Kepler: Auf der Suche nach der zweiten Erde

Bynaus

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Ich weiss nicht so recht, wo ich das unterbringen soll, aber hat jemand schon dieses neue Preprint gesehen?

http://arxiv.org/abs/1502.05033

"On the detection of exomoons"

Darin beschreibt der Autor eine Methode, um Exomonde zu suchen (durch übereinanderlegen vieler Transits desselben Planeten - ein Mond sollte, da er über die vielen Transits über seinen Orbit "verschmiert" sein sollte, eine Reduktion des mittleren Sternlichts kurz vor und nach dem Transit beweriken). Er diskutiert, wie er falsch-positive Entdeckungen auszuschliessen kann, etc. Das nun wirklich interessante sind die Schlussfolgerungen:

1) Bei einem "Superstack" aller Exoplanetenkandidaten findet er für Planeten mit Umlaufzeiten zwischen 35 und 80 Tagen (bei Planeten mit längeren Umlaufzeiten funktioniert die Methode wegen zu weniger Transits nicht...) einen durchschnittlichen "dip" von etwa 6 ppm - was in etwa der Grösse von Ganymed entspricht. Planeten in dieser Zone hätten damit wohl "im Schnitt" einen Mond oder mehrere Monde mit der Querschnittsfläche Ganymeds.

2) Er findet auch ein paar sehr konkrete Exomond-Kandidaten. Bei allen drei guten Kandidaten (zwei davon im gleichen System, bei Kepler 241 b und c, der dritte bei Kepler 264 b) handelt es sich um Erden bzw. Supererden (zwischen 1.0 und 1.6 Erddurchmesser), die um heisse Neptune kreisen. Verrückt, wenn sich das bestätigen sollte - aber natürlich genau das, was man erwartet: die grössten Exomonde, quasi "Doppelplaneten", sollte man zuerst finden. Ich versuche gerade, mir das vorzustellen: eine heisse, kleine Gaswelt, ihrerseits umkreist von einem nur minim kleineren, massiven Felsplaneten... In allen Systemen sind die Monde übrigens viel zu heiss, als dass sie lebensfreundlich sein könnten.

Man muss auch sagen, dass das bisher nur ein Artikel ist, der auf arxiv gestellt wurde. Der Artikel hat der Danksagung nach ein gewisses Peer-Review gesehen, aber er wurde noch nicht bei einer Zeitschrift eingereicht.

Was denkt ihr?
 

Sternkucker

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@Bynaus, @ralfkannenberg: Ich bin der Autor des Papers. Erst mal danke für das Interesse und die freundliche Bewertung!

Die größte Gefahr von Falsch-Positiven sehe ich im Detrending. Im Fall von 367.01 (und 102e) ist es sogar wahrscheinlich, da von zwei verschiedenen Verfahren nur eines einen Dip liefert. Bei den anderen 3 Kandidaten (264b, 241b+c) ist das aber nicht der Fall, hier erhält man für Polynom und Median einen fast identischen Dip. Natürlich kann es andere Ursachen geben - ich versuche im Paper, alle Möglichkeiten zu testen.

Ich habe von mehreren Kollegen im Vorfeld Feedback dazu erhalten - ich wollte ausschließen, einen "ganz einfachen" Fehler zu machen. Das scheint zumindest nicht der Fall zu sein. Aber auch jetzt habe ich im Kommentarfeld bei arXiv dazu aufgerufen, kritisch zu sein. Es ist allerdings in den letzten 10 Tagen kein Feedback mehr gekommen, und ich plane deshalb, demnächst eine leicht überarbeitete Version bei einem der großen Journals einzureichen. Dort folgt dann nochmal "richtiges" peer review.

Mir persönlich ist es gar nicht so wichtig, ob die Kandidaten nun richtig oder falsch sind. Mir geht es mehr um die Anwendung der OSE-Methode und die Tests dazu. Darauf kann man in Zukunft aufbauen, z.B. mit neuen Daten von TESS und PLATO 2.0. :cool:
 

Sternkucker

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@Bernhard: Es ist "nur" meine persönliche Forschung, da ich aktuell keine "academic affiliation" habe. Ich sehe aber ab und zu, dass das zu Irritationen führt, und werde es demnächst ändern.
 

Bynaus

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@Sternkucker: Willkommen im Forum! Du hast natürlich recht das die Methodenentwicklung ein wichtiger Aspekt ist. Aber trotzdem, die Kandidatensysteme, das wäre ein beträchtlicher (Nature/Science-Level) Scoop, wenn sich das bestätigen lässt, und das würde die Bekanntheit der Methode vielleicht stärker fördern als ein Methodenpaper.

Wären die genannten Systeme nicht auch gute Spitzer/Hubble targets? Die sollten ja empfindlicher auf Helligkeitsschwankungen sein, so dass man vielleicht nicht 20 Transits braucht (?). Bei der Grösse der vorgeschlagenen Monde sollte es ohnehin im Bereich des Möglichen liegen, den Transit direkt zu beobachten - oder nicht? Man kennt zwar die Phase nicht, aber vielleicht kann man in Kenntnis der Mond-Periode und der Umlaufperiode der Planeten eine Serie von Beobachtungen planen, bei denen man sicher einmal den Mond unabhängig vom Planeten (im Transit vorauslaufend oder hinterhereilend) beobachten könnte.

Ich hab mich auch gefragt, ob man das "River-Diagramm" nicht einfach als animiertes Gif darstellen könnte. Das menschliche Auge ist ja recht gut darin, Muster zu erkennen, vielleicht "sieht" man dann (nachdem man lange genug darauf gestarrt hat :) ) plötzlich die Mondbewegung und bekommt so einen Eindruck für die Phase.
 

Sternkucker

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Das animierte River-Diagramm ist eine gute Idee - man weiß nur nicht, was man sich einbildet, wenn man es anschaut, und was davon real ist. Ich habe das versucht. Wenn Du magst, lade Dir mal http://www.jaekle.info/ani.pdf und blättere die Seiten 17 bis 24 schnell vor und zurück. Mit dem Mausrad und Adobe Reader geht das ganz gut. Da ist viel Rauschen drin, aber man meint, eine Bewegung zu sehen. Falls das real wäre, würde sich je Orbit die gesehen Konfiguration etwas bewegen. Und nach ein paar Orbits wäre Schluss, da eine der Komponenten verdeckt wird, und dann würde es rückwärts laufen (für den co-planar Fall). Und alles wäre Unsinn, wenn es mehrere Monde (z.B. 4) wären, von denen jeder einzelnen zu klein wäre um ihn zu sehen. Mhm...

Ich glaube, dass Hubble und co. ungeeignet wären. Das meiste Rauschen kommt von stellarer Aktivität (Sonnenflecken und Granulation). Das geht dann nicht weg, egal wie gut das Teleskop ist. Dann helfen nur weitere Transits. Auch ist Hubble nicht unbedingt besser als Kepler, da diese Sonde genau dafür gebaut wurde. Aber natürlich wäre es einen Versuch wert. Ich denke aber, dass Kipping es durch sein modelling jagen und die Frage beantworten kann. Ggf. findet auch er oder sonst jemand ein Argument, warum es nicht sein kann. Wir werden sehen.
 

Dgoe

Gesperrt
Ich hab mich auch gefragt, ob man das "River-Diagramm" nicht einfach als animiertes Gif darstellen könnte. Das menschliche Auge ist ja recht gut darin, Muster zu erkennen, vielleicht "sieht" man dann (nachdem man lange genug darauf gestarrt hat :) ) plötzlich die Mondbewegung und bekommt so einen Eindruck für die Phase.

Das animierte River-Diagramm ist eine gute Idee - man weiß nur nicht, was man sich einbildet, wenn man es anschaut, und was davon real ist. Ich habe das versucht. Wenn Du magst, lade Dir mal http://www.jaekle.info/ani.pdf und blättere die Seiten 17 bis 24 schnell vor und zurück. Mit dem Mausrad und Adobe Reader geht das ganz gut. Da ist viel Rauschen drin, aber man meint, eine Bewegung zu sehen.

Hallo Sternkucker (Welcome!), Hallo Bynaus,

ich habe das mal animiert in verschiedenen Geschwindigkeiten, einmal nur die 8 Seiten, einmal alle Seiten. Tja, mit etwas Fantasie sieht man eine Wellenbewegung oder Phase, ist aber hart an der Grenze zu einer möglichen Einbildung, finde ich. Vielleicht sieht man immer so etwas im Rauschen? Ich bin aber auch Laie. Das erinnert mich daran, dass man im Schneerauschen der Röhrenfernseher auch manchmal kurzzeitige Muster erkennen konnte.

Jedenfalls fand ich 5 Frames/Sek. noch am Besten, sonst springen die Punkte zu schnell hin und her bei mehr - und man sieht noch weniger Muster-mäßiges.
Ich könnte die Animationen auch zusenden bei Interesse oder einen Weblink setzen, wenn das kein Urheberrecht verletzt!?

Gruß,
Dgoe
 

Bynaus

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Ich schaus mir an, sobald ich wieder einen Computer mit Maus zur Verfügung habe... :)

man weiß nur nicht, was man sich einbildet, wenn man es anschaut, und was davon real ist

Kann man dem nicht statistisch zu Leibe rücken? Quasi die Hypothese einer solchen Bewegung gegen den reinen Zufall (Nullhypothese) testen?

Ich glaube, dass Hubble und co. ungeeignet wären. Das meiste Rauschen kommt von stellarer Aktivität (Sonnenflecken und Granulation). Das geht dann nicht weg, egal wie gut das Teleskop ist. Dann helfen nur weitere Transits. Auch ist Hubble nicht unbedingt besser als Kepler, da diese Sonde genau dafür gebaut wurde.

Könnte man sich stattdessen vielleicht eine Beobachtungskampagne mit mehreren grösseren Amateurteleskopen vorstellen? Was da an Lichtsammelfläche fehlt, kann man durch Beobachtungszeit wettmachen (?), denn man kann quasi ununterbrochen hinschauen (gut, Wetter etc...). Es gibt ja auch diese Teleskop-Netzwerke wie HATnet, vielleicht kann man denen mal einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten? Zumindest nachdem dein Paper publiziert worden ist...
 

Sternkucker

Registriertes Mitglied
Ihr könnt die Animation gerne irgendwo online stellen, keine Sorge wegen Urheberrecht - Kepler-Daten sind öffentlich und frei verfügbar. Und den Segen für mein PDF habt ihr auch. Ich kann das GIF, wenn es mir jemand sendet, auch gerne posten.

Ich habe auch Planet c in diesem System so animiert und sehe dort keine solche (eingebildete?) Bewegung.
Das mit dem statistischen Test ist im Grunde genau das "phyotodynamical modelling" von Kipping! Wenn man das "richtig" machen will, ist es halt sehr aufwändig. Er hat schon einige Jahre in die Methode investiert, da kommt man nicht eben mal so ran.

Für follow-up Beobachtungen - wie gesagt, das Problem sind vermutlich nicht unsere Teleskope, sondern Sonnenflecken auf Kepler-264 (dem Mutterstern). Wenn man die "noch genauer" als Kepler sieht, wird das Signal-zu-Rausch Verhältnis trotzdem nicht besser. Ich bin aber kein Spezialist darin - vielleicht ist das in anderen Wellenlängen besser, z.B. im Infraroten.
 
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