Der Astroeinstieg

Hector42

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So, hallo!

Dieses Thema soll den Astroeinstieg für jedermann etwas erleichter...auch wenn 'Jedermann' gerade nur einer ist - hallo DanGer - und neben uns beiden noch eine weitere Person - hallo Udo - momentan hier produktiv ist. Also: jeder der einen Erfahrungsaustausch, Tips, eine Einfürung etc. zum Thema Astronomie sucht ist hier gern gelesen.

So, nun zu den der Startausrüstung und den Angeboten, DanGer: Das wichtigste ist erstmal dass man selber weiß, was man will. Das fällt natürlich nicht leicht, wenn man kaum Erfahrung hat. Hier erstmal die Typischen Wege:
1) Deepsky
2) Planeten
Die Anforderungen an die Ausrüstung sind in beiden Fällen recht unterschiedlich. Planeten sind hell und klein, ein Planetenteleskop sollte also eher eine möglichst perfekte Optik aufweisen, die Größe ist hier nicht ganz so wichtig. Auch sollte die Brennweite lang sein um leichter eine hohe Vergrößerung zu erzielen. Refraktoren erfüllen diese Bedingungen eher als Reflektoren. Es gibt bei Refraktoren verschiedene Bauweisen, so ist ein Achromat (farbkorregiert) eher was für die kleinere Planetenbeobachtergeldbörse, Apochromaten (besser farbkorregiert) liefern bei den geforderten hohen Vergrößerungen viel bessere Abbildungen, sind aber ungleich teurer. Das non plus ultra sind Fluorit-Apochromaten, die besitzen eine oder mehrere Linsen aus Calciumfluorit, dieses Salz (nein, kein Glas) liefert noch schärfere Bilder als die besten Glassorten, solche Fernrohre sind aber wirklich verdammt teuer.
Das typische Deepskyteleskop ist ein kurzbrennweitiges Newton. In diesem Sinne spricht man vom sogenannten Öffnungsverhältnis (Fotografen bilden davon den Kehrwert und nennen es Blende). Es gib an, wie lichtstark eine Optik ist. Ein Teleskop mit D = 200 mm und f = 800 mm hat ein Öffnungsverhältnis von 1/4 (1 zu 4, D/f), damit ist es um den Faktor 4 lichtstärker als ein Teleskop D = 200 mm, f = 1600 mm (4 nicht 2, da das Licht auf eine Fläche, Netzhaut oder Film oder Chip, projeziert wird) - d.h. mit dem gleichen Okular sieht man mit ersterem schwächere Objekte. Das ist aber etwas irreführend, denn eigentlich kommt es nur auf den Objektivdurchmesser an: Bei dem gleichen Okular wird ja bei der doppelten Brennweite das Licht auf die vierfache Fläche (Netzhaut) geworfen, nimmt man jetzt ein anderes Okular, so wird man feststellen, dass bei gleicher scheinbarer Größe des betrachteten Objektes dessen Helligkeit wirklich nur vom Objektivdurchmesser abhängt. Für die Deepskybeobachtung nimmt man aber trotzdem gerne kürzere Brennweiten, da man im Allgemeinen nicht so hoch vergrößern will wie ber der Planetenbeobachtung. Bei Newtons bekommt man die größte Öffnung für's Geld, aber auch die schlechteste Bildqualität. Besonders am Rand des Bildfeldes wird die Abbildung vom sogenannten Koma-Fehler stark verschlechtert. Bildfehler gelten allgemein für Systeme mit relativ zur Öffnung kurzen Brennweiten stärker.
Natürlich gibt es auch Zwischenwege: Dein Ebay-Angebot würde man als Planeten-Newton bezeichnen, da es eine relativ lange Brennweite besitzt, das Öffnungsverhältnis ist fast 1/10, aber dazu später mehr. Es gibt sehr viele Bauweisen für Teleskope (für optische fallen mir auf Anhieb sofort acht ein, es gibt aber viel mehr). Hier noch die wichtigsten Zwischendinger (oder Allroundinstrumente):
Maksutov (alias 'Russentonne'): eine Meniskuslinse zur Fehlerkorrektur, dann der Hauptsiegel, der das Licht wieder auf einen konvexen (also Brennweitenverlängernden) Fangspiegel vorne an der Linse wirft. Von dort geht es durch ein Loch im Hauptspiegel zum Okular. Kurze Bauweise, gute Bildqualität.
Cassegrain: Im Prinzip gleicher Strahlengang, nur ohne Korrektionslinse.
Schmidt-Cassegrain: siehe oben ander mit (anderer) Korrektionslinse (Schmidtplatte). Die Hauptspiegel von Maksutov und Cassegrain sind etwas anders geformt, darum auch eine andere Korrektur. Das (Schmidt-) Cassegrain gibts etwas größer (auch für's Geld glaube ich), hat aber meines Wissens eine etwas schlechtere Abbildung.
Und hier noch was krankes, eher für Planeten:
Schiefspiegler: Das Licht fällt auf einen schiefen (!) Parabolspiegel und wird also etwas neben die Einfallsrichtung zurückgeworfen. Es gibt keinen Fangspiegel, denn der Fokus befindete sich ja dadurch nicht mehr mitten im Teleskop. Ohne Fangspiegel mitten im Strahlengang steigt das Lichtsammelvermögen und die Bildschärfe. Der schiefe Spiegel verursacht natürlich Starke Bildfehler, die werden aber durch eine ebebso schiefe planparallele Platte (wirklich nur eine Glasplatte) wieder ausgegelichen. Diese führt wiederum einen chromatischen Fehler ein, aber nur einen ganz kleinen. Skuriles, langes Ding mit einer angeblich sehr ordentlichen Bildqualität

Jetzt komme ich nochmal auf Brennweite und Lichtstärke zu schreiben (nicht 'sprechen'). Bei der Beobachtung lassen sich verschiedene Vergrößerungen durch verschiedene Okulare erzielen (Vergrößerung = f(Objektiv) / f(Okular)), bei der Fotografie ist es nicht so einfach die Brennweite zu verändern. Hier sollte also wieder überlegt werden: schnelles Öffnungsverhältnis (etwa 1/4) -> Objekte erscheinen kleiner und kürzere Belichtungszeit, langsames (etwa 1/10 oder 1/15) -> laaaaaange Belichtungszeit (bei 1/16 da sechzenfache gegenüber 1/4!) und größere Objekte. Also um aus eigener Erfahrung zu sprechen: Für Deepskyfotografie würde ich ein Newton mit 1/4 oder 1/5 benutzen - mach ich ja auch, hehe -, Refraktoren kommen dafür eher nicht in Frage (wenn man erfahren ist und die richtige Ausrüstung bestizt geht das aber auch sehr gut - gibt auch kurzbrennweitigere). Kommt immer darauf an, was man mit welcher Methode und Kamera auf's Korn nehmen will. Bei dem Ding was ich momentan baue habe ich mir überlegt, dass eine 'natürliche' Auflösingseinheit auf einen Pixel soeiner tollen SBIG-Kamera kommen soll.

Und jetzt konkret zu den Angeboten, DanGer: Wie gesagt, das Teil von Ebay ist eher ein Planeten-Newton, Deepsyfotografie würde ich damit nicht machen und auch für die Deepskybeobachtung ist wie gesagt auch eine kürzere Brennweite ausreichend - macht das Gerät auch viel transportabler. Eine Umkehrlinse am Newton ist völliger Quatsch, denke ich, durch den Fangspiegel ist das Bild immer entweder horizontal oder vertikal richtig orientiert, je nachdem wie man es hindreht und reinschaut. Das ist mathematische Logik, das obige 'oder' bleibt immer ein oder, auch mit Umkehrlinse, denn die kehrt ja beide Richtungen um. Würde nur bei 'und' Sinn machen. Eine Barlowlinse ist eine Art Telekonverter, also zur Brennweitenverlägerung gedacht. Wird aber sicher nur für Okulare (also nicht für Kameras) gedacht sein. Die Angaben über die sinnvollen Vergrößerungen sind ok denke ich, wie die schon schreiben gibt es viele Verkäufer, die für kleine Teleskope mit 500 facher Vergrößerung Werben. Das ist auch erreichbar, nur ist es Schwachsinn da das Auflösungsvermögen der Optik da nicht mitspielt. Genau so gut könnte ich ein Foto von der Wand machen, es mit 300 dpi einscannen um es am PC 20 000 fach zu vergrößern in der Hoffnung ich sehe Bakterien (naja, so ähnlich). Was die zur Fotografie sagen würde ich auch nicht so behaupten, nicht gerade optimal für die Deepskyfotografie (siehe oben). 1,25 Zoll bei Okularauszügen ist Standart (ordentlich ist 2" aber ich denke bei 150 mm Spiegeldurchmesser ist das noch nicht so nötig), die 'Tschibo-Teleskope' haben eben noch 1 Zoll (mehr hätte ich auch nicht für Dich :eek: ). Das Okularkofferangebot ist ganz nett. Wenn man schon ein Okular für 215 fache Vergrößerung hat, dann braucht man bei diesem Teleskop eigentlich keine Barlowlinse, 430 fach ist Schwachsinn, macht nur ein bisschen Sinn mit dem genannten 25 mm Okular. Die Montierung habe ich mir jetzt nicht angesehen, kann ich aber machen, falls Du noch Interesse hast, ich glaube aber die ist zumindets brauchbar. Ach so und zur Fotografie ist eine Motorsteuerung in zwei Achsen empfehlenswert, besonders bei 1400 mm Brennweite. Mit 1400 mm umzugehen wären aber auch schon für Udo und mich nicht so einfach, für den Fotoanfang ist das wirklich nichts, ich mache das schon einige Zeit erfolgreich und benutze 800 mm, bei 1600 mm geht es zwar auch noch ganz gut, aber dabei bekomme ich die Sterne öfter mal nicht ganz perfekt rund.
Du könntest mal auf deren Page gehen: www.teleskop.service.de, da ist's besser würde ich sagen, gibt da auch preiswertes. Das ist sozusagen die bekannteste Bezugsquelle für astronomische Ausrüstung (habe da auch schon bestellt), aber wohl auch bekannt verplant (kann ich bestätigen) und nicht von jedem gemocht und ernst genommen. Zum Zitat: Ich denke das passt pesser zu dem, was ich bis jetzt übe Dich weiß. Sieh Dir am besten Bilder an und versuche herauszufinden auf welche Art von Objekten Du es am ehesten abgesehen hast, ob du sie Fotografieren oder beobachten möchtesterzähle und dann können wir denke ich auch etwas konkreter weden. Celestron ist 'ne ganz gute Firma, soweit ich weiß, was das mit dem 'Parabolspiegel!!!' auf sich hat ist mir ein Rätsel. Sollte ein Newton schon haben so ein Ding. Vermutlich soll es bedeuten 'keinen spärischer Spiegel' (Kugelflächenabschnitt), so ein sphärischer Spiegel ohne Korrektur wäre hier aber eh wieder Schwachsinn. Im Vergleich zum anderen Angebot ist dieses aber schon 'professioneller', hättest dann eine Optik, die der meinen sehr ähnlich wäre...und mit der habe ich viel Spaß :) .
Was gerechtfertigte Preise angeht bin ich ein sehr schlechter Berater, ich bin auch jetzt noch vorher immer etwas geblendet und sehe dann, dass mein Kauf gar nicht so prall war. Udo kann das wohl besser einschätzen.

Ich will zwar noch das ein oder andere los werden, auch an Udo, bin jetzt aber echt hammermüde...beste Grüße...
Hector42
 
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Hector42

Registriertes Mitglied
Hallo,

hab' noch ein paar erwähnenswerte Dinge vergessen. Eine ganze 'Stilrichtung' habe ich unterschlagen:
Dobsons: Dobson Teleskope sind Newtons mit einer ganz einfachen azimutalen Montierung (geht nur horizontal und vertikal), 'Dobson' bezeichnet also die Bauweise der Montierung, nicht der Optik. Nachgeführt wird per Hand. Menschen, die sich ein solches Instrument anschaffen sind ausgesprochene Beobachter, durch die fehlende motorische Nachführung sind nur Mond und Planetenfotos drin. Der Vorteil ist aber, dass die Ausrüstung nicht mehr eine schwehre, untransportable (und relativ sehr teure) parallaktische Montierung beinhaltet.

Noch ein Wort zu der Erwartungshaltung von angehenden Astronomen: Man sieht die Objekte seltentenst so, wie sie auf Fotos zu sehen sind, viele Einsteiger sind erstmal enttäuscht, dass sie nicht in mitten lauter bunter Galaxien, Nebel und Planeten am Firmament schweben - hier trennt sich die Spreu vom Weizen, manche geben dann auf, andere machen lassen sich nicht abschrecken. Es ist oft das Gefühl Objekte zu sehen und sich dabei vorzustellen, das man es so sieht, wie es meinetwegen vor 3 000 000 Jahren aussah, da es genausoviele Lichtjahre weit weg ist, dass es in der gerade betrachteten (oder fotografierten) Galaxie vieleicht unerreichbare Zivilisationen gibt usw., was den Reiz ausmacht. Bei viele Hobbyastronomen spielt sich also viel im Kopf ab. Man kann aber auch total nüchtern und rein wissenschaftlich an die Sache gehen. Sterne erscheinen schon in kleinsten Fernrohren farbig, Nebel und andere schwächere Objekte sind durch die Physiologie des Auges bis zu einer Öffnung von etwa 10 Zoll grau. Erst derartig große Instrumente sammeln genug Licht, sodass das Auge seine weniger empfindlichen 'Farbdetektoren' benutzen kann (im Gegensatz zu den viel empfindlicheren und dünner gesähten s/w Detektoren, die es ebenfalls besitzt). Und selbst mit großen Instrumenten ist noch längst nicht alles bunt. Zur Anzahl der beobachtbaren Objekte (Angabe etwa für einen 8-Zöller, die Anzahl nimmt mit steigender Öffnung eher exponential zu):
Sterne: Größenordnung 10 000 000
Galaxien und Nebel: zig tausende
Planeten und Asteroiden: weiß nicht so genau, hunterte vermutlich
Unter all diesen objekten sind einige natürlich eher Paradeobjekte und anderer eher graue Mäuse, jedes ist aber einzigartig.

so, das musste noch gesagt werden, ciao,
Hector42
 
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Udo_S

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Hi zusammen
Da hat Hector ja schon einiges geschrieben, was für den Einstieg von Belang ist.
Jeder hat unterschiedliche Vorkenntnisse, Vorstellungen und einen finanzellen Rahmen, das macht es nicht leicht allgemein gültige Ratschläge zu geben. Auch gibt es das perfekte Teleskop nicht und vieles ist eine Ermessensfrage.
Am einfachsten ist es natürlich, Sternfreunde zu treffen und von ihren Erfahrungen zu profitierten. Die Möglichkeit durch verschiedene Teleskope zu schauen und einen Eindruck zu gewinnen ist wesentlich vorteilhafter, als seitenlange Theorie.
Nicht immer hat man das Glück mit dem Sterngucker in der Nachbarschaft, verschiedene Foren bieten Einsteigern reichlich Lesestoff, www.astronomie.de , www.deepsky.de , www.astrotreff.de und hier natürlich. :)
Auch gibt es reichlich Literatur darüber was der Anfänger alles beachten sollte. So z.B. die "Sterne und Weltraum" Specials "Mein erstes Teleskop" und "Astronomie für Einsteiger".
Das Falscheste ist der blinde Kauf eines supertollen Schnäppchenangebotes ohne vorher sich ein wenig über das Thema Astronomie informiert zu haben.
Astronomie ist für mich mehr als ein Hobby, es ist eine Leidenschaft und das Leiden ist manchmal wörtlich zu nehmen, im Winter bei Minusgraden, wenn es sich beim Aufbauen bewölkt, wenn durch irgendwelche Kleinigkeiten bei der Astrografie die Mühen mehrerer Stunden zerstört werden. Dann ist es wirklich nur mit einem gesunden Maß Verrücktheit zu ertragen ;) In diesem Sinne viel Spass am Hobby.
CS Udo S
 
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