In wenigen Tagen zum Mars?

webmantz

Registriertes Mitglied
Moin zusammen,

so wie ich das sehe, gibt es zwei grundsätzliche Probleme bei der interplanetaren und erst recht bei der interstellaren Raumfahrt. Erstens die enorm langen Reisezeiten und zweitens die Schwerelosigkeit, welche sich negativ auf den Körper der Raumfahrer auswirkt.

Nun ist mir folgende Idee untergekommen, welche beide Probleme mehr oder weniger gut lösen könnte: ein Antrieb, der während des gesamten Fluges genau mit 9,81m/s² beschleunigt. Die erste Hälfte der Strecke wird er benutzt, um Richtung Ziel zu beschleunigen, dann wird das Raumfahrzeug umgedreht und mit dem Antrieb gebremst.

Zum einen hätte man somit während des gesamten Fluges eine Kraft von 1g, die auf die Raumfahrer wirkt, also quasi normale Erdschwerkraft. Andererseits müßte damit die Reisezeit selbst zu den entferntesten Orten ziemlich kurz sein. Leider fehlt mir die Formel, um die tatsächliche Reisezeit abhängig von der Entfernung zu berechnen, aber ich schätze, daß man so in wenigen Tagen z.B. zum Mars kommen könnte.
Vielleicht hat ja jemand eine solche Formel parat, um es ausrechnen zu können. Wichtig: die Formel sollte berücksichtigen, daß man sich bei gleichbleibender Beschleunigung immer mehr der Lichtgeschwindigkeit nähert. Es wären also die relativistischen Effekte zu berücksichtigen. Bei einer Reise innerhalb unseres Sonnensystems wird das keine Rolle spielen, wohl aber, wenn man einen solchen Antrieb für interstellare Reisen benutzt.

Ich meine vor vielen Jahren mal irgendwo gelesen zu haben, daß man bei einer andauernden Beschleunigung von 9.81m/s² in nur 4 Jahren quasi jeden Ort des Universums erreichen könnte. Kann das hinkommen? Klar ist, daß diese Zeit nur für den Raumfahrer gelten kann, nicht für die daheimgebliebenen.

Eine weitere Frage wäre, wie kann die für einen solchen Antrieb nötige Energie dauerhaft aufgebracht werden? Zumindest für interplanetere Flüge könnte ich mir ein Konzept vorstellen, in welchem die Energie nicht in gespeicherter Form mitgenommen wird, sondern z.B. auf der Erde oder in Erdnähe (Umlaufbahn, Mond) erzeugt und per Laserstrahl auf das Raumfahrzeug übertragen wird. Oder bin ich mit meinen Gedankengängen vollkommen abseits aller physikalischen Möglichkeiten?

Gruß, André
 

Ich

Registriertes Mitglied
Nun ist mir folgende Idee untergekommen, welche beide Probleme mehr oder weniger gut lösen könnte: ein Antrieb, der während des gesamten Fluges genau mit 9,81m/s² beschleunigt.
Gute Idee. ;)
Um die technischen Details müsste sich noch jemand kümmern, dafür gibt's ja Ingenieure.
Leider fehlt mir die Formel, um die tatsächliche Reisezeit abhängig von der Entfernung zu berechnen, aber ich schätze, daß man so in wenigen Tagen z.B. zum Mars kommen könnte.
Relativistisch: Hier.
Newton:
t=2*Wurzel(d/a), mit d=Entfernung, a= Beschleunigung.
Oder bin ich mit meinen Gedankengängen vollkommen abseits aller physikalischen Möglichkeiten?
Abseits aller technischen Möglichkeiten heutzutage.
 

webmantz

Registriertes Mitglied
Moin,

Abseits aller technischen Möglichkeiten heutzutage.
wirklich? Oder doch eher nur abseits aller bezahlbaren Möglichkeiten?

Was bräuchten wir denn?

Erstens, einen Antrieb, der per Strom funktioniert. Den gibt es: den Ionenantrieb. Technische Hürde: ihn so leistungsfähig zu machen, daß er die notwendige Beschleunigung erzeugt. Letztlich eher ein finanzielles Problem.

Zweitens, eine Möglichkeit, die erforderliche Energie zu erzeugen. Auch daß sollte mit hinreichend großen Solarkollektoren im Orbit kein Problem sein, außer daß es finanziert werden müßte.

Drittens, eine Möglichkeit, die Enregie zum Raumfahrzeug zu übertragen. Mittels Laser oder gerichteten Mikrowellensendern ist das technisch machbar, soweit ich weiß. Auch hier wieder: es müßte finanziert werden.

Ich meine nicht, daß ein solches Antriebskonzept von heute auf morgen umzusetzen wäre. Mit ziemlicher Sicherheit werden die ersten bemannten Planetenmissionen noch mit herkömmlicheren Antrieben auskommen müssen.
Ich denke aber, daß alle prinzipiellen Techniken für so einen Antrieb existieren. Es wird nur noch einige Zeit brauchen, bis diese Technik in bezahlbarer Form eingesetzt werden kann.
Ein kritischer Punkt (wie bei vielen utopischen Raumfahrtprojekten) ist, wie man die nötigen Lasten ins All transportiert. Hier eben die Materialien, die für den Bau eines ausreichend großen Solarkraftwerkes und eines ausreichen großen Laser- oder Mikrowellensenders notwendig sind. Mein ganz persönlicher Spitzenkanditat dafür ist ein Orbitalseil. Damit wäre zumindest das Transportproblem in den Orbit gelöst. Letzlich könnte viel davon abhängen, ob wir ein Orbitalseil technisch realisieren können; falls ja, wird es sicher auch gebaut werden.

Gruß, André
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Webmanz,

willkommen im Forum.

‚Abseits aller technischen Möglichkeiten heute‘, bedeutet ja nicht, daß es physikalisch unmöglich ist, sondern daß es zumindest finanziell (bisher) unmöglich ist. Das heißt es stehen nicht genügend freie Ressourcen zur beliebigen Verfügung, diese Art von Antrieb überhaupt erst mal zu entwickeln.

Wozu auch, so lange es anders viel billiger geht?

Du führst die fehlende Gravitation an. Dieses Problem kann man extrem viel billiger und genau so wirksam auf anderen Wegen lösen.



Auch ein Ionentriebwerk treibt nur so lange an, wie es Materie zum Abstrahlen hat.
Ein Sonnensegel hat immer das Problem, daß die Beleuchtungsstärke mit 1/r^2 abnimmt und daß man im Gegensatz zur irdischen Windgestützten Seefahrt, nicht gegen den Wind kreuzen kann. Vielleicht mal, über kürzere Entfernungen durch eine Kombination von Sonnenwind und (Erd)Magnetfeld? Damit kenne ich mich aber nicht gut genug aus.

Bei der Interstellaren Raumfahrt gibt es eine ganze Menge weitere Probleme, die mit der Dauer nur wenig zu tun haben.

Nur einige davon:
Die Raumfahrer geben sämtliche soziale Bindungen innerhalb ihres Sonnensystems auf.
Die Probleme mit Gas und Staub und allen sonstigen ‚Hindernissen‘ auf dem Weg des Raumschiffes wachsen mit zunehmender Geschwindigkeit über alle technisch beherrschbaren Grenzen. Daher würde auch ein sehr schnelles Raumschiff immer noch sehr lange Bordzeit unterwegs sein müssen.
Wie bremst das Raumschiff ab, wenn die zur Beschleunigung verwendeten systemstationären Einrichtungen am Ziel (noch nicht) zur Verfügung stehen?
Mit einer zukünftig denkbaren Energiegewinnung durch Fusion sind theoretisch maximal 10% c erreichbar, wenn man nicht wieder abbremsen muß.

Zu dem Thema Kernfusion. Hier hast Du ein noch nicht mal besonders gutes Beispiel dafür, was es heißt, wenn man von ‚Abseits aller technischen Möglichkeitn heute‘ spricht. Fast die ganze Menschheit, also der Teil jedenfalls der sich das überhaupt leisten kann, steckt in diese Technik seit rund 50 Jahren gigantische Mengen Geld, ohne bis heute auch nur sagen zu können, wieviel es denn am Ende gewesen sein wird.

Herzliche Grüße

MAC
 

Ich

Registriertes Mitglied
Es geht wirklich nicht um Finanzen. Wenn du mit 1 g zum Mars fliegst, hast du eine Höchstgeschwindigkeit von ~1000 km/s. Bei einem Ionentriebwerk mit 80 km/s bedeutet das ein Verhältnis von Treibstoff- zu Nutzmasse von ~ 72 Milliarden zu 1.
Unter Kernfusion geht gar nix, und dann liegen die Triebwerksleistungen weit im Terawattbereich.
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
Für einen Flug unter stetiger 1g-Beschleunigung geht wohl nichts unter nuklear. Entweder sowas wie das alte "Orion"-Konzept (grob: Zünden von Atombomben unter einer mit Stossdämpfern gefederten Platte) oder dann per Fusionsplasma. Es ist ja nicht so, dass wir heute keine Fusionsplasmen erzeugen könnten, bloss, dass wir heute nicht in der Lage sind, diese zur Stromproduktion zu nutzen. Wenn man das Plasma eh rauslecken lässt, um Schub zu erzeugen, ist die Frage der Stromproduktion herzlich egal.

Eine sehr viel spekulativere Möglichkeit läge vielleicht darin, einen "diametrischen" Antrieb zu verwenden. Alles, was man dazu braucht :) ist eine grosse Menge exotischer Materie mit negativer Energiedichte. Bringt man diese nahe an eine Menge Materie mit positiver Energiedichte heran, passiert etwas seltsames: Die positive Materie zieht die exotische an. Doch diese ihrerseits stösst die positive ab, die somit von ihr flüchtet. Das heisst, ein gekoppeltes System aus Materie/exotischer Materie würde in Richtung der positiven Materie beschleunigen - und dabei nicht einmal die Impulserhaltung verletzen. Je näher man die beiden zusammenbringt, desto stärker ist die Beschleunigung. Dies liesse sich dann nutzen, um fast beliebig hohe Beschleunigungen zu erreichen. Der einzige Haken: niemand weiss, wie man nennenswerte Mengen exotischer Materie herstellen soll... :D

Dass man bei 1g-Beschleunigung in 4 Jahren Schiffszeit das ganze Universum erreichen könnte, stimmt IIRC nicht so ganz. Der Flug nach Andromeda etwa würde 15 Jahre Schiffszeit in Anspruch nehmen. Aber ich denke, mehr als einige Jahrzehnte dürfte kein Punkt im sichtbaren Universum entfernt sein.
 

webmantz

Registriertes Mitglied
Moin MAC,

Wozu auch, so lange es anders viel billiger geht?

Du führst die fehlende Gravitation an. Dieses Problem kann man extrem viel billiger und genau so wirksam auf anderen Wegen lösen.
wie?

Auch ein Ionentriebwerk treibt nur so lange an, wie es Materie zum Abstrahlen hat.
Das stimmt, allerdings dürfte der Bedarf an sog. Stützmasse, die abgestrahlt wird, deutlich geringer sein als der Bedarf an Treibstoffmasse bei chemischen Antrieben. Vorausgesetzt, man hat genug Energie zur Verfügung, um den Ausstoß auf entsprechend hohe Geschwindigkeit zu beschleunigen. Zwischen den aktuell erreichbaren Ausstoßgeschwindigkeiten von bis zu 130 km/s und dem theoretischen Maximum von c - x% liegen noch Welten.

Ein Sonnensegel hat immer das Problem, daß die Beleuchtungsstärke mit 1/r^2 abnimmt ...
Daher halte ich ein Sonnensegel auch nicht für den optimalen Antrieb in diesem Konzept.

Bei der Interstellaren Raumfahrt gibt es eine ganze Menge weitere Probleme, die mit der Dauer nur wenig zu tun haben.
Ich hatte zwar oben auch die interstellare Raumfahrt angesprochen, halte diese aber auch für noch völlig utopisch. Zunächst sollten wir uns vielleicht in der Diskussion auf die interplanetare Raumfahrt beschränken.

Gruß, André
 

webmantz

Registriertes Mitglied
Es geht wirklich nicht um Finanzen. Wenn du mit 1 g zum Mars fliegst, hast du eine Höchstgeschwindigkeit von ~1000 km/s. Bei einem Ionentriebwerk mit 80 km/s bedeutet das ein Verhältnis von Treibstoff- zu Nutzmasse von ~ 72 Milliarden zu 1.
Unter Kernfusion geht gar nix, und dann liegen die Triebwerksleistungen weit im Terawattbereich.
Wieso Treibstoff? Die Energiegewinnung soll ja nicht auf dem Raumfahrzeug erfolgen, ergo ist auch kein Treibstoff und kein wie auch immer gearteter Reaktor an Bord notwendig, sondern lediglich ein "Empfänger", welcher die anderswo erzeugte und per Laser oder Mikrowellenstrahl ausgesandte Energie einfängt und für den Antrieb nutzt.

Gruß, André
 

Aragorn

Registriertes Mitglied
Wenn du die Weltbevölkerung dazu bringen kannst, daß über den Betriebszeitraum deines Ionenfliegers, die gesamte weltweite elektr. Energieproduktion auf deinen Flieger umgeleitet wird, könnte das klappen. Ich vermute allerdings das dir dann Milliarden Menschen recht schnell auf die Füße treten werden, wenn deren Licht, Kühlschrank, Waschmaschine und Herd wegen Energiemangels nicht mehr funktionieren.

Achja und ganz ohne "Treibstoff" kommst du auch nicht aus. Das nennt man bei Ionenflieger zwar "Stützmasse", kommt aber auf selbe raus. Münchhausen´s Zopftrick funktioniert nicht. Aus dem Impulserhaltungsgesetz m_Rakete*delta_v_Rakete = m_Stützmasse*Ausströmgeschw_Ionentriebwerk ergibt sich: ohne rausgehauene Stützmasse is nix mit Schubkraft.

PS: bei den Schubangaben der Ionentriebwerke (bsw. 10mN bei 300 W Eingangsleistung) steht das "mN" für Milli-Newton und NICHT Mega-Newton (wie du vielleicht annimmst).

Gruß Helmut
 
Zuletzt bearbeitet:

mac

Registriertes Mitglied
Hallo Bynaus,

Eine sehr viel spekulativere Möglichkeit läge vielleicht darin, einen "diametrischen" Antrieb zu verwenden. Alles, was man dazu braucht :) ist eine grosse Menge exotischer Materie mit negativer Energiedichte.
ich kenne das Verfahren nicht, weiß also jetzt auch nicht ob sich hier eine oder beide Materiearten während der Beschleunigung wieder in Energie umwandeln, wenn aber nicht, dann meinst Du wahrscheinlich eine rund 40 Jahre alte Erfindung. Der Erfinder hieß glaube ich Lukas, oder war's Jim? Ne, ich bin mir sicher Lukas. Ist aber damals nie über das Prototypstadium hinaus gekommen. ;)

Herzliche Grüße

MAC
 

mac

Registriertes Mitglied
Hallo webmantz,

durch entsprechende Fliehkraft. (Rotation)



Das stimmt, allerdings dürfte der Bedarf an sog. Stützmasse, die abgestrahlt wird, deutlich geringer sein als der Bedarf an Treibstoffmasse bei chemischen Antrieben. ...
stimmt. Nur deutlich weniger als wahnsinnig viel, ist immer noch ungeheuer viel.



Vorausgesetzt, man hat genug Energie zur Verfügung,
Ja, das ist und wird auch immer wieder das wesentliche Problem sein. Und das hat auch etwas mit ‚Ich’s‘ ‚technischen Möglichkeiten‘ zu tun und auch mit Finanzen.

Es ist ja am Ende nicht das Geld, es ist die abzweigbare Arbeitskraft, die nicht unmittelbar zum Überleben und den ganzen Rest an zivilisatorischen Annehmlichkeiten gebraucht wird, es ist aber, noch wichtiger, auch die mit allem Geld der Welt nicht beliebig zu beschleunigende kreative Fähigkeit sehr vieler Menschen über einen sehr langen Zeitraum.

Die kann vielleicht überhaupt erst dann aufgebracht werden, wenn es 15 Milliarden von uns gibt, vielleicht unter solchen Umständen aber auch gar nicht, innerhalb der uns dazu noch verbleibenden Zeit.

Herzliche Grüße

MAC
 

Bynaus

Registriertes Mitglied
:D

Ihr macht ein bisschen den Eindruck, als würdet ihr glauben, ich wolle euch mit dem diametrischen Antrieb auf den Arm nehmen... dabei ist das durchaus ernst gemeint, und hat nichts mit Perpetuum mobile zu tun. Der diametrische Antrieb - zumindest als theoretisches Konzept, als das ich ihn auch vorgestellt habe - war eines der Ergebnisse des "Breakthrough Propulsion Physics Program" der NASA...

http://en.wikipedia.org/wiki/Breakthrough_Propulsion_Physics_Program#Diametric_drive

Auf der Webseite sind noch andere theoretische Antriebsarten erwähnt.
 

Aragorn

Registriertes Mitglied
http://en.wikipedia.org/wiki/Breakthrough_Propulsion_Physics_Program

The diametric drive was a speculative proposal for an "engine" which would create a non-conservative gravitational field with non-zero curl.

Wenn das Wegintegral einer geschlossenen Kurve nicht Null ergibt handelt es bei der Konstruktion um ein Peerpetuum Mobile erster Art. Ergo könnte Mills sein "Diametric Drive" nicht patentieren, weil das automatisch in die Kategorie "Nonsens" eingestuft würde.

Gruß Helmut
 

MichaMedia

Registriertes Mitglied
Man könnte aber auch ein Raumschiff im Orbit auf einen runden Schienenkreis stark beschleunigen und dann frei setzten. So braucht es weniger Treibstoff.

Theoretisch könnten es auch 3 Raumschiffe sein, jedes nimmt 1/3 Schinennetz mit sich, im Orbit des Mars zusammen gesetzt hat man auch dort eine Schleuder für den Rückflug.

Das LHC im All für Raumschiffe. ;)


Gruß Micha.
 

astroboy1991

Registriertes Mitglied
Mhh eine Massetreiber hört sich interessant an. Aber ich glaube du bist immer noch zu langsam. Unter mehreren Monaten Reisezeit geht da realistisch nix. Außerdem ist das wirklich noch das Problem das du den Mars bzw. seinen Orbit darauf vorbereiten musst, dass die Leute auch zurück kommen. Das ist übrigens der Nachteil von allen Marsprogrammen, außer dem "Kampfstern Galaktikamodell".:)
 
Oben