Bevölkerungsentwicklung

Bynaus

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Die UNO hat neue Zahlen zur künftigen Bevölkerungsentwicklung veröffentlicht:

http://nextbigfuture.com/2011/05/un-projects-world-population-of-62-to.html

Ich denke, das ist ein interessantes Thema, dass immer wieder von verschiedenen Seiten her angeschnitten wird.

Ich habe, damals für die Diskussion zum Doomsday-Argumente, jetzt wieder für die Diskussion um die Frage, ob es im 21. Jahrhundert zu einem Kollaps der Zivilisation kommen wird, eine eigene "Simulation" entwickelt, die ich weiter unten erläutern werde. Die interessante Frage für mich ist, ob die Annahmen, die in das Modell eingehen, realistisch sind. Interessanterweise bekomme ich für mein Modell ziemlich genau die gleiche Bevölkerungsentwicklung wie die UNO (obwohl ich die Welt nicht einmal nach Regionen aufgeteilt habe): Etwa 9.3 Mrd Menschen im Jahr 2050 (UNO: 9.3) und etwa 10.5 Mrd Menschen im Jahr 2100 (UNO: 10.1). Die Prognosen der UNO gehen nicht weiter, aber in meinem Modell ist der Bevölkerungspeak im Jahr 2140 bei 10.7 Mrd, danach nimmt die Bevölkerung wieder ab (z.B. auf 2.5 Mrd im Jahr 3000).

Natürlich kann man nicht im ernst glauben, man könne heutige Parameter nehmen und damit 1000 Jahre Zukunft realistisch simulieren. Oder vielleicht - in einigen speziellen Bereichen - doch? Darüber möchte ich in diesem Thread diskutieren.

Mein Modell startet mit Zahlen von 2010 (dem CIA World Factbook entnommen). Die Bevölkerung ist in drei Alterskohorten eingeteilt, 0-14, 15-64 und 64+. In diesen Kohorten finden sich im Jahr 2010 1.85, 4.47 und 0.52 Mrd Menschen, total 6.85. Die Anzahl Geburten pro Jahr wird berechnet, in dem die Hälfte der mittleren Alterskohorte (sprich: die Frauen) mit der Fertilitätsrate ("Kinder pro Frau", 2010: 2.56 weltweit) multipliziert und durch durch 30 (die Zeitdauer, über die Frauen fruchtbar sind) geteilt wird: Das gibt etwa 190 Millionen Geburten für 2010. Diese Zahl wird also für das Jahr 2011 der 0-14-Kohorte zugerechnet. Gleichzeitig verliert diese Kohorte 1/14 ihres Bestandes (alle, die 15 werden) an die mittlere Alterskohorte, und die mittlere verliert 1/40 ihres Bestandes (alle, die 65 werden) an die oberste Alterskohorte. Natürlich müssen von der obersten Kohorte noch die Tode abgezogen werden, das wird gemacht, in dem die Weltbevölkerung durch die mittlere Lebenserwartung weltweit (2010: 65 Jahre) geteilt wird, 110 Mio Tode. Dadurch, dass ich die Tode nur von der obersten Alterskohorte abziehe, wird diese etwas unterschätzt, aber gleichzeitig wird sie ja auch überschätzt, weil ja auch Menschen "unterwegs" zur obersten Alterskohorte sterben - ich vermute, das gleicht sich in etwa aus. Die Differenz Geburten minus Tode gibt die 80 Millionen Geburtenüberschuss, die ja auch tatsächlich beobachtet werden.

So, jetzt kann man das in die Zukunft extrapolieren. Natürlich werden sich einige der Faktoren verändern, wenn die Welt sich entwickelt.

Zunächst zur Fruchtbarkeitsrate: Man beobachtet ja, dass es einen Zusammenhang zwischen der Anzahl Kinder, und dem Bruttosozialprodukt pro Kopf (Einkommen) gibt. Siehe dazu diese Grafik:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/43/TFR_vs_PPP_2009.svg

Die Kurve lässt sich durch eine Funktion

($ / a) + b

annähern. a drückt aus, wie Geld und Kinderzahl zusammenhängen, b ist der Wert, auf den die Kinderzahl bei hohen Einkommen konvergiert. Um die Kurve in Übereinstimmung mit den Beobachtungen zu bringen, muss man etwa a = 15000 und b = 1.2 setzen. Das heisst, auch bei stetig steigendem Einkommen sinkt die Kinderzahl nie unter 1.2 pro Frau (man beachte, dass einige europäische Länder weit darunter liegen).

Beim Bruttosozialprodukt pro Kopf (von dem die Fertilität oben abhängt) habe ich einfach angenommen, dass es vom heutigen globalen Mittelwert von 11000 $ jährlich um 2.5% steigt: 2.5% ist ein Mittelwert, den ich von dieser Grafik habe:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/45/WeltBIPWorldgroupOECDengl.PNG

Das mittlere Einkommen wird damit bereits im Jahr 2060 auf dem Niveau der heute reichsten Länder liegen.

Schliesslich noch die Lebenserwartung. Da habe ich einfach angenommen, dass sie wie in den westlichen Ländern in den letzten 100 Jahren üblich, jedes Jahr um 0.2 Jahre steigt. Heute sind es etwa 3 Monate (oder 0.25 Jahre) pro Jahr, ich habe das etwas abgerundet. Allerdings ist das keine extreme Annahme: Bis 2100 wird demnach die mittlere Lebenserwartung weltweit auf 83 Jahre steigen - moderat selbst im Vergleich mit einigen heutigen industrialisierten Ländern. Eine mittlere Lebenserwartung von 120 Jahren z.B. wird erst im Jahr 2285 erreicht. Das ist, denke ich, überaus konservativ.

So, und dann ergibt sich eben der schon angesprochene Verlauf (die Jahreszahlen sind natürlich nicht wörtlich zu nehmen...). Ca. 9.3 Mrd bis 2050, ein Maximum von 10.7 Mrd bis 2140, dann ein langsamer Abfall auf sehr viel tiefere Werte.

Interessant ist vielleicht auch noch, dass es heute in der mittleren Kohorte (den "Arbeitern") 8.6 Mal mehr Menschen gibt als in der obersten (den "Rentnern"). 2050 werden es noch 6 Mal soviel sein, 2075 noch knapp 4 Mal so viel, 2100 noch 2.7 Mal soviel. Parität ist im Jahr 2206 erreicht.

Die Kinderkohorte erreicht ihr Maximum mit 2.4 Mrd im Jahr 2040, die Arbeiterkohorte ein Maximum von 6.2 Mrd im Jahr 2080, und die Rentnerkohorte ein Maximum von 5.3 Mrd im Jahr 2350.

Erst im Jahr 2481 wird die Erde wieder, wie heute, 7 Mrd Einwohner haben (wovon nur 470 Mio Kinder sein werden).

Wenn man davon ausgeht, dass bis heute 110 Mrd Menschen gelebt haben, dann werden es bis 2050 117 Mrd sein, bis 2100 125 Mrd. Beim Bevölkerungspeak im Jahr 2140 werden es etwa 130 Mrd sein. Danach kommen nur noch wenige dazu - extrapoliert man weiter bis ins Jahr 3000, sind es bis dahin nur 160 Mrd.

Wer das .ods bzw. .xls-File haben will, schicke mir eine PN mit E-Mail-Adresse. Ich wäre sehr daran interessiert, andere Formeln und Zusammenhänge einzubringen, um das Modell so realistisch wie möglich zu machen.
 

Bynaus

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PS: Mögliche Weiterentwicklungen wären:

- Das Wachstum des Bruttosozialprodukts pro Kopf an dessen absoluten Wert zu koppeln: schliesslich wachsen industrialisierte Länder deutlich langsamer als Schwellenländer.

- Das Wachstum der Lebenserwartung an das absolute Bruttosozialprodukt pro Kopf zu koppeln.

- Eine interessante Diskussion wäre, ob der "Rebound" in Geburtenraten, den einige beobachtet haben wollen (z.B. in Schweden), real ist und ob sich der ins Modell einbauen liesse.

- Natürlich könnte man die Welt auch nach Regionen (und/oder speziell grosse Länder) aufteilen und je nach dem unterschiedliche Werte übernehmen. Dann müsste man allerdings auch die Migration zwischen den Regionen berücksichtigen. Gerade im Fall der USA ist das sehr wichtig, weil dies der Grund dafür ist, weshalb sie trotz hohem Einkommen immer noch eine sehr hohe Fruchtbarkeitsrate aufweisen.
 

Bynaus

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@Monod: http://www.astronews.com/forum/showpost.php?p=76463&postcount=610

In deinem Bevölkerungsmodell waren Annahmen getroffen worden, die mir unrealistisch erschienen. Zum Beispiel Zunahme der Lebenserwartung alle 400 Jahre um 100 Jahre oder auch die Abnahme der Kinderzahl bis gegen Null sowie die Abnahme der gebährfähigen Frauen auf 100 Millionen bei einer Gesamtpopulation von 10 Milliarden usw.

Wie oben erwähnt, bis 2100, der interessantesten Zeitspanne, nimmt die weltweite Lebenserwartung nur auf realistische 83 Jahre zu. 120 Jahre sind erst im Jahr 2200 erreicht. Wenn man die Lebenserwartung dann auf diesem Niveau stoppt, geht die Bevölkerung nach dem Peak halt noch schneller zurück als wenn nicht. Es ändert nichts an der Abnahme.

Ich gehe, wie oben erklärt, nicht von einer Abnahme der Kinderzahl gegen Null aus, sondern auf eine Abnahme den beobachteten Werten entsprechend (siehe entsprechende Grafik) auf etwa 1.2. Das ist das, was man beobachtet. Es gibt nichts, was heute darauf hindeutet (ausser vielleicht Wunschdenken, "es sollte so sein dass..."), dass die Zahl sich langfristig auf 2 stabilisieren sollte. Ich bin aber gerne bereit, auch mal alternative Ansätze auszuprobieren, etwa, was passiert, wenn jede Frau alle, sagen wir, 50 Jahre ein Kind zur Welt bringt.

Eine Abnahme der gebärfähigen Frauen auf 100 Mio, bei 10 Mrd Gesamtbevölkerung gibt es zu keinem Zeitpunkt. Im Jahr 2250, wenn die Menschheit die 10 Mrd Grenze abwärts wieder unterschreitet, sind es rund 2 Mrd Frauen im gebärfähigen Alter. Erst im Jahr 3000, bei 2.5 Mrd Gesamtbevölkerung, sind es noch etwa 100 Mio gebärfähige Frauen. Ich habe die Phase der Fruchtbarkeit mit Absicht nicht über das natürliche Mass hinaus gestreckt, weil es dafür solide biologische Gründe gibt (nicht dass ich es ausschliessen würde, bloss, ich sehe die Motivation dahinter nicht so). Weiter beobachtet man ja schon heute, dass eher das Bedürfnis besteht, die Phase der Fruchtbarkeit - wenn schon - nach hinten zu schieben, statt sie zu verlängern: Frauen bekommen einfach immer später Kinder, und die totale Anzahl der Kinder geht zurück.
 
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Monod

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@ Bynaus:

nur ganz kurz, da ich wenig Zeit habe ...

mit einer erhöhten Lebenserwartung nehmen die mit dem Bevölkerungszuwachs verbundenen Probleme nur noch mehr zu, da jedes Individuum noch mehr Konsum in Anspruch nimmt. Also auch wenn die Geburtenrate weiter absinkt und irgendwann negative Werte im Vergleich zum Vorjahr annimmt, bleibt das hohe Level über einen längeren Zeitraum erhalten, weil die Sterberate ebenfalls abnimmt.

Eine Obergrenze von 120 Jahren würde ich als realistisches Limit setzen, dass nicht weiter überschritten wird. Simuliere mal den Verlauf, wenn diese Obergrenze stabil bleibt. Eine durchschnittliche Kinderzahl von 1,2 weltweit erscheint mir nach wie vor unrealistisch, auch wenn derzeit in den führenden Industrienationen dieser Wert z.T. noch unterschritten wird. Auf Dauer bleibt das nicht so, wie man an den Kinderzahlen in "bildungsfernen Schichten" sehen kann. Die Absenkung der Kinderzahlen in den "bildungsnahen Schichten", die zum größten Teil in regulären Beschäftigungsverhältnissen stehen, resultiert meiner Einschätzung nach aus der Abwägung Kind vs. Karriere bzw. Verhinderung des Arbeitsplatzverlustes, hat also andere Gründe als eine kausale Beziehung zum Bruttosozialprodukt pro Kopf wie in der Simulation zugrundegelegt.

Bei einem Altersspektrum von 0 bis 120 Jahren und einer Phase der Gebärfähigkeit von 15 bis 55 Jahren, also 40 Jahren, ergibt sich ein Anteil von einem Sechstel gebärfähiger Frauen in der Gesamtpopulation. Bei einer Anzahl von etwa 10 Milliarden Menschen also 1,67 Milliarden solcher Frauen. Aus einer Anzahl von 100 Millionen gebärfähiger Frauen resultiert damit eine Gesamtpopulation von 600 Millionen Menschen mit einer durchschnittlichen Lebensdauervon 120 Jahren. Dieses Level würde durchaus ein nachhaltiges sein, da solche Bevölkerungszahlen vor der Industrialisierung erreicht wurden. Nur, dass damals die durchschnittliche Lebenserwartung nur ein Drittel betrug und die Geburtenzahl mehr als 2, was aber infolge der hohen Kindersterblichkeit wieder wettgemacht wurde.

Monod
 

Puma

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Hallo Bynaus!

Deine Gedanken zu Bevölkerungsentwicklung sind ja gut und schön, aber was soll man daraus für Schlußfolgerungen ziehen?
Außerdem wird m.E. die ganze Entwicklung nicht so "einfach" ablaufen. Es fehlen da einige mögliche Faktoren, die das Ganze ebenfalls beeinflussen. Diese sind z.Bsp.: Wie verläuft die weitere gesellschaftliche Entwicklung ? Welche Ressourcen werden in 50 oder 100 Jahren noch verfügbar sein und welche Folgen wird dies haben ?
Ich denke nur daran, wie z.Bsp. in China damit umgegangen wurde. Ich kann mich noch erinnern, daß in den 60 und 70ger Jahren man sich dort noch über den Bevölkerungszuwachs freute. Dann merkte man plötzlich, daß es so nicht mehr weitergegehn kann, da die Ressourcen dafür nicht ausreichen. Die Folge war, daß man staatlicherseits eine Geburtenregelung schuf.
Dies könnte auch in einem absehbaren Zeitraum global passieren und die Bevölkerungszahl geht zurück.
Dies nur so am Rande.


MfG
 

Bynaus

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@Monod: Vorläufig geht es mir v.a. um die Bevölkerung, ich will hier kein mini-Limits-to-Growth-Modell entwickeln (vielleicht langfristig...).

Eine Obergrenze von 120 Jahren würde ich als realistisches Limit setzen, dass nicht weiter überschritten wird.

Warum? Nur weils in der Bibel steht, ist es noch lange nicht realistisch, das hat die Erfahrung gezeigt... :) Warum hältst du diese Grenze für "realistisch"? Natürlich erleben heute nur sehr wenige dieses hohe Alter, aber das hat damit zu tun, dass viele schon "auf dem Weg dorthin" sterben. Soviel ich weiss, sind die Sterberaten im hohen Alter konstant: es gibt keinen Hinweis darauf, dass die Sterberaten kurz vor 120 plötzlich nach oben schnellen. Das ist keine natürliche Grenze, sondern eine rein statistische.

Simuliere mal den Verlauf, wenn diese Obergrenze stabil bleibt.

Hab ich gemacht. Ab 2200 gibts einen ganz leichten Knick nach unten. Langfristig macht sich der aber bemerkbar: im Jahr 3000 gibt es nur noch 900 Mio, statt 2.5 Mrd Menschen (was - da die über 120jährigen sich ja nicht mehr fortpflanzen - nichts anderes heisst als dass im vorherigen Modell von den 2.5 Mrd ganze 1.6 Mrd Menschen über 120 Jahre alt waren...).

Eine durchschnittliche Kinderzahl von 1,2 weltweit erscheint mir nach wie vor unrealistisch

Warum? Das ist eine Beobachtung...

Auf Dauer bleibt das nicht so, wie man an den Kinderzahlen in "bildungsfernen Schichten" sehen kann. Die Absenkung der Kinderzahlen in den "bildungsnahen Schichten", die zum größten Teil in regulären Beschäftigungsverhältnissen stehen, resultiert meiner Einschätzung nach aus der Abwägung Kind vs. Karriere bzw. Verhinderung des Arbeitsplatzverlustes, hat also andere Gründe als eine kausale Beziehung zum Bruttosozialprodukt pro Kopf wie in der Simulation zugrundegelegt.

Die kausale Beziehung, wie ich sie in das Modell eingebaut habe, stammt ja direkt aus Beobachtungen. Und diese Zahlen sind nun mal so wie sie sind: Das sind ja absolute Geburten in, sagen wir, Deutschland, den USA oder Uganda, nicht das Ergebnis einer Umfrage in "bildungsnahen Schichten" oder gar mein Bauchgefühl...

Also entweder wird das angebliche Problem der vielen Kinder in "bildungsfernen Schichten" völlig aufgebauscht, oder die "bildungsnahen Schichten" haben eben einfach deutlich weniger als die 1.2 Kinder pro Frau....

Bei einem Altersspektrum von 0 bis 120 Jahren und einer Phase der Gebärfähigkeit von 15 bis 55 Jahren, also 40 Jahren, ergibt sich ein Anteil von einem Sechstel gebärfähiger Frauen in der Gesamtpopulation. Bei einer Anzahl von etwa 10 Milliarden Menschen also 1,67 Milliarden solcher Frauen. Aus einer Anzahl von 100 Millionen gebärfähiger Frauen resultiert damit eine Gesamtpopulation von 600 Millionen Menschen mit einer durchschnittlichen Lebensdauervon 120 Jahren.

Nur wenn du alles etwas gar brachial mittelst. Diese Dinge sind dynamisch und nicht im Gleichgewicht. Gerade die nächsten 1000 Jahre werden Bevölkerungsmässig gesehen dynamisch sein.

Ich habe übrigens mit einer Fruchtbarkeitsphase von 30 Jahren gerechnet, weil nach 45 nur die wenigsten Frauen noch Kinder bekommen. Interessant ist, dass wenn man 40 Jahre einsetzt, die Menschheit kaum mehr auf 8 Mrd kommt und bis zum Jahr 3000 praktisch ausstirbt (ca. 40 Mio weltweit verbleiben)... Das heisst aber auch nichts anderes, als dass die Verschiebung der Zeit, in der man Kinder bekommt, nach hinten wie eine (dramatische) Verringerung der Fruchtbarkeitsrate wirkt. Möglicherweise sind die niedrigen Fruchtbarkeitsraten in den westlichen Ländern in den letzten Jahrzehnten zumindest teilweise darauf zurückzuführen, dass Mütter immer älter sind, wenn sie ihr erstes Kind zur Welt bringen.

Dieses Level würde durchaus ein nachhaltiges sein, da solche Bevölkerungszahlen vor der Industrialisierung erreicht wurden.

Nachhaltig kann es nur sein, wenn entweder die Lebenserwartung gegen unendlich tendiert, oder die durchschnittliche Kinderzahl etwa 2 beträgt. Beides ist offenbar nicht sehr realistisch...

@Puma: Es gibt eine Menge Fragen, die man diskutieren kann. Natürlich kann kein Modell die Zukunft vorhersagen. Aber kann ausprobieren, was passiert, wenn man bestimmte Dinge hineinnimmt. Man könnte sagen, ich versuche hier ein "Referenzmodell" zu entwickeln: was passiert, wenn alles so bleibt, wie es ist. Wohin führt uns das? Mit so einem Modell könnte man dann zum Beispiel erkennen, wo wann was getan werden müsste.
 

Runzelrübe

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Wieso rechnet ihr die Modelle nicht einfach mit den unterschiedlichen Zahlen durch? Was für den einen aus unparametrisierten Gründen wahrscheinlicher ist, muss noch lange nicht stimmen. Außerdem, das macht man neuerdings wohl so und lässt sich dann erst Jahre später erwischen:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,761070,00.html

Insofern sollte der Patzer das Bewusstsein dafür schärfen, dass statistische Erhebungen fehleranfällig sind - und genaue Prozentwerte in Studien vor allem eins suggerieren: eine Scheingenauigkeit.
 

FrankSpecht

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Moin, zusammen,
Die UNO hat neue Zahlen zur künftigen Bevölkerungsentwicklung veröffentlicht:

http://nextbigfuture.com/2011/05/un-projects-world-population-of-62-to.html
Ich bin zu dem Thema zufällig über wissenschaft-online.de auf diesen Artikel von spektrumdirekt gestoßen: ZUKUNFT DER MENSCHHEIT - Zweifelhafte Annahmen schärfen Bevölkerungsbombe

Fred Pearce kommentiert und kritisiert darin diese UNO-Veröffentlichung. Seiner Meinung nach wurde bei der Analyse die Fertilitätsrate willkürlich von 1,85 auf 2,1 hochgeschraubt, was zu der Annahme führt, dass im Jahr 2100 rund 10 Milliarden Menschen die Erde bevölkern - 1 Milliarde mehr als aus früheren Prognosen hervorging.
 
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Bynaus

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Seiner Meinung nach wurde bei der Analyse die Fertilitätsrate willkürlich von 1,85 auf 2,1 hochgeschraubt

Wie, was, wurde Monod in eine UNO-Komission aufgenommen? ;)

Es gibt tatsächlich heute überhaupt keinen Grund, warum man annehmen sollte, dass sich die Fruchtbarkeit langfristig irgendwie zufällig bei den "magischen" 2.1, der modernen Ersetzungsrate, einpendeln würde. Alle empirischen Daten weisen auf deutlich tiefere Werte, etwa 1.2 - 1.5, hin - und das ist ein globaler Trend. Die wahre Bevölkerungsbombe liegt demnach in einem Bevölkerungscrash, nicht einer Explosion. Wenn wir alles richtig machen, kompensieren wir das vielleicht mit längeren Lebensspannen. Alternativ wird die Weltbevölkerung nach einem künftigen Maximum nur noch zurückgehen. Möglich, dass das dann irgendwann zu einer Verminderung des Wohlstandes und damit zu einem Anstieg der Kinderzahlen führt, und wieder zurück in mehreren Iterationen, so dass langfristig die Fruchtbarkeitsrate gerade um die 2.1 herum pendelt und sich die Menschheit auf dem dieser Kinderzahl entsprechenden Einkommensniveau stabilisiert. Nimmt man die im Eingangspost verlinkte Grafik als Basis, dürfte das etwa bei 10'000 US$/Person sein. Das entspricht etwa dem heutigen Niveau von Brasilien, Kolumbien oder Kuba (oder in den USA im Jahr 1978). Interessant wäre jetzt zu wissen, welche Weltbevölkerung diesem stabilen Niveau entspricht. Ich werde mal versuchen, dies in mein Modell einzubauen.
 

UMa

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Hallo Bynaus,

ich denke deine Unterteilung in nur drei Alterskohorten ist zu grob. Ich würde vorschlagen Alterskohorten von 5 Jahren zunehmen und ebenfalls Zeitschritte von 5 Jahren dauer zu nehmen. Dann verschieben sich die Alterskohorten in jedem Zeitschritt um einen weiter.
Die Daten für diese Kohorten für 1950-2010 findest du im neuen UN-Bevölkerungsbericht
http://esa.un.org/unpd/wpp/Excel-Data/population.htm
Danach betrug die mittlere jährliche Zahl der Geburten von 2005-2010 134 Millionen, die Zahl der Gestorbenen 56 Millionen pro Jahr. Das weicht doch erheblich von deinem einfachen Modell ab.
(Übrigens die, die 15 werden sind nicht 1/14 sonderen 1/15)
Allein von der obersten Alterkohorte die Gestorbenen abzuziehen halte ich für sehr ungenau, die Kindersterblichkeit ist in weiten Teilen der Welt noch sehr hoch. Die Sterberate innerhalb von 5 Jahren von einer 5-Jahres Kohorte kannst du leicht bestimmen, wenn du jeweils die 5-Jahres Kohorten aus dem UN-Bericht in Abstand von 5 Jahren betrachtst. Die Lebenserwartung kannst du dann aus den Sterberaten berechnen.
Für weitere Entwicklung der Sterberaten würde dies
http://en.wikipedia.org/wiki/Gompertz-Makeham_law_of_mortality
benutzen. Außerdem würde ich einen Potenzusammenhang zwischen den Parametern der Sterberate und dem GDP pro Kopf versuchen. Ein unbeschränktes Wachstum des GDP halte ich für unrealistisch.

Du gehst offenbar davon aus, dass sich die Zahl der Geburten in den reichen Ländern nicht wieder erholt, sondern weiter bis auf 1,2 sinkt. Das ist zwar möglich aber nicht notwendig. Die Entwicklung ist bisher unterschiedlich.
Schau dir mal (z.B. UN-Bevölkerungsbericht) die Geburtenentwicklung der letzten Jahrzehnte in den Ländern
Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Niederlande, Norwegen, Schweden und USA
an. Diese haben sich wieder erholt.

Im Gegensatz dazu zeigen die Länder
Bosnien-Herzegowina, Deutschland, Japan, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweiz, Singapur, Slowakei, Südkorea und Ungarn
über mindestens 20 Jahre Werte von im Mittel unter 1,5 Kindern, bisher ohne ein Anzeichen der Erholung.

Grüße UMa
 

Bynaus

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Hallo UMa, grundsätzlich schon, meine Zeit ist im Moment einfach etwas knapp bemessen. Nach der MetSoc (ab zweite Hälfte August) sollte es wieder viel besser werden. Dann werd ich mich auch nochmals an mein Modell setzen und die vorgeschlagenen Änderungen / Verbesserungen vornehmen.
 

UMa

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Hallo Bynaus,

ich habe ein erstes Modell mit 5 Jahres-Kohorten implementiert. Die Kinderzahl und Parameter für die Sterberaten sind dabei mittel Potenzgesetz von GDP pro Kopf abhängig, wobei die Parameter für die Potenzgesetze so angepasst wurden, dass die UN2010 werte für 1950-2010 gut wiedergegeben werden.
Das Wachstum des GDP pro Kopf flacht dabei logistisch ab gegen das 8.13 fach des Wertes von 2000. dabei konviergiert die Kinderzahl im Modell gegen 1.3.
Die vorläufigen Ergebnisse: Tabelle mit Jahr, Bevölkerung in Mio, Kinderzahl pro Frau, Lebenserwartung in Jahren, rohe Geburten und Sterberate pro 1000. Die erste Zeile ist für das Jahr 2000 für die Bevölkerung und für 2000-2005 für die anderen Werte. Nach 2100 nicht mehr alle Zeilen.

Grüße UMa

2000 6093 3.0 68.2 22 8
2005 6520 2.8 69.6 21 8
2010 6949 2.7 70.8 20 8
2015 7377 2.6 71.9 19 8
2020 7793 2.5 73.0 18 8
2025 8189 2.4 73.9 17 8
2030 8558 2.3 74.8 16 8
2035 8898 2.2 75.6 15 8
2040 9203 2.1 76.4 14 9
2045 9471 2.0 77.1 14 9
2050 9697 1.9 77.7 13 9
2055 9878 1.9 78.3 12 10
2060 10012 1.8 78.8 12 10
2065 10098 1.7 79.3 11 10
2070 10134 1.7 79.8 11 11
2075 10121 1.6 80.2 10 11
2080 10059 1.6 80.6 10 12
2085 9951 1.6 80.9 9 12
2090 9799 1.5 81.2 9 13
2095 9608 1.5 81.5 8 13
2100 9380 1.5 81.7 8 14
2125 7840 1.4 82.6 7 16
2150 6041 1.3 83.0 6 18
2175 4399 1.3 83.2 6 20
2200 3097 1.3 83.3 6 20
2225 2142 1.3 83.3 6 21
2250 1468 1.3 83.4 6 21
2275 1002 1.3 83.4 6 21
2300 683 1.3 83.4 6 21
2325 465 1.3 83.4 6 21
2350 316 1.3 83.4 6 21
2375 215 1.3 83.4 6 21
2400 147
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Wow, beeindruckend (kannst du mir das File schicken? an meine final-frontier.ch-Adresse?), besonders der Bevölkerungsabsturz zwischen dem 22. und 25. Jahrhundert... Kannst du noch die totale Anzahl Menschen aufsummieren, die in dieser Zeit geboren werden? :)

Einer der Hauptunterschiede zu meinem Modell scheint zu sein, dass du auch von einem Konvergieren der Lebenserwartung auszugehen scheinst. Oder hängt die auch vom GDP ab, bzw., ist sie das einfache Produkt der Geburts- und Sterberaten? Weiter würde mich interessieren: Wann kehrt sich das Wachstum des GDPs in eine Schrumpung um? 2070? Wie sieht das Verhältnis von arbeitender Bevölkerung zu Pensionären (die man vielleicht als Lebenserwartung - 10 definieren könnte) im Verlauf der Zeit aus?
 

Alex74

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Ein Bedenken will ich kurz einstreuen:

Solche Rechnungen berücksichtigen nicht den Grund für den Niedergang der Geburtenrate: nämlich Wohlstand und die Einrichtung von Rentenversicherungen, die das Alter der Menschen absichert ohne daß diese auf eigene Kinder angewiesen sind. In Entwicklungsländern mit hoher Geburtenrate gelten Kinder immernoch als Zukunftsabsicherung.
Mit Überalterung und rascher Abnahme der Bevölkerung ist nicht anzunehmen daß das zu halten sein wird. Mit abnehmendem Wohlstand und zunehmender Überalterung wird das Gleichgewicht nicht mehr bei 1,3 Kindern, sondern wieder höher liegen weil zumindest einige Bevölkerungsschichten ihre Zukunft durch Kinder absichern werden.

Das System ist also selbstbezüglich, der Geburtenrückgang wird verursacht durch wachsenden Wohlstand, der aber wiederum Einschränkung des Wohlstands mit sich bringen wird. Da liegt ein Hund begraben, der die Hochrechnung so wie sie ist zu Fall bringt.

Es sei denn, z.B. Roboter würden komplett das Wohlstandsproblem lösen. Das ist aber eine ähnlich vage Annahme wie die Einsicht der Politik weltweit, daß ab einem gewissen Punkt der Staat massiv dafür sorgen muß, daß die Geburten bei ca.2 Kindern liegen, wie auch immer.

Gruß Alex
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
In wohlhabenden Gesellschaften lässt sich die Zukunft nicht durch Kinder absichern - im Gegenteil: Kinder sind ein grosser Kostenfaktor. Legt man das Geld aus einem ganzen Arbeitsleben stattdessen zur Seite, kann man sich auf einen Lebensabend im Wohlstand freuen, ohne wirklich auf staatliche Beiträge aus der Rentenkasse angewiesen zu sein. Ausserdem sind wohlhabende Gesellschaften offenbar deutlich individualistischer und weniger solidarisch, so dass man sich nicht einmal sicher sein könnte, dass die Kinder sich dereinst wirklich um einen kümmern - oder ob sie einen nicht viel eher in ein Heim abschieben.

Man muss sich die Welt zu dem Zeitpunkt vorstellen, an dem die Überalterung zum ersten Mal deutlich zu Tage tritt, wenn die Rentensysteme immer weniger Beträge abwerfen: Wie entscheidet sich da ein junges Paar, das gerade darüber nachdenkt, Karriere- und Einkommenseinbussen zu akzeptieren, um Kinder zu haben? Werden sie beschliessen, viele Kinder zu haben, um dereinst nicht von den Renten abhängig zu sein? Oder werden sie stattdessen beschliessen, keine Kinder zu haben um im Alter genügend Geld auf der Seite zu haben? Das hängt natürlich noch von weiteren Faktoren ab, wie etwa dem Stand der Entwicklung in der Fortpflanzungsmedizin, den wirtschaftlichen Aussichten insgesamt, der Gesundheit der Rentner und der typischen Lebenserwartung.
 

Alex74

Registriertes Mitglied
Beim ersten Übergang von Wohlstand zu Überalterung hast du evtl. Recht; allerdings heißt schrumpfender Wohlstand auch: zunehmende Arbeitslosigkeit, Wegbrechen der Mittelschicht. Und in unteren Schichten denkt man nicht mehr hauptsächlich an Karriere.
Würde die Logik stimmen, daß in weniger wohlständischen Gesellschaften die Leute mehr Zwang zu Karriere haben und sich daher mehr darauf als auf Kinder konzentrieren, würde man ja beobachten daß die Geburtenrate in Schwellenländern niedriger wäre; das Gegenteil ist der Fall.

Wie gesagt, ich wollte nicht auf hypothetische Ereignisse hinaus die Unwägbarkeiten für solche Rechnung darstellen, sondern nur feststellen daß es in der Rechnung einen Selbstbezug gibt der noch nicht implementiert ist.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Beim ersten Übergang von Wohlstand zu Überalterung hast du evtl. Recht; allerdings heißt schrumpfender Wohlstand auch: zunehmende Arbeitslosigkeit, Wegbrechen der Mittelschicht.

Ja, das meinte ich mit den allgemeinen wirtschaftlichen Aussichten.

Würde die Logik stimmen, daß in weniger wohlständischen Gesellschaften die Leute mehr Zwang zu Karriere haben und sich daher mehr darauf als auf Kinder konzentrieren, würde man ja beobachten daß die Geburtenrate in Schwellenländern niedriger wäre; das Gegenteil ist der Fall.

Das stimmt schon - aber ich denke, es macht einen Unterschied, ob man aus einer wohlstandsverwöhnten Familie kommt (wie fast alle in den westlichen Staaten, bzw. in den heutigen Schwellenländern, wenn diese Staaten dereinst zu "Industrieländern" bzw. "Dienstleistungsländern" aufgestiegen sind) oder aus einer, die bisher nur Armut gekannt hat. Es gibt also quasi eine Art Hysterese: gleiche Bedingungen (z.B. GDP/Kopf) bedeuten nicht unbedingt gleiche Entscheidungen.

Wie gesagt, ich wollte nicht auf hypothetische Ereignisse hinaus die Unwägbarkeiten für solche Rechnung darstellen, sondern nur feststellen daß es in der Rechnung einen Selbstbezug gibt der noch nicht implementiert ist.

Und ich wollte zu bedenken geben, dass dieser Selbstbezug vielleicht so gar nicht existiert. :)
 

eeralfcosmo

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also schick mal eure modelle an den hungerden igendeiner, damnm

Formeln ueber das leben zu entwicklen ist meiner meinung nach schwachsinn,

warum können wir nicht einfach sterben?, ich hab seit 20 jahre weder zähne geputzt noch irgenwelche fuck medicine zu mir genommen, und lebe immer nioch

der mensch lebe hoch, aber fallen wird er tief, Ralf
 
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