunen Zwerg angegeben. Nach "Schroeder et al, 2000" weicht die astrometrische Position des Sirius von der erwarteten ab (was auf einen Begleiter hindeuten könnte).

Weiss jemand mehr über diese Paper?
 

galileo2609

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Bynaus schrieb:
Auf der solstation.com-Seite werden "Benest & Duvent, 1995" als Quelle für den 6-Jahre Braunen Zwerg angegeben. Nach "Schroeder et al, 2000" weicht die astrometrische Position des Sirius von der erwarteten ab (was auf einen Begleiter hindeuten könnte).

Weiss jemand mehr über diese Paper?
Wie meinst du das? Auf Solstation sind doch beide papers verlinkt?
 

Bynaus

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Ja, natürlich - bloss, vielleicht hat ja jemand von Papers gehört, die auf diese Bezug nehmen, sie wiederlegen, etc. Wenn man sich eine Zeit lang mit so einem Thema befasst hat, weiss man meist, z.B. "ach ja, das Benest & Duvent 1995 Paper, da war doch das Problem, dass..."
 

Emil

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galileo2609 schrieb:
Glaubt man den Quellen, war See zumindest in der interessierten Öffentlichkeit sehr populär.
Die "interessierte Öffentlichkeit" ist ein recht dehnbarer Begriff. Es gibt auch diplomierte Hirne, die mit esotherischen Theorien Aufsehen erregt haben und großen Anklang in der "Öffentlichkeit" fanden.

Drücken wir's mal so aus: Die meisten Physiker haben irgendwo 'ne Klatsche, und ich geselle mich dazu *grins* ... *noch mehr grins* ...
 
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