Ausdehnung des Raumes

Isotop

Registriertes Mitglied
Moin,
dies ist wieder eine Frage mit der ich gerne feststellen würde, ob meine Vorstellung richtig ist.
Es geht mir (unter anderem) darum zu verstehen warum Galaxien sich um so schneller vom Beobachter entfernen, je weiter sie weg sind. Meine Vorstellung davon ist folgende:

Da der Raum sich ausdehnt enteht zwischen einem Beobachter und einem Objekt ständig "neuer Raum".
Je weiter ein Objekt entfernt ist, je mehr Raum also zwischen dem Objekt und dem Beobachter ist, desto mehr "neuer Raum" entsteht zwischen Beobachter und Objekt und desto schneller entfernt sich das Objekt vom Beobachter.
Weit entfernte Objekte entfernen sich also sehr schnell, obwohl sie sich im Raum nicht oder nur wenig bewegen. Die Rotverschiebung ist also keine Folge der Geschwindigkeit des Objektes, sondern der Raumausdehnung, also kein Dopplereffekt.
Bei nahen Objekten wie z.B. Andromeda ist die Eigenbewegung stärker, als die Bildung von "neuem Raum", so dass sie auch auf uns zukommen können, die Blauverschiebung ist auf die Geschwindiglkeit von Andromeda im Raum zurückzuführen, ist also ein Dopplereffekt, der größer ist als die Rotverschiebung durch die Raumausdehnung.
Ab einer bestimmten Entfernung überwiegt die Raumausdehnung über die Geschwindigkeit der Objekte und deshalb bewegt sich keines davon auf uns zu.
Wenn ein Objekt so weit vom Beobachter entfernt ist, dass zwischen Objekt und Beobachter in einer Sekunde mindestens 300.000 km "neuer Raum" entstehen entfernt sich das Objekt mit "Überlichtgeschwindigkeit" (Ich setzte den Begriff in Anführungsstriche, denn dass das Objekt sich entfernt beruht ja nicht wirklich auf seiner Geschwindigkeit) und verschwindet für den Beobachter hinter einem Ereignishorizont. Dieser Ereignishorizont ist vom Beobachter immer gleich weit entfernt, im Unterschied zur Grenze des sichtbaren Universums, die sich mit c entfernt.
Der Beobachter ist also immer in der Mitte einer "Blase" in einem wesentlich größeren Universum. Alles ausserhalb der "Blase" ist für den Beobachter nicht existent, da es sich mit Überlicht entfernt uns somit kein Informationsaustausch mit dem Beobachter möglich ist.

Seh ich das alles richtig, und wenn ja, wie weit ist dieser Ereignishorizont entfernt? Ich vermute er liegt weit jenseits der Grenze des sichtbaren Universums?

Gruß, Isotop
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Isotop,

fast.

Wenn das Universum mit abnehmender bis konstanter, also nicht positiv beschleunigter Ausdehnungsgeschwindigkeit expandieren würde, gäbe es zwar einen Vergangenheitslichtkegel, aber keinen Ereignishorizont.

Such' hier im Forum mal nach den Begriffen Gummiband und Ameisenmodell.

Herzliche Grüße und auch von mir ein Willkommen :)

MAC
 

jonas

Registriertes Mitglied
Zu dem Thema habe ich immer wieder die selbe Antwort: http://arxiv.org/PS_cache/astro-ph/pdf/0310/0310808v2.pdf

Es ist der für mich beste Artikel, den ich zu dem Thema je im Web gefunden habe. Obwohl, wie ich gerne zugebe, bereits bei der ersten Grafik so gehörig ins Stolpern geraten bin, daß ich mir eine blutige Nase geholt habe :D

PS: Da der Artikel auf arxiv sich von Zeit zu Zeit zu verschieben scheint, gebe ich hier mal den Titel und die Autoren noch an, anhand derer im arxiv gesucht werden kann: "Expanding Confusion: common misconceptions of cosmological horizons and the superluminal expansion of the universe", von Tamara M. Davis und Charles H. Lineweaver
 
Zuletzt bearbeitet:

jonas

Registriertes Mitglied
PS: Hi mac, ich wusste, daß meine Ameise hier wieder auftaucht :) Wie sollte sie auch verloren gehen :D

Allerdings denke ich schon seit einer geraumen Zeit über ihr Schicksal nach und überlege, diese, im Zusammenhang mit dem obigen Artikel, einer Revision zu unterziehen.
 

Isotop

Registriertes Mitglied
Danke für die schnellen Antworten mitten in der Nacht.
Meine Aussage, der Ereignishorizont hätte einen konstanten Abstand vom Beobachter ist also falsch. Durch die positiv beschleunigte Ausdehnungsgeschwindigkeit bewegt er sich auf den Beobachter zu, oder?

Gruß, Isotop
 

jonas

Registriertes Mitglied
Hi Isotop
Durch die positiv beschleunigte Ausdehnungsgeschwindigkeit bewegt er sich auf den Beobachter zu, oder?
Diesen Eindruck habe ich zumindest. Nur ist mir noch nicht wirklich klar geworden was beschleunigte Ausdehnung wirklich bedeutet, also was sich eigentlich beschleunigt.

PS: Also die Frage, ob sich die Expansionsgeschwindigkeit am "Rand" des Universums beschleunigt und die Geschwindigkeiten der Punkte, die in konstanter Entfernung von uns sich befinden, gleich bleiben, oder ob sich auch diese (konstanten) Punkte sich mit immer zunehmender Geschwindigkeit von uns entfernen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Isotop

Registriertes Mitglied
Hmm, verstehe was Du meinst. An die erste Möglichkeit hab ich noch nie gedacht, ich glaube aber, dass sich überall, immer schneller und im ganzen Universum gleichmäßig, "neuer Raum" bildet (man könnte wohl auch sagen, der "Druck" im Universum erhöht sich), sich also alle Punte positiv beschleunigt von uns entfernen.
Einen "Rand" gibt es ja nicht wirklich, der "Rand" wäre dann ja der Ereignishorizont und egal wo ich im Universum bin, ich bin immer in der Mitte, so dass der "Rand" sich mit mir verschiebt.

Wenn sich der Ereignishorizont auf den Beobachter zu und die Genze des sichtbaren Universums sich von ihm weg bewegt, wäre es da nicht denkbar, dass der Ereignishorizont in ferner Zukunft innerhalb des sichtbaren Universums ist?
Wenn die Rate der positven Beschleunigung bekannt ist (ist sie das?), müste man dann nicht ausrechnen können wie weit der Ereignishorizont heute entfernt ist?
 

Isotop

Registriertes Mitglied
Hehe, tja, wenn der alte Shakespeare gewust hätte, wie einfach die Antwort auf seine große Frage ist ;)
Versteh allerdings nicht jeder, denn es gibt nur 10 Arten von Leuten, die die Binär- (in diesem Falle Hex-) Code verstehen und die, die es nicht tun. *gg*

Über Deine Sig hab ich aber auch lachen müssen.
 
Zuletzt bearbeitet:

StarWolf

Registriertes Mitglied
Moin,
dies ist wieder eine Frage mit der ich gerne feststellen würde, ob meine Vorstellung richtig ist.
Es geht mir (unter anderem) darum zu verstehen warum Galaxien sich um so schneller vom Beobachter entfernen, je weiter sie weg sind. ....

Gruß, Isotop

Das Beispiel mit dem Rosinen-Hefe-Kuchen hilft dabei.

1234 ..... das sind die Rosinen
- ..... ist die Entfernung (nehmen wir 1 cm)

Am Anfang siehts so aus:
1-2-3-4

nach einer Stunde verdoppelt sich das Volumen des Kuchens:
1--2--3--4

Ausgehend von Rosine 1 ist Ros.2 jetzt 2 statt einem cm entfernt, entspricht einer Geschwindigkeit von 1cm/h.

Ros.4 ist jetzt 6 cm entfernt anstatt vorher 3, entspricht also 3cm/h, die 3fache Geschw. wie Ros.2

lg
StarWolf
 

Orbit

Registriertes Mitglied
Schöne Diskussion. :)
Und wieder gefällt mir insbesondere, wie sie von isotop aufgegleist wurde.

Jonas schrieb:
Allerdings denke ich schon seit einer geraumen Zeit über ihr Schicksal nach und überlege, diese, im Zusammenhang mit dem obigen Artikel, einer Revision zu unterziehen.
Auch bei mir krabbelt sie ab und zu durch die grauen Nervenzellen, immer wieder ein bisschen anders.:)

Jonas schrieb:
PS: Also die Frage, ob sich die Expansionsgeschwindigkeit am "Rand" des Universums beschleunigt und die Geschwindigkeiten der Punkte, die in konstanter Entfernung von uns sich befinden, gleich bleiben, oder ob sich auch diese (konstanten) Punkte sich mit immer zunehmender Geschwindigkeit von uns entfernen.
Grundsätzlich sehe ich noch eine dritte Möglichkeit: je näher die Punkte, desto mehr nehmen ihre Fluchtgeschwindigkeiten im Laufe der Zeit ab.

StarWolf schrieb:
Am Anfang siehts so aus:
1-2-3-4

nach einer Stunde verdoppelt sich das Volumen des Kuchens:
1--2--3--4
Der Abstand hat sich hier verdoppelt. Das Volumen wäre 8 mal so gross.

@ isotop
Ich gehöre leider zu den Tumben, welche
nicht verstehen.:eek:

Orbit
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Jonas und Isotop

mir war das mit der Geschwindigkeit und auf was genau die sich denn nun bezieht, auch nicht von Anfang an klar.

Es ist aber ganz einfach und es funktioniert exakt so, wie beim Gummiband und der Ameise.
Das Ende des Gummibandes ist ja zunächst mal ein ganz willkürlich gewählter Abstand. Das macht aber nichts, denn alle Positionen des Gummibandes davor (und natürlich auch danach) verhalten sich ja, je nach ihrem Abstand zu uns, proportional zu dem, ich sach' mal ‚Packende‘.

Gehe ich mit dem Packende in der Hand, zum Zeitpunkt T, mit konstanter Geschwindigkeit weg von Dir, dann entfernt sich ein beliebiges Raumvolumen im Abstand a(zum Zeitpunkt T) zwischen dem Packende und Dir mit v(MAC) * a(T)/Länge bis Packende(T) von Dir.

Da das Verhältnis a/Länge bis Packende konstant bleibt, ist v an der Stelle a immer proportional zu meiner Geschwindigkeit am Packende. Oder anders ausgedrückt: Die ferne Galaxis 255/FF entfernt sich von uns (wenn die Ausdehnungsgeschwindigkeit konstant wäre) immer mit der selben Geschwindigkeit von uns, egal wieviel Zeit vergangen ist. Aber, der Raum in einem festen Abstand von uns, würde sich bei diesem Ausdehnungsverhalten mit zunehmender Zeit, wenn das Gummiband immer länger wird und daher der feste Abstand ein immer kleinerer Bruchteil der Gummibandlänge wird, verlangsamen.

Im ‚richtigen Leben‘ ist es nun so, daß ich :D mit dem Packende explosionsartig losgespurtet bin, mir dann immer mehr die ‚Puste‘ ausgegangen ist (wohl weil dieses ganze Ameisenheer immer stärker an mir rumzerrte ;) )und ich daher langsamer wurde. Rund sieben Milliarden Jahre nach dem Start hatte ich meine langsamste Geschwindigkeit erreicht und seit dem steigere ich allmählich mein Tempo wieder. Dieser Verlauf ist in etwa so gewesen, wie auf dieser Graphik: http://en.wikipedia.org/wiki/File:CMB_Timeline75.jpg

Ich glaube man kann das sogar ganz einfach rechnen; mir ist das aber bisher nur über eine, mit dem cosmology-calculator von Ned Wright gewonnene Datenreihe, eingesetzt ins Gummibandmodell, gelungen.

Ich weiß gar nicht was mit der Seite von Ned Wright los ist, kriege jedenfalls im Moment keine Verbindung dazu. Bei den anderen Rechnern die hier: http://nedwww.ipac.caltech.edu/help/cosmology_calc.html aufgeführt sind, hab‘ ich noch nicht ausprobiert wie sie arbeiten.

Herzliche Grüße

MAC
 
Zuletzt bearbeitet:

MGZ

Registriertes Mitglied
Noch etwas zum Ort des Ereignishorizonts, der durch die Expansion verursacht wird: Wo er sich genau befindet, ist schwer zu sagen. Abschätzungen kommen zu einer Entfernung von 40-50 Gly. Aber er entfernt sich von uns mit Lichtgeschwindigkeit plus momentane Expansionsgeschwindigkeit.

Ich finde, dass die Hubble-Expansion überhaupt eines der wichtigsten Probleme der modernen Physik ist. Sie ist einfach ein Schlag ins Gesicht für jeden ehrlichen Physiker :D
-Sie verletzt offenbar mindestens lokal den Energie- und Impulserhaltungssatz.
-Sie deutet an, dass es einen Absoluten Raum entgegen Einstein eben doch gibt. (Denn was sonst sollte da expandieren?)
-Sie erschafft, erneut gegen Einstein, eine Möglichkeit, Inertialsysteme voneinander zu unterscheiden (durch die zeitliche Abklingkurve der Energie eines Photons) und sie legt ein Bevorzugtes Intertialsystem nahe. (Nämlich jenes, in dem die Photonenenergie gegen 0 konvergiert)
-Sie verletzt die Isotropie der Zeit. (Ob ich ein Experiment heute oder morgen mache, hängt eventuell davon ab, wie groß morgen die Hubblekonstante ist)
-Sie ist nicht zeitsymmetrisch (Das kann aber auch darauf hindeuten, dass die Hubble-Expansion auf mikroskopischer Ebene als statistischer Prozess beschrieben werden muss)
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
@ isotop
Ich gehöre leider zu den Tumben, welche

nicht verstehen.:eek:
Hallo Orbit,

da werden Bitmuster "verodert". 2B = 101011. Not 2B ist bei einem 1-Byte-Register (=8 Bit) 11010100. Läßt man jetzt den ODER-Operator auf jedes Bit los (verodern), bekommt man FF. Auf einem beliebig großen "Register" würde ich dagegen eher 3F als Ergebnis erwarten.
Trotzdem eine super Idee.
MfG
 
Zuletzt bearbeitet:

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Orbit,

die Sache mit dem FF finde ich (wegen der Reihenfolge der Operationen) nicht ganz eindeutig, aber eine mögliche Interpretation wäre:

Das Ganze spielt sich im Hexadezimalsystem ab. 2B hex = 43 dez. 2B ist aber eine beliebige Zahl und wurde nur passend lautmalend (to (two) be) zum Shakespeare-Zitat gewählt.
Die logische Operation NOT kehrt die (binäre) Bitfolge (jeder) Zahl um. Die Bitfolge für 3 dez wäre 11 und für 4 dez wäre sie 100. Für 43dez ist sie 0101011 (0*2^6+1*2^5 + 0*2^4 +1*2^3 +0*2^2+1*2^1+1*2^0)
Wenn man also NOT auf 0101011 anwendet, dann erhält man 1010100.

In der Binärlogik steht 0 für FALSCH und 1 für WAHR
Die logische Operation OR ist immer WAHR (=1), wenn eines der beiden verglichenen Bits 1 ist.

0 0 ergibt 0
0 1 ergibt 1
1 0 ergibt 1
1 1 ergibt 1

Wenn man also jetzt eine Bitfolge und ihre Umkehrung miteinander vergleicht, kann nie eine 0 mit einer 0 verglichen werden und das Ergebnis (in dem Beispiel) ist immer 111111 und das ist 255 dez und FF hex.

Herzliche Grüße

MAC

PS ich sehe gerade, daß Bernhard die Bitreihenfolge (rechnertypisch) umkehrt. Laß Dich davon nicht verwirren. Die Programmierer machen das so. Das höherwertige Byte steht bei denen rechts vom niederwertigen Byte. Ich habe in meinem Beispiel die uns normalen Menschen eher geläufige Dezimal-Konvention gewählt. Eine Stelle nach links ist das Zehnfache (und bei der Binärfolge das Doppelte)

Hatte ursprünglich 1 Stelle zu wenig für Hexadezimalzahlen in Bitfolge gewählt und gerade korrigiert
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernhard

Registriertes Mitglied
und das Ergebnis (in dem Beispiel) ist immer 11111 und das ist 255 dez und FF hex.

Hallo MAC,

11111 ist aber 1F :). Der Windows-Rechner kann so "Scherze" übrigens recht gut berechnen. All diese verschiedenen Interpretationen gehören sicher zu den 10 Isotopschen "Lösungen".
MfG
 
Zuletzt bearbeitet:

Orbit

Registriertes Mitglied
Danke für die Erklärungen, Bernhard und mac.
Damit sind wohl aber noch nicht ganz alle offenen Fragen in diesem Thread geklärt. ;)
Ob sich isotop vor der Eröffnung dieses Threads wohl bewusst war, was für eine Packung er da aufmacht?

Orbit
 

Bernhard

Registriertes Mitglied
Wenn das Universum mit abnehmender bis konstanter, also nicht positiv beschleunigter Ausdehnungsgeschwindigkeit expandieren würde, gäbe es zwar einen Vergangenheitslichtkegel, aber keinen Ereignishorizont.

Hallo MAC,

woher hast Du denn das? Meiner Meinung nach gibt es auch in einem Universum mit konstanter Ausdehnungsgeschwindigkeit einen Ereignishorizont, weil auch dort die Rotverschiebung für Signale aus der Anfangszeit mit t nach 0 divergiert.
MfG
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Bernhard,

woher hast Du denn das? Meiner Meinung nach gibt es auch in einem Universum mit konstanter Ausdehnungsgeschwindigkeit einen Ereignishorizont, weil auch dort die Rotverschiebung für Signale aus der Anfangszeit mit t nach 0 divergiert.
Du hast recht. Aber nur wenn Du bei 0 anfängst. Das trau ich mich aber nicht, denn damit kommt man in Teufels Küche. ;)

Herzliche Grüße

MAC
 
Oben