Interstellare Planeten - zahlreicher als Sterne?

Bynaus

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Eine neue Arbeit, die in der Zeitschrift Nature publiziert wurde, kommt zum Schluss, dass interstellare Planeten - also Planeten, die ohne Stern durch die Milchstrasse tingeln - etwa doppelt so häufig wie Sterne sein müssen. Das heisst, wenn es, sagen wir, 300 Milliarden Sterne gibt, gibt es 600 Milliarden interstellare Planeten.

Gefunden hat man das über Mikrolinsen: Dabei gibt die Dauer der beobachteten Lichtverstärkung die Masse des lichtbeugenden Objektes an, und die Form der Kurve besagt, ob noch andere Massen in der Nähe sind. Das "MOA"-Team, das mit der Mikrolinsen-Methode schon einige Exoplaneten entdeckt hat, hat auf diese Weise in zwei Jahren Beobachtungen 10 interstellare Planeten aufgespürt (rein statistisch wäre zu erwarten, dass etwa ein Viertel davon in sehr weiten Orbits um Sterne kreisen). Das ist wenig, aber gemessen an der extremen seltenheit von Mikrolinsen extrem viel. Aus den Statistiken lässt sich dann eben ableiten, dass solche interstellaren Planeten etwa doppelt so häufig sein sollten als Sterne, um die 10 bzw. 7 beobachteten Ereignisse zu erklären.

Einen (englischen) Artikel zum Thema findet sich hier:
http://www.jpl.nasa.gov/news/news.cfm?release=2011-147

Ich bin sicher, es wird bald einen Astronews.com-Artikel dazu geben. :)

Nun gibt es mehrere Erklärungen für die Planeten: Sie könnten wie Sterne direkt aus dem Kollaps von Gaswolken entstanden sein. Dann würde man aber allerdings eine bestimmte Grössenverteilung erwarten - die beobachtet man unter den 10 Objekten jedoch nicht. Damit bleibt noch eine Erklärung: sie wurden aus ihrem Heimatsystem geworfen.

Ich hatte schon vor ein paar Wochen auf meiner Seite einen Artikel online gestellt, in dem ich eine Arbeit vorstelle, die zeigt, dass "interplanetare Gewalt", also das herauswerfen von Planeten aus ihren Systemen, relativ "normal" sein muss: http://www.final-frontier.ch/InterplanetareGewalt

Nun haben wir also das Gegenstück: interstellare Planeten.

Was mich allerdings wundert, sind die Zahlen.

Wenn interstellare Planeten wirklich doppelt so häufig sind wie Sterne: dann heisst das doch in erster Näherung, jeder Stern hat irgendwann zwei (jupitergrosse!) Planeten verloren. Selbst wenn wir anerkennen, dass einige Sterne schon wieder erloschen sind, während ihre Planeten fortbestehen, die Mehrheit der Sterne sind Rote Zwerge, und die sind sehr langlebig. Rote Zwerge haben darüber hinaus nur selten massive Planeten von der Grösse Jupiters (auf jeden Fall deutlich weniger häufig als sonnenähnliche Sterne). Man muss auch beachten, dass bei jedem Rauswurf der massivere der beiden Planeten zurückbleibt - die Planeten, die wir heute noch bei Sternen beobachten können, sind also im Schnitt schwerer als jene, die entstehen. Die Roten Zwerge kommen mit ihren leichten Planeten schon gar nicht als "Muttersterne" der beobachteten interstellaren Planeten in Frage. So gesehen kann man eigentlich nur zum Schluss kommen, dass die meisten Sternsysteme zunächst Planeten bilden, und danach solche Rauswurf-Episoden durchmachen, und dass dies bevorzugt für schwerere Sterne gilt. Unser Sonnensystem, das offenbar keine solche Rauswurf-Episode hinter sich hat (dieses hätte ohnehin nur einen jupitergrossen Planeten - Jupiter - rauswerfen können...), wird damit definitiv zum Exoten.
 
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sirius3100

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Sind denn 10 gefundene "Planeten" eine ausreichend große Samplegröße um einigermaßen sicher sagen zu können dass die Massen-/Größen-Verteilung der "Planeten" nicht einer Fortsetzung der IMF gehorcht?
Warum sollte die IMF auch ab einem bestimmten Wert (in Richtung kleinerer Massen) plötzlich rapide abfallen? Wie sieht denn die Massen-/Größenverteilung für die "Planeten" aus? (würde die Massen ganze gerne mal in mein Programm zur IMF reinhauen und da dann etwas mit den Parametern rumspielen, um zu sehen wie wenig die Werte zur IMF passen).

Das mit den "2mal sovielen interstellare Planeten wie Sterne" glaube ich aber gerne.

Eine Frage noch: Was für ein Größem-Kriterium muss den ein Objekt erfüllen um nach deren Zählweise als interstellarer Planet zu gelten? Also was ist insbesondere die untere Massengrenze (aufgrund der englischsprachigen Website könnte man Saturngröße vermuten)?
Ich kann mir vorstellen dass je nach dem wie ich diese wähle die Anzahl der vorhergesagten interstellaren Planteten enorm schwanken wird.
 
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Alex74

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Ich könnte mir bedingt eine sebstständigt Entstehung vorstellen;
Soweit wir wissen entstehen Sterne ja nicht einzeln sondern in goßen Gruppen unterschiedlich großer Sterne aus kollabierenden Gaswolken.

Nun wissen wir aus Simulationen, daß Gasriesen vor allem dort um einen Stern herum entstehen wo Turbulenzen die Materiescheibe verdichten.

In einer kollabierenden Gaswolke kommen solche Turbulenzen sicher auch nicht selten vor, zumal wenn in der Nähe eine Supernova hochgeht.
Freies Material das an sich zu wenig ist um von selbst zusammenzufallen könnte so vielleicht stellenweise hinreichend genug verdichtet werden, auch ohne den Einfluß eines Zentralsterns.

Ich kenne immerhin keine Simulation die sich mit dem Gesamtkollaps einer solchen Wolke beschäftigt, oder gibt es so etwas?

Gruß Alex
 

MGZ

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In einem Punkt würde ich die Studie in Frage stellen:

Mal angenommen, ein Planet von der Größe der Erde wird in der Frühzeit des Sonnensystems aus dem System geschnipst. Wenn er dann für 5 Milliarden Jahre durch den interstellaren Raum wandert, dann wird er an verschiedenen Stellen wahrscheinlich so einiges an Wasserstoff aufsammeln. Vor allem, wenn er durch Sternentstehungsgebiete wandert. Am Ende sieht er wahrscheinlich aus wie Jupiter, ohne tatsächlich als Gasriese entstanden zu sein.
 

Bynaus

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Sirius3100 schrieb:
Sind denn 10 gefundene "Planeten" eine ausreichend große Samplegröße um einigermaßen sicher sagen zu können dass die Massen-/Größen-Verteilung der "Planeten" nicht einer Fortsetzung der IMF gehorcht? Warum sollte die IMF auch ab einem bestimmten Wert (in Richtung kleinerer Massen) plötzlich rapide abfallen?

Die "Jeans-Masse" gibt dir ja Auskunft darüber, dass es eine Mindestmasse gibt, die eine Wasserstoff-Helium-Wolke besitzen muss, um unter idealen Bedingungen gerade noch kollabieren zu können. Ich glaube, die liegt bei wenigen Jupitermassen. Darunter sollte die IMF selbstverständlich auf Null abfallen, aber es ist anzunehmen, dass es schon vorher rapide abwärts geht (schliesslich werden die Idealbedingungen nicht überall erfüllt sein).

Alex74 schrieb:
Ich könnte mir bedingt eine sebstständigt Entstehung vorstellen;

Nun, das wird ja eben durch die Grössenverteilung ausgeschlossen. Ich hab mir das Paper gerade angesehen, es gibt einfach - gegenüber der IMF (Initial Mass Function, der Häufigkeits-Masse-Verteilungskurve, der Sterne folgen) einen Überschuss von Objekten mit Massen im Jupitermassen-Bereich.

Ich kenne immerhin keine Simulation die sich mit dem Gesamtkollaps einer solchen Wolke beschäftigt, oder gibt es so etwas?

Doch, die gibt es, sie sehen sogar ziemlich cool aus:
http://www.youtube.com/watch?v=YbdwTwB8jtc

MGZ schrieb:
In einem Punkt würde ich die Studie in Frage stellen

Wenn du das tust, solltest du vielleicht auch gleich die Abschätzung dazu liefern... (im Übrigen stellst du die Studie nicht "in Frage" - schliesslich haben sie sich nirgends zu deiner Idee geäussert). Ich hol das jetzt dieses Mal für dich nach...

Wenn er dann für 5 Milliarden Jahre durch den interstellaren Raum wandert, dann wird er an verschiedenen Stellen wahrscheinlich so einiges an Wasserstoff aufsammeln. Vor allem, wenn er durch Sternentstehungsgebiete wandert. Am Ende sieht er wahrscheinlich aus wie Jupiter, ohne tatsächlich als Gasriese entstanden zu sein.

In Sternentstehungsgebieten gibts pro Kubikzentimeter maximal etwa 10^6 Atome. Wenn ein Planet mit einem effektiven Durchmesser von, sagen wir, 20'000 km (Querfläche = 300 Mio km^2) sich mit einer hohen Geschwindigkeit von, sagen wir, 100 km/s für 5 Mrd Jahre durch ein Sternentstehungsgebiet bewegt und dabei jedes Atom aufnimmt, das ihm in die Quere kommt (wir nehmen also idealste Bedingungen an), dann haben wir

1e6 Atome/cm^3 * 1e6 cm^3/m^3 * 1e9 m^3/km^3 * 3e8 km^2 * 100 km/s * 5e9 Jahre * 3.15e7 s/Jahr = 3*5*3.15*10^(6+6+9+8+2+9+7) = 47 * 10^47 Atome = (bei 6*10^23 Atome/mol) = ~8 * 10^24 mol. Mit Wasserstoff = 2 g/mol wären das 1.6 * 10^22 kg oder etwa 2 Promille der Erdmasse. Etwas mickrig für einen Gasriesen... ;) Und das, wie gesagt, unter illusorisch idealen Bedingungen.
 

mac

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Hallo,

überraschend ist diese Beobachtung für mich nicht. Im Gegenteil, ich hätte sogar noch wesentlich mehr solcher Objekte erwartet.


Wie ich vor einigen Jahren schon mal vermutet hatte, setzt sich der beobachtbare Trend der IMF: Je kleiner die Masse des Sterns, um so mehr gibt es davon, wahrscheinlich über mehr als 4 Größenordnungen der Sternenmasse mit erstaunlicher Konstanz fort.
http://www.astronews.com/forum/showthread.php?p=14049#post14049 ff

anders als UMa es darauf hin hier http://www.astronews.com/forum/showthread.php?p=14053#post14053 geschrieben hatte, scheinen auch Sternentstehungsgebiete wie der Arches Cluster in diesen Trend zu passen. Siehe dazu auch: http://www.astronews.com/news/artikel/2009/06/0906-009.shtml
dazu aber bitte auch diesen Post http://www.astronews.com/forum/showpost.php?p=56545&postcount=80 beachten!

Folgt man dem Trend dieser beobachtbaren Massenverteilung unter die 0,1 M0 ‚Grenze‘, müßte es aber erheblich mehr solcher ‚Jupiter‘ Sterne geben. Daß das aber auch hier eben nicht zu beobachten war, ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß Bynaus mit seiner Argumentation:
Die "Jeans-Masse" gibt dir ja Auskunft darüber, dass es eine Mindestmasse gibt, die eine Wasserstoff-Helium-Wolke besitzen muss, um unter idealen Bedingungen gerade noch kollabieren zu können. Ich glaube, die liegt bei wenigen Jupitermassen. Darunter sollte die IMF selbstverständlich auf Null abfallen, aber es ist anzunehmen, dass es schon vorher rapide abwärts geht (schliesslich werden die Idealbedingungen nicht überall erfüllt sein).
zumindest beim Ergebnis richtig liegt.

Herzliche Grüße

MAC
 

sirius3100

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Die "Jeans-Masse" gibt dir ja Auskunft darüber, dass es eine Mindestmasse gibt, die eine Wasserstoff-Helium-Wolke besitzen muss, um unter idealen Bedingungen gerade noch kollabieren zu können. Ich glaube, die liegt bei wenigen Jupitermassen. Darunter sollte die IMF selbstverständlich auf Null abfallen, aber es ist anzunehmen, dass es schon vorher rapide abwärts geht (schliesslich werden die Idealbedingungen nicht überall erfüllt sein).

Ich wusste bisher nicht dass es für die Jeans-Masse einen Minimalwert gibt (habe vermutet dass die Größen der einzelnen Parameter auch sehr hoch, bzw klein werden können, wobei T natürlich minimal ca 3K werden kann). Laut dem Paper hier: http://arxiv.org/abs/0811.0429 liegt diese Minimalmasse bei ca 7 Jupitermassen. Hatte jetzt aber keine Zeit mir die Erklärung dafür durchzulesen.

edit: ich hab mal Überschlagsrechnung für die minimale Jeansmasse für die angegebenen 10^6 Atome pro cm³ gemacht und bin damit bei 3K sogar auf eine Mindestmasse von 13 Jupitermassen gekommen (und 3K wird das Gas ja wohl auch eher selten haben).
 
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astronews.com Redaktion

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Extrasolare Planeten: Unzählige Planeten ohne Sonne?

Planeten, die sich frei in der Galaxie bewegen und nicht um einen Stern kreisen, könnten häufiger sein als Sterne selbst. Zu diesem Schluss kommt nun ein internationales Astronomenteam nach Auswertung einer in den Jahren 2006 und 2007 durchgeführten Himmelsdurchmusterung. Die Planeten wurden nach Ansicht der Forscher aus ihrem Planetensystem geschleudert. (19. Mai 2011)

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Bynaus

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Mac schrieb:
Je kleiner die Masse des Sterns, um so mehr gibt es davon, wahrscheinlich über mehr als 4 Größenordnungen der Sternenmasse mit erstaunlicher Konstanz fort.

Bloss übersetzt sich die beobachtete Anzahl von interstellaren Planeten mit Jupitermasse in einen klaren Überschuss gegenüber der extrapolierten IMF. Das ist in Figur 2 des Nature-Papers, das jetzt auf meinem Rechner liegt, deutlich ersichtlich.

Es handelt sich also nicht einfach um eine fortgesetzte IMF, sondern um eine zusätzlichen Population von Objekten mit einer mittleren Masse von etwas mehr als 1 Jupitermasse und einer Häufigkeit von etwas weniger als 2 * Hauptreihensterne, die da zwischen den Sternen herumlungert.
 

PlanetHunter

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Diese Meldung macht ja auch die Runde bei den "großen" Nachrichtenseiten. Dort stand auf einer, dass ein Wissenschaftler es für möglich hält, dass auf einem erdähnlichen Planeten mit einer ausreichend dichten Atmosphäre Temperaturen von 27° auf der Oberfläche möglich seien.
OK, das mag ja sein - aber es würde doch keinerlei Lichtquellen geben, sprich es wäre TOTAL dunkel. Ich halte es für unmöglich, dass sich Leben in totaler Dunkelheit entwickelt (minimale Infrarot-Strahlung mal ausgenommen). Gibt es auf der Erde Lebewesen, die ohne auch nur irgendeine Lichtquelle auskommen?

Sollte so ein interstellarer Planet allerdings keine Atmosphöre besitzen, wäre er doch ein perfekter Ort für ein großes Telesop, oder? ;-)
 

Bynaus

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Gibt es auf der Erde Lebewesen, die ohne auch nur irgendeine Lichtquelle auskommen?

Gewisse Bakterien, ja. Aber wenn du dem Leben auf der Erde die einzige Energiequelle wegnimmst, die an der Oberfläche in grossen Mengen verfügbar ist - dann bleibt nicht viel übrig. Die Frage ist halt, ob das auf einem Planeten mit einem deutlich höheren geothermalen Wärmefluss auch so wäre, dh, ob sich hier nicht auch eine "Nahrungskette", die halt statt von oben von "unten" mit Energie versorgt wird, ausbilden könnte.

Anderseits, wenn solche Planeten wirklich so häufig sind, wir jedoch beobachten, dass wir nicht auf einem solchen Planeten leben, darf man davon ausgehen, dass auf solchen Planeten nicht unbedingt sehr häufig intelligente Beobachter entstehen...
 

sirius3100

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Wo hast du das mit den 27° denn gelesen? Ich kann mir nicht vorstellen wie ein terristrischer Planet (und das braucht Leben ja vermutlich) ohne zugehörigen Stern eine solche Temperatur erreichen können sollte. Und zwar unabhängig von seiner atmosphärischen Zusammensetzung.

Licht braucht Leben aber nicht zwingend. Die Energiegewinnung kann auch anderweitig funktionieren.
 

MGZ

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Wenn du das tust, solltest du vielleicht auch gleich die Abschätzung dazu liefern... (im Übrigen stellst du die Studie nicht "in Frage" - schliesslich haben sie sich nirgends zu deiner Idee geäussert). Ich hol das jetzt dieses Mal für dich nach...

In Sternentstehungsgebieten gibts pro Kubikzentimeter maximal etwa 10^6 Atome. Wenn ein Planet mit einem effektiven Durchmesser von, sagen wir, 20'000 km (Querfläche = 300 Mio km^2) sich mit einer hohen Geschwindigkeit von, sagen wir, 100 km/s für 5 Mrd Jahre durch ein Sternentstehungsgebiet bewegt und dabei jedes Atom aufnimmt, das ihm in die Quere kommt (wir nehmen also idealste Bedingungen an), dann haben wir

1e6 Atome/cm^3 * 1e6 cm^3/m^3 * 1e9 m^3/km^3 * 3e8 km^2 * 100 km/s * 5e9 Jahre * 3.15e7 s/Jahr = 3*5*3.15*10^(6+6+9+8+2+9+7) = 47 * 10^47 Atome = (bei 6*10^23 Atome/mol) = ~8 * 10^24 mol. Mit Wasserstoff = 2 g/mol wären das 1.6 * 10^22 kg oder etwa 2 Promille der Erdmasse. Etwas mickrig für einen Gasriesen... ;) Und das, wie gesagt, unter illusorisch idealen Bedingungen.

Das halte ich nicht für eine vernünftige Abschätzung.

Wenn wir in einem Sternentstehungsgebiet sind mit T=5K, dann haben Wasserstoffatome dort eine mittlere kinetische Energie in Planet-Richtung von 3.45*10^-23 Joule. Das entspricht +- 143m/s in Planet-Richtung. Um dem Gravitationsfeld zu entkommen müssen sie die zweite kosmische Geschwindigkeit erreichen: v2= sqrt(2*G*M/R).
Das bedeutet, dass der erdgroße Planet in einer Kugel mit Radius 3,88*10^10 Meter praktisch alle Wasserstoff-Atome aufsammelt. Wenn es sich um molekularen Wasserstoff handelt, funktioniert es noch wesentlich besser. Das führt, wenn man das in deine Abschätzung einsetzt, dazu, dass etwa 10^6 mal mehr Wasserstoff eingesammelt wird. Mehr als genug für Jupiter.
 

Bynaus

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MGZ schrieb:
Um dem Gravitationsfeld zu entkommen müssen sie die zweite kosmische Geschwindigkeit erreichen: v2= sqrt(2*G*M/R).

Nein. Der Planet bewegt sich ja mit 100 km/s durch das Sternentstehungsgebiet. Entsprechend haben sie, relativ zum Planeten, eine Geschwindigkeit von nahezu 100 km/s (plusminus deine 0.143 km/s), was mehr als genug ist, um dem Gravitationsfeld zu entkommen (mit anderen Worten: der Planet kann sie mit seinem Gravitationsfeld gar nicht schnell genug beschleunigen, um sie aufzusammeln). Entsprechend kann der Planet nur aufsammeln, womit er kollidiert, bzw., was direkt in seiner (gravitativen) Querschnittsfläche liegt.

Das führt, wenn man das in deine Abschätzung einsetzt, dazu, dass etwa 10^6 mal mehr Wasserstoff eingesammelt wird. Mehr als genug für Jupiter.

10^6 * 2 Promille gäbe in der Tat 2000 Erdmassen (aber wie gesagt, deine Annahme oben, der Planet würde alle Wasserstoffatome in einem so grossen Bereich mitnehmen, ist falsch). Meine Abschätzung ist aber natürlich insofern unrealistisch, dass ich von absolut idealen Bedingungen ausgehe. Das hatte zum Zweck, zu zeigen, dass selbst unter diesen Bedingungen nur minimalste Mengen zusammenkommen: ich wollte mehr eine Obergrenze ausloten als die tatsächlich eingesammelte Menge abschätzen.

Natürlich wird kein Planet 5 Mrd Jahre lang mit 100 km/s durch ein Sternentstehungsgebiet fliegen, in dem die Atome so dicht gepackt sind wie in den dichtesten Bereichen eines solchen. Angesichts der Kleinräumigkeit solcher Gebiete, der kleinen Chance, sie auf einem typischen Pfad durch die Galaxis zu durchqueren, und ihren typischen Ausdehnungen müsste man diesen Faktor - und damit die eingesammelte Wasserstoff-Menge - wohl milliardenfach nach unten korrigieren. Dafür müsste man aber etwas mehr recherchieren, was ich jetzt diesmal dir überlasse. :)
 
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mac

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Hallo Bynaus,

Bloss übersetzt sich die beobachtete Anzahl von interstellaren Planeten mit Jupitermasse in einen klaren Überschuss gegenüber der extrapolierten IMF. Das ist in Figur 2 des Nature-Papers, das jetzt auf meinem Rechner liegt, deutlich ersichtlich.

Die rückgerechnete IMF aus dem CNS3 und aus RECONS unterscheiden sich bei kleinen Sternen deutlich voneinander. Das hat etwas mit der Qualität von Beobachtungen zu tun und da gibt es halt immer noch Grenzen, die wir bisher nicht überschreiten können.

Sowohl der Verlauf im CNS3 als auch (wenn auch nicht mehr so deutlich) der Verlauf im RECONS sehen in meinen Augen eher wie das Ergebnis insuffizienter Beobachtung aus und nicht so sehr wie eine natürliche Ursache.

Der einzige, mir dazu zugängliche Test (Sterne zählen im CNS3 und im RECONS), zeigt sehr nachdrücklich, daß die ermittelte IMF bei kleinen Sternen (<02 M0) eigentlich unbrauchbar ist, da man zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt, je nachdem in welchem Schalenabstand zur Sonne man nachzählt und RECONS leider nur Angaben für eine noch 'nähere' Umgebung macht, bei denen das Rauschen durch zu geringe Sternzahlen die Ergebnisse viel zu stark maskiert.


Mich würde daher interessieren, wie die verwendete IMF in dieser Arbeit genau aussieht und auch welche Quellen man dazu verwendet.



Es handelt sich also nicht einfach um eine fortgesetzte IMF, sondern um eine zusätzlichen Population von Objekten mit einer mittleren Masse von etwas mehr als 1 Jupitermasse und einer Häufigkeit von etwas weniger als 2 * Hauptreihensterne, die da zwischen den Sternen herumlungert.
Das es am Ende eine Mischung aus verschiedenen Ursachen gibt, die man bisher alle noch nicht quantitativ beschreiben kann, macht eine solche Differenzierung auch nicht gerade leichter.

Herzliche Grüße

MAC
 

miraculix250

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Gewisse Bakterien, ja. Aber wenn du dem Leben auf der Erde die einzige Energiequelle wegnimmst, die an der Oberfläche in grossen Mengen verfügbar ist - dann bleibt nicht viel übrig. Die Frage ist halt, ob das auf einem Planeten mit einem deutlich höheren geothermalen Wärmefluss auch so wäre, dh, ob sich hier nicht auch eine "Nahrungskette", die halt statt von oben von "unten" mit Energie versorgt wird, ausbilden könnte.

Anderseits, wenn solche Planeten wirklich so häufig sind, wir jedoch beobachten, dass wir nicht auf einem solchen Planeten leben, darf man davon ausgehen, dass auf solchen Planeten nicht unbedingt sehr häufig intelligente Beobachter entstehen...

Ja, gibt es. Siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Höhle_von_Movile

Wäre so ein Beispiel dafür, daß komplexes Leben auch ohne (Sonnen)Licht durchaus denkbar ist.
 

Runzelrübe

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Das Thema ist hoch interessant.

Ich wäre sehr daran interessiert, mal ein paar Formeln zur Herleitung zu sehen, mit der die Abschätzung zur Anzahl interstellarer Planeten ausgerechnet wurde. Leider habe ich bisher weder im astronews.com Artikel noch in der Diskussion dazu einen aussagekräftigen Link gefunden.

Es gibt, wenn ich mich nicht irre, ja nur zwei Möglichkeiten. Entweder die 10 Signale, die sich als interstellare Planeten herausgestellt haben, wurden direkt in eine Formel integriert, aus der sich die Anzahl interstellarer Planeten ergibt oder die 10 Planeten wurden als Erklärung für eine fehlende Information eingesetzt, aus der sich dann diese immense Anzahl interstellarer Planeten ableiten lassen könnte.

Eventuell noch ein Zahlenspiel am Ende: 10 von 500.000.000.000 sind gerade einmal 0,000000002%. Das entspräche beim derzeitigen Zensus bei weitem noch nicht einmal einer einzigen befragten Person in Deutschland. Sogar noch nicht einmal dem Fünfhundersten Teil einer Einzelperson. Gerade einmal einer einzigen Milz einer einzigen Person, mit ihren 160g. ;)
 

Bynaus

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Runzelrübe schrieb:
Ich wäre sehr daran interessiert, mal ein paar Formeln zur Herleitung zu sehen, mit der die Abschätzung zur Anzahl interstellarer Planeten ausgerechnet wurde.

Das dürfte äusserst komplex sein. Dafür müsste man das ganze Paper hier reinkopieren und Schritt für Schritt erklären.

Im Prinzip läuft es einfach darauf hinaus, dass Mikrolinsen sehr selten sind, und man aus bestimmten denkbaren Populationen (oder Häufigkeits-Masse (bzw. Häufigkeit-Linsendauer) Verteilungen) abschätzen kann, wie viele Mikrolinsen eines bestimmten Typs man beobachten sollte. Danach sucht man jene Population aus, die die beobachtete Häufigkeit-Linsendauer-Verteilung am besten annähert.
 

_Mars_

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Gibt es auf der Erde Lebewesen, die ohne auch nur irgendeine Lichtquelle auskommen?

Natürlich. In einer Goldmine in Afrika, 3km Tief. Es gibt auch FIsche, die nie einen Lichtstrahl sahen in der tiefsten Tiefsee.


Wie kann er so heiß werden?

Er müsste eine ordentliche Gezeitenheizng haben, ein Mond wäre dabei von Vorteil.

Auf der Erde gibt es soweit ich weiß keine Bekannte Spezies, die Infrarotstrahlung zur Photosynthese nutzen könnten.
Theoretisch könnte dies doch möglich sein, oder nicht??
 

Bynaus

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_Mars_ schrieb:
Wie kann er so heiß werden?

Geothermische Wärme + stark isolierende, wasserstoffreiche Atmosphäre. Da gabs kürzlich mal was, aber so auf die Schnelle finde ich die Arbeit nicht mehr.
 
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