Gravitationswellen: Empfehlung aus Amerika für LISA-Mission

astronews.com Redaktion

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Das amerikanische National Research Council (NRC) hat die Laser Interferometer Space Antenna (LISA) nachdrücklich als eine der zwei nächsten wichtigen Weltraum-Missionen der NASA empfohlen. Die Mission soll gemeinsam mit der Europäischen Weltraumbehörde ESA im Jahr 2016 begonnen werden. LISA soll Gravitationswellen messen und damit das Universum auf eine neue Art und Weise beobachten, wie es mit keiner anderen Technologie möglich ist. (17. August 2010)

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ACE147

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Hallo Astronomiefreunde,
ein höchst interesantes Unterfangen. Ich kann mir aber bei bestem Willen und bestem Wissen nicht vorstellen, daß man in dem beschriebenen System Positionsänderungen von 10 Picometern hinreichend reproduzierbar messen kann.
Schon alleine die absoluten Positionsschwankungen der LISA-Satelliten bei Ihrer Position bzw. Umlauf um die Erde ist doch sicherlich schon größer. Man bedenke, dass die Erde ja ein Geoid ist.
Die "Auflösung" der Messysteme muß ja sozusagen ungeheuerlich sein....
Kann mich jemand überzeugen ?
Vielen Dank,
ACE147
 

Bynaus

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Die LISA-Sonden sollen ja nicht die Erde umlaufen, sondern ihr 50 Mio km "dahinter" folgen. Sie verfügen alle über ein hochpräzises Stabilisationssystem (das den Abstand zu einer sich im Zentrum der Sonde befindlichen, von allen Kräften mit Ausnahme der Gravitation abgeschirmten Goldsphäre misst und dafür sorgt, dass die Sonde relativ zur Goldkugel immer die gleiche Position hält).

Ich finde es hocherstaunlich, dass man das so genau machen kann, aber die involvierten Ingenieure und Wissenschaftler werden schon wissen, was sie tun. Das ganze System soll ja, wenn ich das richtig verstanden habe, mit LISA-pathfinder erst mal getestet werden, bevor man sich an die Realisierung des Gesamtsystems macht.
 

Alex74

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Mich wundert die Aussage "von allen anderen Kräften abgeschirmt" - wie wird diese Goldkugel denn festgehalten? Mechanisch ist sie anfällig für Temperaturänderungen, magnetisch wird man das kaum derart präzise machen können.
Gegen die Temperaturänderungen müßte man sie ähnlich kühlen wie die Sensoren von WISE, womit die Haltbarkeit begrenzt wäre; außerdem zielt so eine Kühlung auf eine niedrige Temperatur ab, bei den Gravitationswellen muß sie aber peinlich konstant sein; ob eine derartige Kühlung das so leisten kann weiß ich nicht - zumal das Ding unstabilisiert sein muß und somit von der Sonne ständig anders bestrahlt werden wird.
 

Alex74

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Sollten Gezeitenkräfte dann nicht dafür sorgen daß die Kugel irgendwann ihre ruhige Lage verläßt und mit dem Sondeninneren kollidiert?
 

jonas

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Rechne doch mal spaßhalber die Gezeitenkraft auf eine Kugel von, sagen wir mal, 10 cm Durchmesser aus und bestimme ihren Vektor.
 

Bynaus

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Sollten Gezeitenkräfte dann nicht dafür sorgen daß die Kugel irgendwann ihre ruhige Lage verläßt und mit dem Sondeninneren kollidiert?

Das wird sie nicht, denn die Sonde wird das mit ihren Positionstriebwerken verhindern. Die Kugel würde z.B. auch wegen dem Sonnenwind (der die Sonde anschiebt, aber nicht die Kugel) mit der Sonde kollidieren. Das wird alles durch die Positionstriebwerke kompensiert.

Gezeitenkräfte dürften, 50 Mio km von der Erde entfernt, doch recht klein ausfallen...
 

MGZ

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Hallo Astronomiefreunde,
ein höchst interesantes Unterfangen. Ich kann mir aber bei bestem Willen und bestem Wissen nicht vorstellen, daß man in dem beschriebenen System Positionsänderungen von 10 Picometern hinreichend reproduzierbar messen kann.
Schon alleine die absoluten Positionsschwankungen der LISA-Satelliten bei Ihrer Position bzw. Umlauf um die Erde ist doch sicherlich schon größer. Man bedenke, dass die Erde ja ein Geoid ist.
Die "Auflösung" der Messysteme muß ja sozusagen ungeheuerlich sein....
Kann mich jemand überzeugen ?
Vielen Dank,
ACE147

Das Ding ist ein Interferometer. Man muss die Satelliten nicht auf den Pikometer genau positionieren, solange sie nur ihre gegenseitige Position und Geschwindigkeit beibehalten.
Das Prinzip ist ähnlich dem des Michelson-Interferometers (Siehe Wikipedia). Wenn eine Gravitationswelle durch den Laserstrahl wandert, dann ändert sich das Interferenzmuster.
 

Bynaus

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Man muss die Satelliten nicht auf den Pikometer genau positionieren, solange sie nur ihre gegenseitige Position und Geschwindigkeit beibehalten.

Ja, aber die Frage ist doch: wie genau müssen sie ihre gegenseitige Position halten?
 

Nathan5111

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Kann mich mal jemand davon überzeugen, dass der 'gewellte' Raum und die ihn durchlaufenden Laserstrahlen weit genug entkoppelt sind, um einen Effekt zu erhalten?
 

mac

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Rechne doch mal spaßhalber die Gezeitenkraft auf eine Kugel von, sagen wir mal, 10 cm Durchmesser aus und bestimme ihren Vektor.
OK, Spaßeshalber:
Zwei solche Kugeln, im Abstand von 5 Millionen km untereinander und im Abstand von 50 Millionen km von der Erde, werden mit mindestens 2,77E-8 m/s^2 unterschiedlich stark vom Gravitationsfeld der Erde beschleunigt. Nach 300 Mikrosekunden hätten die Kugeln ihren Abstand zueinander um 1 Pikometer verändert, nach 1 Sekunde um 1,39E-8 m.

Selbst L3 wäre hier (bei dieser Achsenlänge) niemals frei von Gezeitenkräften.

Herzliche Grüße

MAC
 
Zuletzt bearbeitet:

MGZ

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Ja, aber die Frage ist doch: wie genau müssen sie ihre gegenseitige Position halten?

Wahrscheinlich darf die relative Geschwindigkeit nur wenige Nanometer pro Sekunde betragen und sie muss so exakt vorraussehbar sein, dass der Einfluss der Gravitationswelle im Vergleich dazu groß ist.
 

Bernhard

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OK, Spaßeshalber:
Hallo mac,

man könnte jetzt gemeinerweise behaupten, dass alle drei Satelliten auf der gleichen Erdumlaufbahn laufen und deswegen bei idealer Kugelgestalt der Erde gar keinen Gezeitenkräfte ausgesetzt sind, aber dabei würde man dann den Einfluß des Mondes und der Sonne vernachlässigen. Man müsste deine Rechnung nochmal für den Mond, als beschleunigende Masse durchführen und würde damit auf etwas kleinere Werte kommen, die aber ebenfalls die Frage offen lassen, wie LISA damit klar kommt.
Gruß
 

Bernhard

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Wahrscheinlich darf die relative Geschwindigkeit nur wenige Nanometer pro Sekunde betragen und sie muss so exakt vorraussehbar sein, dass der Einfluss der Gravitationswelle im Vergleich dazu groß ist.
vielleicht werden ja alle bekannten Positionsänderungen aufgrund von Gezeitenkräften, Sonnenwind, Strahlungsdruck der Sonnenstrahlung usw. einfach rausgerechnet :eek:. Der Rest sollte dann auf Gravitationsstrahlung zurückzuführen sein.
Gruß
 

jonas

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mac schrieb:
OK, Spaßeshalber:
Zwei solche Kugeln, im Abstand von 5 Millionen km untereinander und im Abstand von 50 Millionen km von der Erde, werden mit mindestens 2,77E-8 m/s^2 unterschiedlich stark vom Gravitationsfeld der Erde beschleunigt. Nach 300 Mikrosekunden hätten die Kugeln ihren Abstand zueinander um 1 Pikometer verändert, nach 1 Sekunde um 1,39E-8 m.

Selbst L3 wäre hier (bei dieser Achsenlänge) niemals frei von Gezeitenkräften.
Hi mac

Mein Einwurf gegenüber Alex in post #7 die Gezeitenkraft auszurechnen bezog sich eher auf die Gezeitenkraft innerhalb einer Sonde, denn nur so könnte die frei schwebende Kugel irgendwann an die Sondenhülle stoßen. Die Gezeitenkraft, die Du ausgerechnet hast, wirkt auf Sonde und ihren Inhalt gleichermassen, verändert also die relative Position der Kugel in der Sonde nicht.

Der Abstand zwischen den Sonden wird niemals auf den picometer genau konstant gehalten werden können, selbst ohne Gezeitenkraft. Sie werden sich immer mit einer gewissen Relativgeschwindigkeit zueinander bewegen.

Denn man müsste sie dann nicht nur auf exakt gleiche Orbitalgeschwindigkeit bringen, sondern sie auch auf einer exakten Kreisbahn um die Sonne halten. Folgen die Sonden der Erdbahn, so sind wegen ihrer Exzentrizität viel höhere Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den Sonden zu erwarten als durch Gezeitenwirkung der Erde.
 

Alex74

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Ich muß zugeben daß ich mich außerstande sehe, das zu berechnen; nicht wegen der Rechnung an sich aber wegen der ganzen Unwägbarkeiten, vor allem weil da drei Körper ihre Finger mit drin haben.

Kann es aber sein daß ich was falsch verstanden habe: die Kugeln müssen relativ zur Sonde gar nicht ruhig bleiben?
 

jonas

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Hi Alex

Meine Aufforderung sollte Dir vor Augen führen, daß die Gezeitenkraft nicht dazu führen kann, daß die Kugel im Inneren irgendwann (in absehbarer Zeit) an die Sondenhülle stoßen wird.

Lass mal die Erde (Mond und andere Sterne :D) aussen vor und nimm nur die Sonne. Und dann nimm an, daß die Kugel nicht genau im Gravitationszentrum der Sonde liegt, sie also tatsächlich - relativ zur Sonde - etwas anderen Kraftvektoren unterliegt.

Noch eine Vereinfachung: Die Sonde hat eine gebundene Rotation gegenüber der Sonne, sie hat eine perfekt kreisrunde Umlaufbahn, die Kugel ist 10 cm gegenüber dem Schwerpunkt der Sonde (in Richtung Sonne) versetzt und ist einen Meter von der Sondenwand entfernt. Wie lange dauert es dann, bis die Kugel an die Wand stößt?
 

Alex74

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Daß sie "an die Wand stößt" war sogar weniger mein Bedenken, eher daß die Position sich gegenüber der Wand verändert. Aber wie gesagt, anscheinend ist das unwichtig - war ein Verständnisfehler meinerseits.
 

mac

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Hallo Bernhard,

zunächst mal: Ich hatte bisher keine Zeit mir genauer anzusehen, wie LISA mißt. Ich vermute, daß man die unvermeidbaren Abstandsänderungen anhand ihrer Beschleunigung herausrechnen muß. Das ist bei einigen zig-tausend Objekten, nur in unserem Sonnensystem, die alle mit unterschiedlich periodischen Änderungen ‚ziehen‘ in meiner Vorstellung nicht mehr ganz trivial.


man könnte jetzt gemeinerweise behaupten, dass alle drei Satelliten auf der gleichen Erdumlaufbahn laufen und deswegen bei idealer Kugelgestalt der Erde gar keinen Gezeitenkräfte ausgesetzt sind, aber dabei würde man dann den Einfluß des Mondes und der Sonne vernachlässigen.
egal wie man LISA im Raum anordnet, egal wo man LISA im oder außerhalb des Sonnensystems plaziert, es gibt überall, im Vergleich zur Empfindlichkeit, gigantische Gezeiteneffekte. Mit der Entfernung zur Erde kann man auch nicht beliebig ‚rumspielen‘, man braucht ja bei den Datenmengen eine erhebliche Bandbreite zur Übertragung.

Es geht eigentlich nur über eine, durch die Gravitationswellen verursachte meßbare Frequenzmodulation auf den extrem starken Gezeiteneffekten oder etwas anderes, von dem ich (meßtechnisch) keine Ahnung habe.

Auf der entsrechenden NASA-Seite habe ich, wenn ich’s nicht mißverstehe, auch einen dazu passenden Satz gefunden:
LISA detects gravitational waves by measuring the change in separation between freely floating test masses,
Herzliche Grüße

MAC
 
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