Brauchen wir die Kernenergie?

Aragorn

Registriertes Mitglied
Mit den vorstehenden Bemerkungen wird auch klar, weshalb das Öko-Institut deutlich höhere CO2-Emissionen durch Kernenergie berechnet: Man unterstellt die jeweils ungünstigsten Bedingungen (Urananreicherung durch Gasdiffusion, Stromversorgung dieser Anlagen durch Kohlekraftwerke, ...). Ist das nicht auch 'Ideologie', galileo?

Gruss
hardy
Nein das ist keine Ideologie, sondern der momentane Istzustand. Wie die CO2-Bilanz der verschiedenen Länder momentan aussieht steht auf S.9 des Dokuments vom Öko-Institut. Dein Vorwurf das dort der ungünstigste Fall unterstellt wurde trifft nicht zu (schließlich wird für Deutschland 32 g/kWh angegeben und nicht 126 g/kWh was wohl im ungünstigsten Fall zutreffen würde).

Wenn zur Uranaufbereitung ausschließlich Atomstrom eingesetzt wird, dürfte die CO2-Bilanz des Atomstroms auf etwa 8 g CO2/kWh (wie in Frankreich gegeben) sinken.
Gleiches gilt aber auch für die alternativen Energiequellen. Wenn aller Strom zur Produktion von Windkrafträdern, Solarzellen, Solarkraftwerken etc. aus alternativen Energiequellen gespeist würde, sinkt deren CO2-Bilanz ebenso.
Ergo sehe ich da keine Ideologie am Werk.

Gruß Helmut
 

hardy

Registriertes Mitglied
Vor der Katastrophe in Tschernobyl wurde dieser Reaktortyp auf dem deutschen Atomforum und in deren Publikationen als besonders sicher bezeichnet.

http://www.bund-naturschutz.de/fakten/energie/atompolitik/sicherheit.html

Hallo Aragorn,

die von dir zitierten Merkmale des Tschernobyl-Reaktors (RBMK-Typ) sind, mit einer Ausnahme, keine sicherheitsrelevanten Merkmale sondern ausschliesslich betriebliche Vorteile (i.w. bessere Ausnutzung des Kernbrennstoffs). Das einzige sicherheitsrelevante Merkmal, das erwähnt wurde, ist das Fehlen eines Sicherheitsbehälters (Containments). Allerdings ist es mehr als fraglich, ob ein eventuelles Containment die Auswirkungen des Unfalls wesentlich hätte mildern können.

Bei der Beurteilung des RBMK-Typs in den westlichen Ländern fehlte damals sowohl der Aspekt der inhärenten Sicherheit als auch die Kenntnis der Auslegung des Abschaltsystems.

Inhärente Sicherheit heisst, dass es eine negative Rückkopplung zwischen Reaktorleistung und Reaktivität gibt. Das heisst, dass der Reaktor einem Anstieg der Reaktorleistung entgegenwirkt. Unter den besonderen Bedingungen des Tschernobyl-Unfalls war das nicht der Fall.

Im Westen wusste man auch nichts Genaueres über das Abschaltsystem. Beispielsweise war offenbar unbekannt, dass die Abschaltstäbe, die im oberen Teil neutronenabsorbierendes Borkarbid enthielten, im unteren Teil einen moderierenden Grafit-Teil enthielten. Das führte dazu, dass in den ersten Sekunden der Abschaltung dem Reaktor positive Reaktivität zugeführt wurde (wegen der Verdrängung des Wassers durch Grafit), ein Phänomen, das die Bezeichnung 'positiver Abschalteffekt' erhielt.

Alle bisherigen Sicherheitsstudien gehen davon aus, daß der Bedienungsmannschaft des Reaktors keinerlei Fehler unterlaufen [sind]!
In Tschernobyl war dies aber der maßgebliche Grund der zur Katastrophe führte.

Der Grund für die Katastrophe von Tschernobyl waren Fehler der Bedienungsmannschaft des Reaktors in Kombination mit der sicherheitstechnisch ungenügenden Auslegung des Reaktors (s. oben). Ein Reaktor muss so ausgelegt werden, dass Fehler der Bedienungsmannschaft nicht zu schwerwiegenden Folgen führen können.

Und was heißt es wirklich, wenn immer wieder behauptet wird "deutsche Kernkraftwerke sind so viel sicherer"?

Deutsche KKW sind vermöge ihrer Auslegung nicht nur sicherer als Reaktoren vom Tschernobyl-Typ, sondern sie sind auch im Vergleich der westlichen Reaktoren an der Spitze. Diesem Statement tut auch die Pannenserie im KKW Krümmel keinen Abbruch.

Drei Jahre nach Tschernobyl hat einer der Hauptbefürworter der Atomenergie, Prof. Birkhofer, die „deutsche Risikostudie Kernkraftwerke“ vorgestellt. Nach seinen Angaben läuft die Katastrophe in einem deutschen AKW anders ab. Die Wahrscheinlichkeit einer Kernschmelze mit Beschädigung des Containments wird zwar als geringer anzusehen. Wenn sie eintritt, sei aber ein weit schlimmeres Ausmaß als in Tschernobyl zu erwarten, da in unseren Reaktoren größere Mengen an radioaktiven Spaltprodukten enthalten sind. Prof. Birkhofer geht von bis zu 14.000 Soforttote, und ca. Hunderttausend Langzeittoten aus. Das hängt mit der größeren Menge an freigesetzter Radioaktivität und einer etwa zehnmal dichteren Besiedlung Deutschlands im Vergleich zur Ukraine und Weißrussland zusammen.

Ein Unfalltyp wie in Tschernobyl (prompt-überkritische Leistungsexkursion) war und ist bei den Leichtwasserreaktoren westlicher Bauart ausgeschlossen. Betrachtet wird hingegen der hypothetische Ausfall sämtlicher Kühlung des abgeschalteten Reaktorkerns mit der Konsequenz einer Kernschmelze.

Die letzte Barriere gegen den Austritt radioaktiver Stoffe in die Kraftwerksumgebung, das Containment, wird dadurch aufrechterhalten, dass ein katastrophales Überdruckversagen des Containmenmts durch gefilterte Druckentlastung verhindert wird.

Gruss
hardy
 

hardy

Registriertes Mitglied
Nein das ist keine Ideologie, sondern der momentane Istzustand. Wie die CO2-Bilanz der verschiedenen Länder momentan aussieht steht auf S.9 des Dokuments vom Öko-Institut. Dein Vorwurf das dort der ungünstigste Fall unterstellt wurde trifft nicht zu (schließlich wird für Deutschland 32 g/kWh angegeben und nicht 126 g/kWh was wohl im ungünstigsten Fall zutreffen würde).

Hallo Helmut,

es mag ja sein, dass das Öko-Institut seine Prognosen mal wieder korrigiert hat.
Jedenfalls findet man in dem von galileo (Beitrag #2) zitierten Dokument des Öko-Instituts folgende Aussage:

'Demgegenüber verursacht Strom aus erneuerbaren Energien - und hier insbesondere Biomasse in Kraft-Wärme-Kopplung - deutlich weniger Treibhausgase als Atomstrom.'

Das ist nun ganz offensichtlich falsch, siehe meine früheren Ausführungen.

Deine Ansicht, die Beurteilung der verschiedenen Stromerzeugungstechniken sei ideologiefrei, zweifle ich sehr an.

Gruss
hardy
 

Aragorn

Registriertes Mitglied
'Demgegenüber verursacht Strom aus erneuerbaren Energien - und hier insbesondere Biomasse in Kraft-Wärme-Kopplung - deutlich weniger Treibhausgase als Atomstrom.'

Das ist nun ganz offensichtlich falsch, siehe meine früheren Ausführungen.
Nö, das ist nicht falsch:

Die rechnerisch negativen Emissionen des BHKW mit Biogas ergeben sich, weil die Gutschrift für die in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Wärme größer ist als die Gesamtemissionen des BHKW, das CO2-neutrales Biogas einsetzt.
Damit ist die CO2-Einsparung gemeint die sich durch die nicht mehr notwendigen Ölheizungen ergibt. Mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) erreichen diese Blockheizkraftwerke eine nahezu 100 prozentige Umsetzung in nutzbare Energie.
Man könnte zwar prinzipiell auch eine KWK bei AKWs einführen. Die Wärmeverluste wären, aufgrund der größeren Wege zum Verbraucher, aber deutlich größer als bei dezentralen kleinen Anlagen.

Gruß Helmut
 

Schmidts Katze

Registriertes Mitglied
Hallo hardy,

für mich ist die Frage Kernenergie, ja oder nein, eher eine politische als eine technische.
Ich erinnere mich noch sehr gut an unseren Bundeskanzler Helmut Kohl, der sich "persönlich verbürgt" hat, daß der Atommüll für 100.000de Jahre sicher gelagert wird, und sehe 25 Jahre später die Zustände in der Asse und die Vorgänge um Gorleben.

Dazu kommt die offensichtliche Unfähigkeit der Betreiber.
Das AKW Krümmel wurde nach 2 Jahren Reparatur wieder hochgefahren, und ist ganze 2 Wochen gelaufen.
Die Atomaufsicht wurde dann übrigens von der Polizei, und nicht etwa vom Betreiber, über die neue Panne informiert.

Diesen Leuten soll ich so eine gefährliche Technologie überlassen?

Grüße
SK
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo hardy,
Ist das nicht auch 'Ideologie', galileo?
ich will keine Gegenfrage, sondern Fakten. Du bist der Spezialist, dann solltest du in der Lage sein, diese anspruchsvolle, aber schwierige Diskussion so zu gestalten, dass keine 'Hochglanzargumente' nötig sind. Eine Präsentation des wissenschaftlichen Diskussionsstands fände ich hier ziemlich hilfreich. Es ist mir klar, dass das schwierig ist. Aber auch zu deinen sonst wohlklingenden Argumenten fehlen mir hier die Links auf nachprüfbare Publikationen.

Und was mich wirklich nervt (aber dafür kannst du nichts), sind diese 'Hochglanzreklamen':
na klar....gewaltige Wasserkraftwerke sind entstanden, das bedeutendste ist der Drei-Schluchten-Staudamm ;)
auf denen man noch nicht mal ein Impressum findet.

Grüsse galileo2609
 

Aragorn

Registriertes Mitglied
Ein Unfalltyp wie in Tschernobyl (prompt-überkritische Leistungsexkursion) war und ist bei den Leichtwasserreaktoren westlicher Bauart ausgeschlossen. Betrachtet wird hingegen der hypothetische Ausfall sämtlicher Kühlung des abgeschalteten Reaktorkerns mit der Konsequenz einer Kernschmelze.
Nehmen wir mal an die Seher unter den Birkhofschen Heinzelmännchen gäbe es tatsächlich, und die deutschen Kraftwerke seinen deshalb die sichersten auf der Welt.

Dann sind wir trotzdem nicht weniger gefährdet als die Menschen in Rußland mit ihren angeblich so unsicheren Kraftwerken.

Schließlich setzen unsere "sicheren" Kraftwerke im Havariefall viel mehr Radioaktivität frei und stehen in erheblich dichter besiedeltem Gebiet.

Gruß Helmut
 

Martin

Registriertes Mitglied
Was man nicht vergessen darf:

1. Keine Produktionsmethode zur Herstellung von Massenstrom hat über die Jahre so wenige Tote gefordert wie die Kernenergie. Bei der Kohle sterben jedes Jahr tausende von Kumpels in Kohleminen, tausende von Menschen an Lungenkrebs (wegen der Russpartikel), wohl auch bald einige wegen der Klimaerwärmung. Kohle setzt mehr Radioaktivität frei als alle Kernkraftwerke (über das in der Kohle einglagerte Uran). Öl und Gas haben in unzähligen Rohstoffkriegen unzählie Menschenopfer gefordert, ganz zu schweigen von den Unfällen beim Handling dieser Substanzen. Auch Wasserkraft hat viele Tote (brechende Dämme, etc.) gefordert, und Millionen von Menschen mussten weltweit schon wegen Wasserkraft umziehen. Man muss das alles ein bisschen ins richtige Verhältnis setzen.

Ich finde solche Vergleiche doch etwas problematisch, weil hier Aepfel mit Spreewaldgurken verglichen werden.

Ich bin pro Kernenergie, aber diese Totenaufrechnung stimmt so nicht. Die Foerderung von Uran hat auch sehr viele Menschenleben gefordert, in der DDR etwa 20.000 bis 30.000 durch Lungenkrebs und Silikose. Aehnlich sieht es in anderen Staaten aus (USA, GUS usw.). Allerdings lassen diese sich zum ueberwaeltigenden Teil auf den Anfang des Uranbergbaus (1940er bis 1960er Jahre) zurueckfuehren. Deswegen halte ich wenig davon den modernen Uranbergbau z.B. in Australien oder Kanada diese Faelle aus den 1950ern anzurechnen. Analog moechte ich aber auch nicht die heutigen Kohlebergwerke in Deutschland oder Australien mit jenen in China oder Russland vergleichen oder einen brechenden Staudamm aus den 1940ern der heutigen Wasserkraft anlasten.

Man kann dann ja auch weitergehen: Dann koennte man z.B. auch den Sinn von Katalysatoren in PKW heute in Frage stellen, weil der groesste Teil des Palladiums dafuer aus dem wunderschoenen Norilsk in Nordrussland kommt, wo der Schnee niemals weiss ist. Oder das Indium bzw. Germanium fuer Duennschichtsolarzellen aus Zinkhuetten in China.

Martin
 

ispom

Registriertes Mitglied
Es gibt dümmliche, überflüssige und hohle Beiträge oder nervige; aber solche Beiträge wie der letzte von ispom sind einfach widerlich und sollten in einem Forum nicht geduldet werden. :mad:
Orbit

eine Antwort auf meine Frage wäre mir lieber gewesen :cool:
und:
beiträge, wie der hier von mir zitierte sollten in einem Forum nicht geduldet werden :eek:
 

Aragorn

Registriertes Mitglied
Ich will deine Frage mal kurz aufgreifen. Warum existiert diese Frage? Wo laut Atomgesetz der Betrieb von Kernkraftwerken nur zulässig sei, wenn die Entsorgungsfrage gelöst ist.
Erst 8 Jahre nach der kommerziellen Atomstromproduktion wurde die Entsorgungsfrage überhaupt ins Atomgesetz aufgenommen. Und schon damals hieß es: Das Entsorgungsproblem lösen wir in den nächsten 10 Jahren. Heute, also viele Jahrzehnte später ist das Problem immer noch offen.

Das Entsorgungsproblem wurde dann mit dem Zusatzparagraphen 9 so gelöst:
Wir produzieren zwar radioaktiven Abfall mit radioaktiven Elementen von Halbwertszeiten von einigen Jahrzehnten bis etlichen Millionen Jahren, aber als Entsorgungsnachweis soll es ausreichen, daß der Verbleib der abgebrannten Brennelemente für sechs Jahre im Voraus angegeben wird.
Seit vielen Jahren kommen immer wieder neue Vorschläge hinzu wie man den Atommüll loswerden könnte:

a) in Salzbergwerken endlagern, deren geologische Stabilität von den Atomhoroskoplern für viele Jahrmillionen vorhergesagt werden kann
b) als Fässer auf dem Meeresboden versenken (von England und Frankreich für einige Zeit durchgeführt)
c) die Menge radioaktiven Abfalls oder dessen Volumen reduzieren (abgebrannte Brennelemente wiederaufarbeiten, Abfälle verpressen).
d) die Halbwertszeiten des radioaktiven Abfalls verringern (bsw. durch Umwandlung der langlebigen Nuklide in kurzlebige)
e) mit Raketen auf den Mond schiessen
f) hochradioaktiven Müll in Glaskokillen einschließen
...

daneben gibt es noch die inoffiziellen Methoden der Endlagerung

1) bei der Wiederaufarbeitung radioaktive Stoffe mehr oder weniger ungefiltert in die Atmosphäre und ins Meer ableiten, so daß sie verdünnt werden (Sellafield)
2) aus abgereichertem Uran Panzermunition fertigen und den Atommüll in Krisengebieten endlagern (im Irak- und Kosovo-Krieg durchgeführt)
3) gegen Devisen ins Ausland exportieren (nach Rußland, China und in die Dritte Welt).
...

Langsam gehen den Betreibern wohl die Ideen aus. Da fragen die inoffiziellen Atomlobbyisten (ispom) schon mal gerne in Foren nach: Wohin mit dem Atommüll?


ispom schrieb:
beiträge, wie der hier von mir zitierte sollten in einem Forum nicht geduldet werden :eek:
Es ist dein Problem wenn du der Wahrheit nicht ins Gesicht schauen kannst.

Gruß Helmut
 
Zuletzt bearbeitet:

ispom

Registriertes Mitglied
Langsam gehen den Betreibern wohl die Ideen aus. Da fragen die inoffiziellen Atomlobbyisten (ispom) schon mal gerne in Foren nach: Wohin mit dem Atommüll?

Es ist dein Problem wenn du der Wahrheit nicht ins Gesicht schauen kannst.

Gruß Helmut


oh nein, ich bin leider kein Atomlobbyist, nicht mal ein inoffizeller :rolleyes:
ich bin nur ein um unsere Zukunft (energiemäßig) besorgter Laie,
der nicht auf die Greenpeace-Greuelpropaganda hereinfällt :cool:

was ist die Wahrheit?
für mich ist es die Ansicht, die ich hier vertrete...aber ich akzeptiere es, wenn du das (wie die Mehrheit hier in D) anders siehst....
und so wird man wohl bei uns die Kernkraftwerke abschalten und den Atomstrom von den Nachbarn kaufen.....
(es wird so kommen wie in Italien, KKW-Ausstieg - aber 4 Reaktoren in F produzieren ausschließlich für I den Strom...


verstehe ich deine Antwort auf die eingangsfrage richtig,
daß du auch den einschluß in Glaskokillen und die Endlagerung in der Tiefsee als elegante Lösung ansiehst?

ps
kommt für uns nicht in Frage, wir steigen eh aus der Kernenergie aus...haben auch ein Exportverbot für Atommüll ... und suchen im eigenen Land eine Endlagerung, die nicht so teuer wie nötig, sondern so teuer wie möglich ist

aber weltweit ist das Problem doch aktuell....angesichts der Renaissance der Kernenergie
 
Zuletzt bearbeitet:

Aragorn

Registriertes Mitglied
Ich bin weder für die sofortige Abschaltung aller Kernkraftwerke, noch für einen kurzfristigen kompletten Ausstieg aus der Kernkraft. Solange zum Ausgleich dann erhebliche zusätzliche CO2-Emissionen anfallen ist das imho nicht umsetzbar.

Aber die Hoffnung die in den Gründerjahren der Atomwirtschaft vorlag, hat sich nicht erfüllt. Die Kernenergie ist nicht die langfristige Lösung aller Energieprobleme. Ohne Brüterwirtschaft reicht der heute bekannte weltweite Uranvorrat, sofern der heute vorliegende Uranverbrauch der Atomenergie gleichbleiben würde, sowieso nur für eine Übergangszeit (knapp 300 Jahre).

Und solange die Atomlobbyisten meinen die Optionen, welche uns mit alternativen Energiequellen längerfristig zu Verfügung stehen, kleinreden und blockieren zu müssen, sehe ich keinen Grund diese mit Samthandschuhen anzufassen.

Gruß Helmut
 

hardy

Registriertes Mitglied
Du bist der Spezialist, ...

Wenn schon 'Spezialist', galileo, dann eher für das Gebiet der Physik von Kernspaltungsreaktoren. Ich fühle mich keineswegs auf allen Gebieten der Kernenergie für ausreichend kompetent.

Aber auch zu deinen sonst wohlklingenden Argumenten fehlen mir hier die Links auf nachprüfbare Publikationen.

Ich hatte dir folgenden Link zu Forschungen am PSI gegeben:

http://gabe.web.psi.ch/research/lca/

Dort findet man unter der Überschrift 'Main Publications' nachprüfbare Publikationen zum Thema 'Life Cycle Assessment (LCA)', darunter auch die aus dem Jahr 2003 stammende Publikation

Greenhouse Gas Emissions from Energy Systems: Comparison and Overview
(http://gabe.web.psi.ch/pdfs/Annex_IV_Dones_et_al_2003.pdf)

Es gibt natürlich auch aktuellere Publikationen, z. B. in den Proceedings der Konferenz 'Physics of Reactors (PHYSOR'08)', die im September 2008 in Interlaken (CH) stattfand.

Gruss
hardy
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo hardy,
Wenn schon 'Spezialist', galileo, dann eher für das Gebiet der Physik von Kernspaltungsreaktoren. Ich fühle mich keineswegs auf allen Gebieten der Kernenergie für ausreichend kompetent.
dann zumindest der 'Einäugige' unter uns 'Blinden'. Im Ernst (wobei ich nur für mich sprechen will). Du bist im Thema einfach weiter drin und erweckst eben auch nicht zu Unrecht den Eindruck, dass du auf Fragen zu diesem Thema eine kompetente Anwort abliefern kannst.
Ich hatte dir folgenden Link zu Forschungen am PSI gegeben:
Ja, die lese ich auch. Wie ich auch die zuletzt von dir verlinkten lesen werde. Die Sache ist nur die, du merkst selbst, dass das Thema Kernenergie nicht ohne Emotionen diskutiert wird. Insofern noch einmal meine Bitte, deine Texte jeweils mit Links auf entsprechende Veröffentlichungen aufzuwerten, damit alle nachvollziehen können, worauf du dich berufst.

Das Thema Kernenergie hat für mich auch noch einen übergeordneten Aspekt. Neben der Photovoltaik ist die Kernspaltung das einzige Prinzip bisher realisierter Energieerzeugung, die über das chemische Verbrennen von Energieträgern hinausgeht (auch wenn in KKW letztlich auch nur Wasser gekocht wird). Mit der zur Disposition stehenden Kernenergie in Deutschland steht und fällt meiner Ansicht nach damit auch eine (gross)technische Anwendung moderner Physik. Auch wenn ich mir bewusst bin, dass die Ausbeutung erneuerbarer Energien technologisch anspruchsvoller Lösungen hervorbringt, hat die 'Rückkehr' zu Güllegas und Windmühlen irgendwie den Beigeschmack von 'Rückschritt'. Entscheidet das politische Schicksal der Kernenergie auch ein wenig über unsere zukünftigen Entwicklungsperspektiven im Allgemeinen? Was trauen wir uns noch zu? Eure Meinungen zu dieser Konjunktion würden mich auch interessieren.

Grüsse galileo2609
 

Martin

Registriertes Mitglied
a) in Salzbergwerken endlagern, deren geologische Stabilität von den Atomhoroskoplern für viele Jahrmillionen vorhergesagt werden kann
b) als Fässer auf dem Meeresboden versenken (von England und Frankreich für einige Zeit durchgeführt)
c) die Menge radioaktiven Abfalls oder dessen Volumen reduzieren (abgebrannte Brennelemente wiederaufarbeiten, Abfälle verpressen).
d) die Halbwertszeiten des radioaktiven Abfalls verringern (bsw. durch Umwandlung der langlebigen Nuklide in kurzlebige)
e) mit Raketen auf den Mond schiessen
f) hochradioaktiven Müll in Glaskokillen einschließen
a)Nicht von Horoskoplern, sondern Geologen. Das Salz in Deutschland hat ein Alter von etwa 250 Mio Jahren. Durch Auflast wurde es dann teilweise deformiert (Salzstoecke), allerdings ist diese Fliesen auch seit einigen 10er Mio Jahren abgeschlossen.
Ausserdem gibt es auch Alternativen: Tongesteine (dicht wie Salz, aber schlechtere Waermeleitfahigkeit), bestimmte Eisenerzformationen wie jene im Schacht Konrad, Salzgitter, kristalline Gesteine wie Granit (darin werden in Finnland gerade Endlager fuer hochradioaktiven Muell aufgefahren oder Ignimbrite. Konrad wurde 2007 von Umweltminister Gabriel genehmigt und wird 2012 in Betrieb gehen. Untersucht wurde es fuer ueber 600.000 m3 schwach- bis mittelaktiven Muell, genehmigt wurden 303.000, erwartet werden noch 270.000.
Asse war eine suboptimale Wahl, da es ein altes Bergwerk zur Salzproduktion war. Das hat den grossen Nachteil, das es viel groesser ist als es fuer ein Endlager braeuchte und man viel toten Hohlraum mit rumschleppen und entsprechend mit sichern muss. Bei einem extra zu diesem Zweck aufgefahrenen Endlager ist dies anders, hier kann man alles auf die Endlagerung ausrichten. Strecke auffahren, Muell rein, Strecke verfuellen, naechste Strecke auffahren usw. Und das benoetigte Volumen ist gering, etwa 10. bis 20.000 m3 fuer waermeentwickelnden Abfall in Deutschland. Das ist in manchen Slazbergwerken die Produktion einer Woche.
b)Nicht nur die.
c)Das ist seit vielen Jahren ohnehin Standard.
d)Teuer und unnoetig.
e)Teuer und unnoetig, aber waere interresant fuer die Raumfahrtindustrie.
f)Fuer Waermeentwickelnden Muell ohnehin geplant.

2) aus abgereichertem Uran Panzermunition fertigen und den Atommüll in Krisengebieten endlagern (im Irak- und Kosovo-Krieg durchgeführt)
3) gegen Devisen ins Ausland exportieren (nach Rußland, China und in die Dritte Welt).
...
2) ersten kein Atommuell, DU ist kein Abfallprodukt aus Kernkraftwerken. Die Menge des eingesetzten DU in den genannten Kriegen betrug grob 200 t. Bevor Kohlekraftwerke Filter bekamen, sah das im Vergleich so aus: 10 g/t Uran in Kohle, etwa 50 Mio t davon verbrannt pro Jahr in einer Region wie dem Ruhrgebiet z.B. in den 1950er Jahren und schon sind wir bei 500 t pro Jahr. Und im Gegensatz zum DU enthaelt dieser Russ auch die Zerfallsprodukte von Uran wie zum Bsp Radium.

3)Export von nuklearen Abfaellen ist in Deutschland verboten.
 

hardy

Registriertes Mitglied
ich bin nur ein um unsere Zukunft (energiemäßig) besorgter Laie,
der nicht auf die Greenpeace-Greuelpropaganda hereinfällt :cool:

Hallo ispom,

was die Anti-Atom-Propaganda von Greenpeace betrifft, so muss ich dir grundsätzlich recht geben, auch wenn es vielleicht galileo nicht gefällt.

'Bewertungen' der Kernspaltungs-Energetik wie z. B. 'Steinzeittechnologie', 'Schrottreaktoren', 'gerade noch mal knapp am GAU vorbeigeschrammt' etc. sind völlig jenseits jeder Diskussionskultur, um eine Formulierung von galileo aufzugreifen.

Emotionen ja, aber keine Verunglimpfungen!

meint
hardy
 

ispom

Registriertes Mitglied
Hallo hardy,
auf meine Frage zur Tiefsee (in tektonisch inaktiven Gebieten) als Endlager für in Kokillen eingeschmolzenen radiaktiven Müll habe ich bisher noch kein sachliches gegenargument gelesen.
Wenn es aber eine solche elegante Methode gibt den restmüll loszuwerden, warum wird es nicht von allen Betreiberländern so gehandhabt?

Sicher ist es noch billiger, ihn in die Wüste zu kippen oder in tiefe Gebirgslöcher,
aber die Deutschen könnten doch nach der Wahl das betreffende Gesetz ändern, das zur Rücknahme des nach der Wiederaufarbeitung verbliebenen Mülls verpflichtet, und dann wären alle Gemüter beruhigt, die jetzt durch die derzeitige "endlagerlösung" verängstigt sind.

Was sagst du dazu?
 

Aragorn

Registriertes Mitglied
Martin schrieb:
a)Nicht von Horoskoplern, sondern Geologen. Das Salz in Deutschland hat ein Alter von etwa 250 Mio Jahren. Durch Auflast wurde es dann teilweise deformiert (Salzstoecke), allerdings ist diese Fliesen auch seit einigen 10er Mio Jahren abgeschlossen.
Und wer stellt über Jahrmillionen sicher das kein Wasser in die Ton oder Salzbergwerke eindringt?
Wie du bereits sagtest reichten an einem schlecht gewählten Standort (Asse) bereits wenige Jahrzehnte aus um dieses Problem auftauchen zu lassen.

Überhaupt finde ich es reichlich seltsam wie unverfroren die Atomlobby auf jedes aufgetauchte Problem reagiert. Nach nahezu jedem größeren Störfall heißt es:

* Tschernobyl war ja so furchtbar unsicher. Bei uns ist alles viel besser.
* Harrisburg war ja auch so furchtbar unsicher. Bei uns ist alles viel besser.
* Asse war ja auch schlecht gewählt. Im Schacht Konrad bei Salzgitter kann es keinen problematischen Wassereinbruch geben.
...
Nach jedem großen Störfall die selbe Leier.

Martin schrieb:
d)Teuer und unnoetig.
-> bezieht sich auf die Umwandlung langlebiger in kurzlebige Nuklide

Die Halbwertszeiten einiger Nuklide:

U-235 - 4510000000 Jahre
Cs-137 - 30000 Jahre
Pb-210 - 22000 Jahre
Kr-85 - 10600 Jahre
Co-60 - 5300 Jahre
Pu-236 - 2700 Jahre
Na-22 - 2600 Jahre

Po-210 - 138,4 Tage
Ra-214 - 2,6 Sekunden

Wieso sollte es da nicht von großem Vorteil sein die langlebigen in kurzlebige Nuklide umzuwandeln?
Dann braucht man wenigstens die Endlagerstätte nicht Milliarden von Jahren überwachen?

Martin schrieb:
2) ersten kein Atommuell, DU ist kein Abfallprodukt aus Kernkraftwerken. Die Menge des eingesetzten DU in den genannten Kriegen betrug grob 200 t.

http://www.friedenspolitik.com/1-die-urangeschosse.php

Das Verhältnis von angereichertem zu abgereichertem Uran beträgt etwa 1 : 11. Es entstehen also bei der Herstellung von einer Tonne angereichertem Uran (das zur Herstellung der Reaktorbrennstäbe benötigt wird) 11 Tonnen abgereichertes Uran (DU). An den Standorten der großen Anreicherungsanlagen in den USA, Russland und Frankreich lagern bereits mehrere hunderttausend Tonnen DU.

Anstatt nun aber den radioaktiven Sondermüll entsprechend zu entsorgen, wird er in Amerika der US-amerikanischen Rüstungsindustrie kostenlos zur Verfügung gestellt, wodurch doppelt profitiert wird.

Sicherlich die 200 Tonnen Panzermunition (andere Quellen nennen 330 Tonnen im Irak-Krieg) sind nur 0,2 bis 0,5% des bisher lagernden DU und klingen nach wenig. Neben diesen uranhaltigen Panzerabwehrgeschossen wurden aber auch viele große bunkerbrechende 1000 kg Uranbomben (GBU 28) eingesetzt. Und für die Panzerung von Schiffen, Panzern, Flugabwehrraketen, ... wird DU ebenso verwendet.

Neben der Verwendung für panzerbrechende Geschosse wird abgereichertes Uran auch als Panzerung in amerikanischen M1A1- und M1A2-Kampfpanzern eingesetzt und in geringen Mengen auch in einigen Arten von Landminen (M86 PDM und ADAM); beide Arten enthalten 0,101 Gramm abgereichertes Uran. 432 ADAM- Antipersonenlandminen wurden auf den kuwaitischen Schlachtfeldern während des Golf-Krieges 1991 eingesetzt. Sowohl die M86PDM als auch die ADAM-Minen sind in US-amerikanischen Lagern vorhanden.

Die Bevölkerung und Soldaten, wurden über die Gefahren die sich durch den Einsatz Uranhaltiger Geschosse ergeben, nicht informiert, was später zu einem Streit innerhalb der westlichen Militärallianz führte. Es wurde billigend in Kauf genommen, die Konvention zur Ächtung von Uranmunition zu verletzen und die Bevölkerung im Balkan, Irak, Pakistan und Afganistan radioaktiv zu verseuchen:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/4/4805/1.html

Wikipedia gibt an das auf diese Weise bislang ca. 5% des lagernden DU (mindestens 5000 Tonnen DU) der korrekten Entsorgung entzogen wurden:

http://de.wikipedia.org/wiki/Uranmunition

Bisher wurden jedoch nur etwa 5 % des anfallenden abgereicherten Urans weiterverwendet.

Das starke Interesse der Chinesen an der Atomenergie könnte ergo auch etwas mit den Wünschen der dortigen Militärs zu tun haben.

Martin schrieb:
3)Export von nuklearen Abfaellen ist in Deutschland verboten.

Ja, Deutschland scheint bislang keinen Atommüll ins Ausland zu entsorgen:
http://www.planet-wissen.de/natur_technik/atomkraft/atommuell/index.jsp

Nunja, von kleineren Mengen die nach Russland flogen abgesehen, trifft das wohl tatsächlich zu:
http://de.wikinews.org/wiki/Atommüll_aus_Dresden-Rossendorf_nach_Russland_ausgeflogen

Andere Länder sind weit weniger zimperlich wie ein Bericht der Unep zeigt:
Allein im Jahre 20001 wurden 600000 Tonnen DU nach Afrika verschifft.
http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=2839

Moustapha Tolba, damals Exekutivdirektor des UNEP, protestierte bereits im September 1992 bei der italienischen und der schweizerischen Regierung und verlangte, den Export von nuklearem Müll nach Afrika zu beenden.

Kein Wunder das das Paul Scherer Institut keine Probleme der Entsorgungsfrage sieht: Ab nach Afrika und Rußland damit und weg ist der schweizer Atommüll.

Gruß Helmut
 
Zuletzt bearbeitet:

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo Aragorn,

die von dir zuletzt zitierten Beiträge hat Martin geschrieben, nicht hardy.
Weiter melde ich Bedenken gegen die Verlinkung von zeit-fragen an. Das ist das Publikationsorgan der Schweizer Politsekte VPM. Wenn du vielleicht einen anderen Link zum Autor hättest, würde ich das begrüssen.

Grüsse galileo2609
 

galileo2609

Registriertes Mitglied
Hallo hardy,
was die Anti-Atom-Propaganda von Greenpeace betrifft, so muss ich dir grundsätzlich recht geben, auch wenn es vielleicht galileo nicht gefällt.
es macht mir überhaupt nichts aus, wenn man sich mit den Positionen von Greenpeace kritisch beschäftigt. Meinetwegen kannst du das auch "Anti-Atom-Propaganda" nennen. Aber die Verwendung des historisch besetzten Begriffs "Greuelpropaganda" ist dennoch völlig deplaziert und inakzeptabel.

Wie du übrigens meinem Post von gestern auch entnehmen kannst, halte ich die Kernenergie gerade nicht für eine 'Steinzeittechnologie'.

Grüsse galileo2609
 
Oben